Betreff
Beteiligung anerkannter freier Träger der Jugendhilfe an der Durchführung von Inobhutnahmen gemäß § 76 Abs. 1 SGB VIII. Rufbereitschaft bei Kindeswohlgefährdung und Krisen
Vorlage
2016/1041
Aktenzeichen
IV/51-hi
Art
Beschlussvorlage

 

Beschlussentwurf:

 

Die Verwaltung wird beauftragt, eine Rufbereitschaftsregelung entsprechend den aktuellen fachlichen und rechtlichen Auffassungen sicherzustellen. Hierzu ist eine Vereinbarung zur Mitwirkung eines in diesem Bereich erfahrenen freien Trägers der Jugendhilfe gem. § 76 SGB VIII an der Inobhutnahme abzuschließen und eine entsprechende Rufbereitschaft des Fachbereichs Kinder und Jugend zu organisieren. Hierbei sind die datenschutzrechtlichen Vorschriften – insbesondere auch die der Auftragsdatenverarbeitung – zu berücksichtigen.

 

 

gezeichnet:

In Vertretung

Adomat

Begründung:

 

Die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII ist eine vorläufige Krisenintervention des Fachbereichs Kinder und Jugend zum Schutz des Kindes oder des Jugendlichen im Krisen- und Gefahrenfall und gehört zu den Wächteraufgaben des Fachbereichs. Daraus folgt, dass der Fachbereich Kinder und Jugend in jedem Krisen- und Gefahrenfall zum Handeln bereit sein muss - unabhängig von seinen Dienstzeiten und unabhängig von der Personal- und Finanzsituation des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe (Gewährleistungspflicht gem. § 79, 2 SGB VIII).

 

Landesweit nimmt die Zahl der Inobhutnahmen außerhalb der Dienstzeiten der Jugendämter zu. Die statistischen Auswertungen über die Hilfen zur Erziehung belegen dies regelmäßig. Die Inanspruchnahmen der Jugendämter in den Bereichen Kindeswohlgefährdungen und Inobhutnahmen sind allgemein deutlich gestiegen. Die gesetzlichen Regelungen zur Inobhutnahme sehen vor, dass das Jugendamt für die Inobhutnahme zuständig ist, in dessen Bezirk sich das Kind oder der Jugendliche tatsächlich aufhält (§ 87 i. V. mit § 42 SGB VIII).

 

Die Rufbereitschaft wurde bisher durch die Fachbereichsleitung sowie durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Fachbereichs Kinder und Jugend, Abteilung Erziehungshilfen sichergestellt. Um der Gewährleistungspflicht weiterhin entsprechen zu können, soll ein anerkannter freier Träger der Jugendhilfe in die Durchführung der Rufbereitschaft einbezogen werden.

 

Rechtliche Rahmenbedingungen:

§ 42 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII berechtigt und verpflichtet allein „das Jugendamt“, ein Kind oder einen Jugendlichen in Obhut zu nehmen.

§ 76 Abs. 1 SGB VIII erlaubt den Jugendämtern, anerkannte Träger der freien Jugendhilfe an der Durchführung der Inobhutnahme zu beteiligen oder ihnen diese Aufgabe zur Ausführung zu übertragen. Es spricht nichts gegen die Mitwirkung eines freien Trägers bei der Inobhutnahme (§ 76 SGB VIII), wobei der Fachbereich Kinder und Jugend die Inobhutnahme im Ernstfall telefonisch anordnet und der freie Träger anschließend die weiteren Schritte durchführt.

Wirkt der freie Träger an der Inobhutnahme über § 76 SGB VIII mit, nimmt er die Aufgabe nicht als eigene Aufgabe wahr, sondern wirkt lediglich an der Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe eines öffentlichen Trägers mit.

Eine Übertragung von Kompetenzen des Fachbereichs Kinder und Jugend auf den freien Träger ist dabei nicht zulässig. Daher darf der freie Träger keine Inobhutnahme in eigenem Namen aussprechen, er darf also das gefährdete Kind nicht selbst in Obhut nehmen.

 

Verfahren:

Im konkreten Fall prüft die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter des freien Trägers vor Ort, ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegen könnte. Kommt sie/er zu einem positiven Ergebnis und ist der Meinung, dass dem Kind unmittelbar nur durch eine Inobhutnahme geholfen werden kann, kontaktiert sie/er den Fachbereich Kinder und Jugend (Hintergrundrufbereitschaft) und schildert die Eindrücke. Die Mitarbeitende/der Mitarbeitende des Fachbereichs Kinder und Jugend kann aufgrund der gegebenen Informationen selbst entscheiden, ob eine Inobhutnahme die richtige Maßnahme ist und diese telefonisch anordnen. Nach Anordnung der Inobhutnahme kann der freie Träger alle weiteren Schritte entsprechend der getroffenen Vereinbarung tätigen. Hat die Mitarbeitende/der Mitarbeitende im Fachbereich Kinder und Jugend hingegen Zweifel an den Voraussetzungen der Inobhutnahme, muss sie/er sich ein eigenes Bild vor Ort von der Lage machen. Dies folgt aus § 8a Abs. 1 Satz 2 SGB VIII. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang das Fachkräftegebot nach § 72 SGB VIII. Nur eine Fachkraft darf die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII aussprechen. Es dürfen daher nur Mitarbeitende des Fachbereichs Kinder und Jugend Rufbereitschaft führen, wenn sie eine Fachkraft im Sinne des § 72 SGB VIII sind.

 

Am nächsten Arbeitstag erfolgt durch den Fachbereich Kinder und Jugend eine Nachbewertung des Sachverhaltes/der Maßnahmen.

 

Kosten:

Für die Durchführung der Rufbereitschaft ist aufseiten der Stadt ebenfalls das 4-Augen-Prinzip zu gewährleisten. Daher ist unter Berücksichtigung der tarifvertraglichen Regelungen (auf Basis der vorhandenen Kennzahlen) die Rufbereitschaft unter Beteiligung der Evangelische Jugendhilfe Bergisch Land gGmbH (EJBL) die wirtschaftlichere Alternative.

 

Die Verwaltung schlägt daher vor, einen in diesem Bereich erfahrenen und geeigneten freien Träger der Jugendhilfe bei der Aufgabe der Rufbereitschaft für den Fachbereich Kinder und Jugend zu beteiligen. Der Fachbereich Kinder und Jugend stellt sicher, dass in den Rufbereitschaftszeiten eine eigene Fachkraft für die eventuellen Entscheidungen hinsichtlich einer Inobhutnahme erreichbar ist.

 

Die Evangelische Jugendhilfe Bergisch Land gGmbH (EJBL) ist ein anerkannter Träger der Jugendhilfe gem. § 75 SGB VIII und seit vielen Jahren ein verlässlicher Kooperationspartner des Fachbereichs Kinder und Jugend der Stadt Leverkusen im Bereich der Heimunterbringung nach § 27 i. V. m. § 34 SGB VIII. Die Vereinbarung sieht vor, dass die EJBL außerhalb der Dienstzeiten des Fachbereichs Kinder und Jugend einen Bereitschaftsdienst für Notsituationen für Kinder, Jugendliche und Familien anbietet.

 

Die Kosten würden sich für die Stadt Leverkusen jährlich auf 25.956 € belaufen. Entsprechende Mittel sind im Bereich des Sachmitteletats des Fachbereichs Kinder und Jugend als Folgekosten sicherzustellen. Die Rufbereitschaftspauschalen (365 Tage/Jahr) und Einsatzvergütungen des städtischen Bereitschaftsdienstes werden zusätzlich auf der Grundlage des TvöD vergütet. Entsprechende Mittel sind im Bereich des Personaletats der Stadt als Folgekosten sicherzustellen.

 

Die Vergabe der Leistungen ist unter Betrachtung aller Kostenfaktoren wirtschaftlicher als die Eigenleistung, qualitative Unterschiede bei der Aufgabenerledigung entstehen nicht.

Schnellübersicht über die finanziellen bzw. bilanziellen Auswirkungen, die beabsichtigte Bürgerbeteiligung und die Nachhaltigkeit der Vorlage

 

Ansprechpartner/in Frau Hillen/ Fachbereich 51/ Telefon: 51 00

(Kurzbeschreibung der Maßnahme, Angaben zu § 82 GO NRW bzw. zur Einhaltung der für das betreffende Jahr geltenden Haushaltsverfügung.)

 

Die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII ist eine vorläufige Krisenintervention des Fachbereichs Kinder und Jugend zum Schutz des Kindes oder des Jugendlichen im Krisen- und Gefahrenfall und gehört zu den Wächteraufgaben des Fachbereichs. Daraus folgt, dass der Fachbereich Kinder und Jugend in jedem Krisen- und Gefahrenfall zum Handeln bereit sein muss - unabhängig von seinen Dienstzeiten und unabhängig von der Personal- und Finanzsituation des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe (Gewährleistungspflicht gem. § 79, 2 SGB VIII).

 

A) Etatisiert unter Finanzstelle(n) / Produkt(e)/ Produktgruppe(n):

(Etatisierung im laufenden Haushalt und mittelfristiger Finanzplanung)

 

Innenauftrag:           510006150106

Produkt                     061501

Produktgruppe         0615

 

B) Finanzielle Auswirkungen im Jahr der Umsetzung und in den Folgejahren:

(z. B. Anschaffungskosten/Herstellungskosten, Personalkosten, Abschreibungen, Zinsen, Sachkosten)

 

25.956 €

Voraussichtlich jährliche Steigerung um 3 %.

 

C) Veränderungen in städtischer Bilanz bzw. Ergebnisrechnung / Fertigung von Veränderungsmitteilungen:  

(Veränderungsmitteilungen/Kontierungen sind erforderlich, wenn Veränderungen im Vermögen und/oder Bilanz/Ergebnispositionen eintreten/eingetreten sind oder Sonderposten gebildet werden müssen.)

 

keine

 

kontierungsverantwortliche Organisationseinheit(en) und Ansprechpartner/in:

 

 

D) Besonderheiten (ggf. unter Hinweis auf die Begründung zur Vorlage):

(z. B.: Inanspruchnahme aus Rückstellungen, Refinanzierung über Gebühren, unsichere Zuschusssituation, Genehmigung der Aufsicht, Überschreitung der Haushaltsansätze, steuerliche Auswirkungen, Anlagen im Bau, Auswirkungen auf den Gesamtabschluss.)

 

 

E) Beabsichtigte Bürgerbeteiligung (vgl. Vorlage Nr. 2014/0111):

Weitergehende Bürgerbeteiligung erforderlich

 

Stufe 1

Information

Stufe 2

Konsultation

 

Stufe 3

Kooperation

 

[nein]

[nein]

 [nein]

[nein]

Beschreibung und Begründung des Verfahrens: (u.a. Art, Zeitrahmen, Zielgruppe und Kosten des Bürgerbeteiligungsverfahrens)

 

 

 

F) Nachhaltigkeit der Maßnahme im Sinne des Klimaschutzes:

Klimaschutz  betroffen

Nachhaltigkeit

 

kurz- bis

mittelfristige Nachhaltigkeit

 

langfristige Nachhaltigkeit

 

[nein]

[nein]

 [nein]

[nein]

 

Begründung der einfachen Dringlichkeit:

 

Die  Vereinbarung mit der Evangelischen Jugendhilfe Bergisch Land soll zum 01.05.2016 in Kraft treten, daher ist ein Beschluss zum jetzigen Zeitpunkt erforderlich.