Betreff
Erbbaukonzept der Stadt Leverkusen
Vorlage
2021/0333
Art
Beschlussvorlage

Beschlussentwurf:

 

1.    Der Rat beschließt, die geltenden „Handlungsempfehlungen zum Umgang mit städtischen Erbbaurechtsgrundstücken“ gemäß Ratsbeschlusses vom 25. September 2000 (Vorlage R 342/15.TA) aufzuheben und durch die nachfolgenden Handlungsempfehlungen zu ersetzen.

 

2.    Erbbaurechtsgrundstücke der Stadt Leverkusen werden grundsätzlich nicht mehr verkauft. Verkäufe in begründeten Einzelfällen (beispielsweise vereinzelte, isoliert liegende Erbbaurechte) bleiben möglich. Bei ausnahmsweisen Verkäufen erfolgt der Verkauf ausschließlich zum Gesamtbodenwert, also ohne Abzug des Wertes des Erbbaurechts. Im Gegenzug entfällt die bisher vereinbarte 15-jährige Sicherungshypothek.

 

3.    Städtische Grundstücke sollen zukünftig grundsätzlich als Erbbaurecht vergeben werden, Veräußerungen sollen nur noch in begründeten Ausnahmefällen möglich sein (z. B. neue Baugebiete, bei denen die Erschließung durch einen Investor erfolgen soll sowie bereits im Haushalt eingeplante bzw. durch Ratsvorlage beschlossene Veräußerungen u.a. im Bereich der nbso). Die Vertragslaufzeit von Neuverträgen soll grundsätzlich bei 80 Jahren liegen. Es soll zukünftig ein strategischer Erwerb weiterer Flächen zur städtebaulichen Entwicklung durch die Stadt erfolgen. Nach erfolgter Entwicklung sollen die Grundstücke ggf. als Erbbaurechte vergeben werden.

 

4.    Bestehende Erbbaurechtsverträge werden operativ und anlassbezogen aufgewertet (z. B. im Rahmen von Belastungen mit Grundpfandrechten oder bei Anbauvorhaben). Der Erbbauzins soll auf 1 % (bei Belastungsgenehmigungen zwischen 50 und 80 % sowie baulichen Erweiterungen) bzw. 1,5 % (bei Belastungsvollmachten über 80 %) des Gesamtbodenwertes erhöht werden. Bei erheblichen baulichen Veränderungen/Erweiterungen, die einen Mehrwert finanzieller oder sonstiger Art zu Gunsten des Erbbauberechtigten mit sich bringen, ist im Einzelfall auch eine umfangreichere Erhöhung zu prüfen.

 

5.    Bestehende Erbbaurechtsverträge werden grundsätzlich im Einvernehmen mit den Erbbauberechtigten erneuert. Der Erbbauzins beträgt 4 % vom Gesamtbodenwert abzüglich der restlichen Vertragslaufzeit als Prozentwert. Auf Grund der aktuell sehr hohen Bodenwerte wird von dem Zwischenergebnis noch ein schuldrechtlich zu vereinbarender, zeitlich befristeter Rabatt (zunächst 20 Jahre) in Höhe von 30 % abgezogen. Sofern sich der Erbbaurechtsnehmer zur Umsetzung energetischer Maßnahmen verpflichtet, kann darüber hinaus ein zusätzlicher schuldrechtlicher Rabatt in Höhe von 10 % für einen Zeitraum von 10 Jahren gewährt werden. Den Erbbauberechtigten sollen sukzessive Angebote zur Erneuerung ihrer Erbbaurechtsverträge zu den genannten Konditionen unterbreitet werden. Die Vertragslaufzeit von vorzeitig erneuerten Verträgen soll grundsätzlich bei 80 Jahren liegen.

 

6.    Bei Neuabschlüssen von Erbbaurechtsverträgen zu Wohnzwecken soll ein Erbbauzins in Höhe von 4 % festgesetzt werden, darüber hinaus wird ein schuldrechtlicher Rabatt in Höhe von 30 % über einen Zeitraum von 20 Jahren zur Abfederung sozialer Härten gewährt, und um dem aktuell historisch niedrigen Zinssatz auf dem Kapitalmarkt zu begegnen. Ein weiterer schuldrechtlicher Rabatt in Höhe von 10 % kann für einen Zeitraum von 10 Jahren gewährt werden, sofern der Erbbaurechtsnehmer sich zur Umsetzung energetischer Maßnahmen verpflichtet. Bei der Vergabe von Erbbaurechten zum Zwecke der Errichtung sozialer Einrichtungen (z.B. Kitas, Kranken-, Pflege- und Betreuungseinrichtungen) kann zusätzlich ein weiterer schuldrechtlicher Rabatt in Höhe von 10 % für einen Zeitraum von 20 Jahren gewährt werden.

 

7.    Die Vergabe von Erbbaurechtsgrundstücken zu Wohnzwecken erfolgt nach einem festgelegten Kriterienkatalog mit Indexpunkten (vgl. Anlage 2 des als Anlage beigefügten Erbbaurechtskonzeptes). Bei gleicher Anzahl an Indexpunkten entscheidet das Losverfahren.

 

8.    Gewerbeflächen können ebenfalls als Erbbaurecht vergeben werden, der Erbbauzins für Gewerbeflächen wird auf 8 % des Bodenwertes festgesetzt. Die o.g. schuldrechtlichen Rabatte gelten hierbei analog.

 

Die Verwaltung wird beauftragt, die zur Umsetzung der geänderten Handlungsempfehlungen notwendigen Schritte einzuleiten.

 

 

gezeichnet:

                                                                                In Vertretung

Richrath                                                                 Deppe

                                                                                (zugleich i. V. des Stadtkämmerers)

Begründung:

 

I.              Ausgangslage

 

Derzeit verwaltet die Stadt Leverkusen 447 Erbbaurechte zu Wohnzwecken nebst zahlreichen Garagenparzellen. Davon entfallen 259 Erbbaurechte auf Einzelparzellen und die restlichen auf Wohnungserbbaurechte. Die Gesamtfläche städtischer Erbbaurechtsgrundstücke beträgt rd. 45 Hektar.

 

Die aktuell im städtischen Bestand befindlichen Erbbaurechte wurden vermehrt in den 1950er Jahren ausgegeben. Sie waren ein sozialpolitisches Instrument, um breite Bevölkerungsschichten mit günstigem Wohnraum zu versorgen. Dem Aspekt des Bevölkerungswohls wurde nachkriegsbedingt ein weitaus größeres Augenmerk gewidmet als einer ausgewogenen Wirtschaftlichkeit des städtischen Grundstückverkehrs. Die schon damals eher niedrigen Erbbauzinsen sind seither nicht oder nur leicht gestiegen. Der gewachsene Wohlstand der Bevölkerung und der mangelhafte finanzielle Ertrag in Verbindung mit immer größer werdenden finanziellen Engpässen der Stadt haben zur Jahrtausendwende dazu geführt, Grundstücke bevorzugt aus dem Erbbaubestand zu entlassen. Dazu wurden verschiedene Alternativen als Möglichkeiten anerkannt. Neben dem Auslaufen lassen der Verträge mit anschließender Entschädigung der Erbbaurechtsnehmer wurde auch der jederzeitige Verkauf der Grundstücke an die Erbbaurechtnehmer zu Vorzugskonditionen praktiziert.

 

Die -seinerzeit kriegsbedingte- Wohnungsknappheit entsteht heutzutage erneut und steigert sich stetig. Gründe dafür sind u. a. Migration, Stadtflucht und Konzentration in Ballungsräumen. Die Bevölkerungswachstumsprognosen für die beiden Nachbarstädte Köln (+15,8 %) und Düsseldorf (+14 %) bis 2040 zeigen, dass sich dieser Trend nur verschärfen wird.[1] Der Mangel an Wohnraum manifestiert sich einerseits, dem allgemeinen Wirtschaftsprinzip „Angebot und Nachfrage“ folgend in stetig steigenden Mieten und Kaufpreisen. Die Wohnungskosten in Leverkusen sind zuletzt innerhalb eines Jahres um 9 % gestiegen. Andererseits können sich immer mehr Bürgerinnen und Bürger, speziell auch auf Platz angewiesene Familien, im Wettbewerb um die immer knapper werdenden Wohnungsobjekte nicht mehr durchsetzen.

 

Vor dem Hintergrund, dass aktuell nur noch wenige Baugrundstücke vorhanden sind und potentielle Erwerber von städtischen Wohnbaugrundstücken sich aufgrund der Verfahrensgrundsätze (Ratsvorlage R 1104 / 15. TA vom 23.09.2002) einem Höchstgebotsverfahren stellen müssen, sollte langfristig der Fortbestand der vorhandenen Erbbaurechte angestrebt werden. Die fortlaufende Einbindung der städtischen Grundstücke in das Rechtskorsett des Erbbaurechts erfüllt eine wichtige sozialpolitische Komponente. Mit Hilfe der Erbbaurechte bliebe der Stadt Leverkusen ein wichtiges Instrument zur wohnungspolitischen Einflussnahme erhalten. Zudem sind auch die Möglichkeiten der Baulandentwicklung begrenzt, da Flächenressourcen nicht unendlich vorhanden sind und Wohnnutzung in Konkurrenz zu anderen Nutzungsformen steht (z. B. Gewerbeflächen, Ausgleichsflächen, Infrastrukturflächen, Gemeinbedarfsflächen etc.).

 

Benötigt wird ein Lösungsansatz für die Auflösung des Spannungsfeldes zwischen kaum erweiterbaren Wohnungsflächen und stetig steigenden Bevölkerungszahlen. Das vorliegende Konzept soll den Umgang mit städtischen Erbbaurechten zukunftsfähig regeln sowie Rechts- und Planungssicherheit für die Bürger und gleichzeitig einen ausgewogenen finanziellen Gegenwert für die Stadt als Grundstückseigentümerin erbringen.

Daher sollen folgende Maßnahmen umgesetzt werden:

 

1.    Bestehende Erbbaurechtsgrundstücke sollen nicht mehr veräußert werden, sondern es soll wo möglich versucht werden, Hebel zur Vertragsanpassung zu ziehen (z. B. bei Zustimmung zu baulichen Veränderungen/Erweiterungen und bei Zustimmungen zu Belastungsvollmachten), so dass zeitgemäße Erbbauzinsen eingenommen werden können.

2.    Da viele Erbbaurechtsverträge in den kommenden Dekaden auslaufen werden und die Stadt in diesen Fällen verpflichtet wäre, die Erbbaurechtsnehmer für die Aufbauten finanziell zu entschädigen, soll eine Regelung zur vorzeitigen Erneuerung der Erbbaurechtsverträge eingeführt werden. Dabei soll die Restlaufzeit der Verträge prozentual als Vergünstigung angerechnet werden, um einen Anreiz zur vorzeitigen Erneuerung für die Erbbaurechtsnehmer zu schaffen. Die Vertragslaufzeit von vorzeitig erneuerten Verträgen soll grundsätzlich bei 80 Jahren liegen. Gleichzeitig soll bei einer vorzeitigen Erneuerung geprüft werden, ob die nach heutigen Maßstäben in der Regel überdurchschnittlich großen Grundstücke aufgeteilt und die ausparzellierten Grundstücke als Wohnerbbaurecht vergeben werden können.

3.    Städtische Grundstücke sollen zukünftig grundsätzlich als Erbbaurecht vergeben werden, Veräußerungen sollen nur noch in begründeten Ausnahmefällen möglich sein (z. B. neue Baugebiete, bei denen die Erschließung durch einen Investor erfolgen soll sowie bereits im Haushalt eingeplante bzw. durch Ratsvorlage beschlossene Veräußerungen u. a. im Bereich der nbso). Die Vertragslaufzeit von Neuverträgen soll grundsätzlich bei 80 Jahren liegen. Die Vergabe von Erbbaurechtsgrundstücken soll nach festgelegten Kriterienpunkten erfolgen (u. a. Familien mit Kindern bevorzugt, vgl. Anlage 2 des Erbbaurechtskonzeptes). Bei gleicher Anzahl an Kriterienpunkten soll das Losverfahren entscheiden.

4.    Gewerbeflächen sollen optional (nicht grundsätzlich) ebenfalls als Erbbaurecht vergeben werden können.

5.    Es soll zukünftig ein strategischer Erwerb weiterer Flächen zur städtebaulichen Entwicklung durch die Stadt erfolgen. Nach erfolgter Entwicklung sollen die Grundstücke ggf. als Erbbaurechte vergeben werden.

 

Die Erbbauzinsen sollen sich zukünftig wie folgt berechnen:

 

1.    Bei bestehenden Verträgen wird einer baulichen Veränderung/Erweiterung und einer Belastungsvollmacht zwischen 50 und 80 % nur noch dann zugestimmt, wenn der Erbbaurechtsnehmer einer Anpassung des Erbbauzinses auf 1 % vom Bodenwert zustimmt. Einer Belastungsvollmacht von mehr als 80 % wird nur noch bei einer gleichzeitigen Erhöhung des Erbbauzinses auf 1,5 % zugestimmt. Bei erheblichen baulichen Veränderungen/Erweiterungen ist im Einzelfall auch eine umfangreichere Erhöhung zu prüfen.

2.    Bei einer vorzeitigen Erneuerung ausgehend von einem Erbbauzins in Höhe von 4 % soll die Restlaufzeit des bestehenden Vertrags prozentual in Abzug gebracht werden, darüber hinaus soll ein schuldrechtlicher Rabatt in Höhe von 30 % über einen Zeitraum von 20 Jahren zur Abfederung sozialer Härten gewährt werden, um dem aktuell historisch niedrigen Zinssatz auf dem Kapitalmarkt zu begegnen. Ein weiterer schuldrechtlicher Rabatt in Höhe von 10 % kann für einen Zeitraum von 10 Jahren ggf. gewährt werden, sofern der Erbbaurechtsnehmer sich zu energetischen Maßnahmen verpflichtet.

3.    Bei neuen Erbbaurechtsverträgen soll für Erbbaurechte zu Wohnzwecken ein Erbbauzins in Höhe von 4 % festgesetzt werden, darüber hinaus soll ebenfalls ein schuldrechtlicher Rabatt in Höhe von 30 % über einen Zeitraum von 20 Jahren zur Abfederung sozialer Härten gewährt werden, um dem aktuell historisch niedrigen Zinssatz auf dem Kapitalmarkt zu begegnen. Ein weiterer schuldrechtlicher Rabatt in Höhe von 10 % kann auch bei Neuverträgen für einen Zeitraum von 10 Jahren ggf. gewährt werden, sofern der Erbbaurechtsnehmer sich zu energetischen Maßnahmen verpflichtet.

4.    Bei der Vergabe von Erbbaurechten zum Zwecke der Errichtung sozialer Einrichtungen (z. B. Kitas, Kranken-, Pflege- und Betreuungseinrichtungen) soll ebenfalls ein Erbbauzins in Höhe von 4 % festgesetzt werden. Zusätzlich zu den o. g. Rabatten soll ein weiterer schuldrechtlicher Rabatt in Höhe von 10 % für einen Zeitraum von 20 Jahren gewährt werden können.

5.    Der Erbbauzins für Gewerbeflächen soll auf 8 % des Bodenwertes festgesetzt werden. Die o. g. schuldrechtlichen Rabatte gelten hierbei analog.

 

II.            Maßnahmen aus dem Bestand im operativen Betrieb mit sofortiger Wirkung

 

Von herausragender Bedeutung für die Stabilisierung der Wohnungskosten ist ein höherer Anteil von Wohnungsflächen im Eigentum der Stadt Leverkusen. Nur wenn die Stadt keine Flächen mehr aus ihrem Eigentum dem privaten Markt überlässt und idealerweise weitere Flächen - zwecks Vergabe dieser im Erbbaurecht - erwirbt, kann ein stabileres Preisniveau erreicht werden. Für die bestmögliche Erfüllung des sozialpolitischen Zieles des vermehrten bezahlbaren Wohnraums sollte die Stadt Leverkusen also auf die vorrangige Vergabe von Grundstücken im Erbbaurecht setzen. Leider konnten in den 1950er Jahren keine Wertsicherungsklauseln in den Erbbaurechtsverträgen aufgenommen werden. Deswegen blieben die Erbbauzinsen über die Jahrzehnte zumeist annähernd gleich und sind damit bis heute mitunter kaum existent.

 

a.    Status quo vs. angemessener Erbbauzins

 

Die Erbbauzinsen wurden seinerzeit extrem niedrig angesetzt. So ergibt sich sogar noch heutzutage eine weit überwiegende Mehrzahl von städtischen Erbbaurechten, für die ein niedriger zweistelliger, jährlicher Erbbauzins entrichtet werden muss.

 

Zum Vergleich: Der Erbbauzins liegt bei den Kirchen - als Grundstückseigentümer - zwischen 4 % und 5 % des Bodenwertes. Der durchschnittliche Erbbauzins in Deutschland liegt bei 3,7 % vom Gesamtbodenwert.[2] Bei den Leverkusener Erbbaurechten ist in den meisten Fällen seit den 1950er Jahren mit Ausnahme auf die Währungsumstellung nur sehr wenig passiert. In den meisten Fällen liegt ein Missverhältnis von mehreren Tausend Euro vor. Das wird auch aus dem Positionspapier „Eckpunkte für den zukünftigen Umgang mit Erbbaurechten“[3] deutlich. Dort wird beschrieben, dass mit etwa 470 Erbbaurechtsverträgen jährlich rund 370.000 € erwirtschaftet werden. Im Vergleich mit der Stadt Frankfurt, die pro Erbbaurechtsgrundstück und Jahr durchschnittlich 5.000 € erwirtschaftet, steht Leverkusen mit durchschnittlich 787 € pro Jahr und Grundstück sehr bescheiden dar.

 

Vorgenanntes soll ein Bewusstsein für die bislang vertanen finanziellen Chancen für die Stadt Leverkusen schaffen. Das neue Konzept zum Umgang mit Erbbaurechten soll im Umkehrschluss jedoch nicht den maximal zu erreichenden Ertrag fokussieren. Das formulierte Ziel soll darin liegen, eine bürgerfreundliche, jedoch auch für die Stadt kostendeckende Lösung zu finden und den sozialpolitischen Aspekt des Erbbaurechts nicht aus den Augen zu verlieren.

 

b.    Wertsicherung/Verbraucherpreisindex

 

Ein wichtiger Faktor als Wesensmerkmal des Erbbaurechts ist der Verbraucherpreisindex (VPI) im Kontrast zum Prozentsatz der Wohnungskostensteigerung (zuletzt 9 % p.a.). Während der Verbraucherpreisindex die Preissteigerung eines festgelegten Warenkorbes spiegelt, steigen die Wohnungskosten im Vergleich dazu deutlicher. Der Wohnungskostensteigerung von 9 % innerhalb eines Jahres steht eine Steigerung des VPI i. H. v. 1,4 % im Jahr 2019 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entgegen.[4] Die Steigerung der Reallöhne im Jahre 2019 lag bei 1,2 % im Vergleich zum Vorjahr.[5]

 

Die regelmäßige Erhöhung des Erbbauzinses als Gegenleistung für die Nutzung der städtischen Grundstücke basiert auf der jeweiligen Erhöhung des VPI. Wenn der VPI sich in etwa „im Gleichschritt“ mit den Lohnsteigerungen entwickelt, entziehen sich die Wohnungskosten nicht den finanziellen Möglichkeiten der Erbbauberechtigten.

 

Das Erbbaurecht ist heutzutage tatsächlich ein modernes Element zur sozialpolitisch ausgewogenen Versorgung größerer Bevölkerungsteile mit Wohnraum. Bestehende, und in der Regel in ca. 35 Jahren auslaufende, Erbbaurechtsverträge stellen aber eine Herausforderung dar. Bedingt durch fehlende Wertsicherungsklauseln in den 1950er Jahren sind die Erbbauzinsen auch heute noch derartig niedrig, dass sie kaum den Verwaltungsaufwand abdecken.

 

 

c.    Verkäufe ohne finanzielle Berücksichtigung der mit Erbbaurechten belasteten Grundstücke

 

Im Falle eines – ausnahmsweisen - Grundstücksverkaufs wird nach aktueller Beschlusslage der Verkehrswert des Erbbaurechts in Abzug gebracht, da es sich bei dem Erbbaurecht um ein wertminderndes grundstücksbezogenes Recht handelt. Diese Vorgehensweise war in der Vergangenheit gängige Praxis bei der Veräußerung von Erbbaurechten.

 

In Abstimmung mit der kommunalen Bewertungsstelle erschien es aufgrund der geänderten Voraussetzungen auf dem Grundstücksmarkt geboten, diese Vorgehens­weise anzupassen.

 

Da die Erbbauberechtigten bis zum Erwerb des Grundstückes Erbbauzinsen zu zahlen hatten, welche zumeist im zweistelligen oder unteren dreistelligen Bereich pro Jahr lagen und das Erbbaurecht mit dem Erwerb des Grundstücks gelöscht werden kann, sollte nicht mehr von einer wertmindernden Belastung ausgegangen werden, die die Herabsetzung des Boden- bzw. Verkehrswertes rechtfertigen würde. Vielmehr wird durch die noch aktuelle Beschlusslage die Bevorzugung der Erbbauberechtigten durch niedrigen Erbbauzins mit einer anlasslosen Rabattierung des Bodenkaufpreises verschärft. Zudem kann das Erbbaurecht unmittelbar nach Grunderwerb durch den Eigentümer gelöscht werden.

 

Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass aktuell nur noch wenige Baugrundstücke vorhanden sind und potenzielle Erwerber von anderen städtischen Wohnbaugrundstücken sich aufgrund der Verfahrensgrundsätze (Ratsvorlage R 1104/15. TA vom 23.09.2002) einem Höchstgebotsverfahren stellen müssen. Zudem sind auch die Möglichkeiten der Baulandentwicklung begrenzt, da Flächenressourcen nicht unbegrenzt vorhanden sind und Wohnnutzung in Konkurrenz zu anderen Nutzungsformen steht (z. B. Gewerbeflächen, Ausgleichsflächen, Infrastrukturflächen, Gemeinbedarfsflächen etc.).

 

d.    Erhaltung des städtischen Grundeigentums

 

Somit sollte kurzfristig der Fortbestand der vorhandenen Erbbaurechte angestrebt werden. Die fortlaufende Einbindung der städtischen Grundstücke in das Rechtskorsett des Erbbaurechts erfüllt eine wichtige sozialpolitische Komponente. Mithilfe der Erbbaurechte bliebe der Stadt Leverkusen ein wichtiges Instrument zur wohnungspolitischen Einflussnahme erhalten. Bereits bestehende Erbbaurechtsverträge der Stadt Leverkusen haben Laufzeiten über viele Jahrzehnte, derzeit über 99 Jahre. Die Erbbauzinsen können allenfalls anhand des Verbraucherpreisindex angepasst werden. Die Stadt Leverkusen kann mit Hilfe der Erbbaurechte also ein Instrument gegen die stetige Verteuerung von Wohnraum vorhalten.

 

Das als Anlage beigefügte, zukunftsfähige und Zukunft gestaltende gesamtstädtische Erbbaurechtskonzept soll Rechts- und Planungssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger und gleichzeitig einen ausgewogenen finanziellen Gegenwert für die Stadt als Grundstückseigentümerin einbringen.

 

 

III.           Zukunftssicherung durch Erweiterung des Geschäftsfelds „Erbbaurechte“

 

Das Erbbaurechtskonzept sieht Handlungsvorschläge für die Zukunft vor. So sollen in Zukunft weitere Flächen von der Stadt erworben werden, um diese nach erfolgter Einzelfallprüfung und städtebaulicher Entwicklung im Erbbaurecht zu vergeben. Dieses Vorgehen entspricht dem Handeln zahlreicher anderer Kommunen in Deutschland. Köln als direkte Nachbarstadt z. B. hat dieses Jahr beschlossen, Flächen zukünftig vorrangig im Erbbaurecht zu vergeben.

 

Auch in Leverkusen sollen zukünftig mehr Flächen im Erbbaurecht vergeben werden. Der Wohnungsdruck in Verbindung mit der stetigen positiven Einwohnerentwicklung erfordern umgehend einen Richtungswechsel hin zu mehr städtischem Eigentum. Als positive Begleiterscheinung würden angemessene Erbbauzinsen der Stadtkasse zugutekommen, welche die Kaufpreise der Grundstücke refinanzieren und darüber hinaus zusätzliche Mehreinnahmen generieren würden.

 

Aktuell zählt die Stadt Leverkusen etwa 45 ha an Grundeigentum, welches im Erbbaurecht vergeben wird. Ausgehend von einem durchschnittlichen Leverkusener Bodenwert von rd. 350 €/m², besitzt die Stadt Erbbaurechtsgrundstücke im Wert von grob geschätzt etwa157,5 Mio. €[6].

 

Die Bodenwerte in unserer Stadt steigen unentwegt. Im Jahre 2018 waren Bauflächen für Ein- und Zweifamilienhäuser im Vergleich zum Jahr 2017 durchschnittlich 4 % teurer, gebrauchte Häuser wurden nach Ablauf eines Jahres bereits 10 % teurer gehandelt. Einerseits sollte die Stadt Leverkusen als Eigentümerin diesen Wertzuwachs selber genießen und andererseits diesen nicht an Private verschenken, die obendrein auf dieser Grundlage auch noch etwaige Mieten oder Wiederverkaufspreise erhöhen würden.

 

Für neue Erbbaurechte soll ein angemessener Erbbauzins erhoben werden. Somit soll analog zur Handhabe der katholischen Kirche als hiesiger wohl größter Erbbaurechtsgeber ein Erbbauzins von 4 % vom Gesamtbodenwert p.a. gelten, welcher mittels Automatik-VPI-Klausel wertgesichert ist.

 

Auf Grund der hohen Bodenpreise soll ein schuldrechtlicher, zeitlich beschränkter Rabatt von 30 % auf den Erbbauzins gewährt werden. Diese allgemeine Maßnahme soll die zugespitzte Marktlage entschärfen. Ferner soll die Verbesserung der Energieeffizienz der Erbbaurechte gefördert werden. Für beleghafte Investitionen von mehr als 5.000 € zur Verbesserung der Energieeffizienz oder der Verbesserung der Erbbaurechte um mindestens zwei Energieeffizienzklassen soll ein weiterer, schuldrechtlich gewährter Rabatt von 10 % eingeräumt werden.

 

Alle Erbbaurechte, gleich ob erneuerte Bestandserbbaurechte oder Erstvergaben im Erbbaurecht, werden mit einer Laufzeit von 80 Jahren ausgestattet. Die leicht reduzierte Laufzeit zum Status quo entspricht dem Zeitgeist. Alle positiven Aspekte wie Planungssicherheit, Verkehrsfähigkeit und Veräußerlichkeit sowie Vererblichkeit werden gewahrt, während die Grundstückseigentümerin bereits etwas früher als bisher wieder über das Grundstück verfügen kann.

 

Weitergehende Erläuterungen und Begründungen können dem als Anlage beigefügten Erbbaurechtskonzept der Stadt Leverkusen entnommen werden.



[1] landesbetrieb it.nrw, https://www.it.nrw/itnrw-legt-fuer-alle-staedte-und-gemeinden-des-landes-neue-ergebnisse-zur-zukuenftigen-entwicklung

[2] Deutscher Erbbaurechtsverband, https://www.erbbaurechtsverband.de/ueber-uns/presse/pressemitteilungen/

[3] hell, nicolas

[4] statistisches bundesamt, https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/01/PD20_019_611.html

[5] statistisches bundesamt, https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Verdienste/Realloehne-Nettoverdienste/_inhalt.html

[6] der obere gutachterausschuss für grundstückswerte des landes nordrhein-westfalen, https://www.boris.nrw.de/borisfachdaten/bwue/2020/BWUE_5316000_2020_frei.pdf,

I) Finanzielle Auswirkungen im Jahr der Umsetzung und in den Folgejahren

 

 Nein (sofern keine Auswirkung = entfällt die Aufzählung/Punkt beendet)

 

 Ja – ergebniswirksam

Produkt:       Sachkonto:      

Aufwendungen für die Maßnahme:      

Fördermittel beantragt:   Nein   Ja       %

Name Förderprogramm:      

Ratsbeschluss vom       zur Vorlage Nr.      

Beantragte Förderhöhe:      

 

Vereinnahmung angemessener Erbbauzinsen durch neue Erbbaurechtsverträge

 

Gesamtfläche der Erbbaurechtsgrundstücke im städtischen Eigentum:

ca. 450.000 m²

 

Gesamtbodenwert der städtischen Erbbaurechtsgrundstücke gemäß Durchschnittsbodenrichtwert für Leverkusen (rd. 350,-- €/m²):

450.000 m² x 350,-- €/m² = 157.500.000,-- €

 

Zu vereinnahmender Erbbauzins bei einem Durchschnittserbbauzins von rd. 2%:

157.500.000,-- € x 0,02 = 3.150.000,-- € p.a.

 

Aktuell vereinnahmter Erbbauzins:

370.000,-- € p.a.

 

è Noch nicht enthalten, und noch zu kumulieren wären weitere Einnahmen durch Wertanpassungen gemäß VPI und weitere, bis dahin zu erwerbende Flächen.

 

Mehreinnahmen durch Vereinnahmung des geplanten Erbbauzinses:

3.150.000,-- € p.a. – 370.000,-- € p.a. =2.780.000,-- € p.a.

 

è Zzgl. Mehreinnahmen durch Wertanpassung / VPI und Grunderwerbe.

 

a)    Es ist also davon auszugehen, dass bei vollständiger Umsetzung der Maßnahme (d.h. vorzeitige Erneuerung aller Erbbaurechtsverträge) jedes Jahr grob geschätzt bis zu ca. 2,78 Mio. € mehr eingenommen würden als bisher. Zusätzlich wäre diese Einnahme wertgesichert. Zudem würden weitere Flächen erworben und im Erbbaurecht vergeben werden.

 

b)    Ab sofort würden Verhandlungen mit den Erbbauberechtigten anhand dieses Gesamtkonzepts geführt werden, was für sofortige erhebliche Mehreinnahmen sorgen würde.

 

 Ja – investiv

Finanzstelle/n:       Finanzposition/en:      

Auszahlungen für die Maßnahme:      

Fördermittel beantragt:   Nein   Ja       %

Name Förderprogramm:      

Ratsbeschluss vom       zur Vorlage Nr.      

Beantragte Förderhöhe:      

 

Maßnahme ist im Haushalt ausreichend veranschlagt

 Ansätze sind ausreichend

 Deckung erfolgt aus Produkt/Finanzstelle      

 in Höhe von      

 

Jährliche Folgeaufwendungen ab Haushaltsjahr:      

 Personal-/Sachaufwand:      

 Bilanzielle Abschreibungen:      

Hierunter fallen neben den üblichen bilanziellen Abschreibungen auch einmalige bzw. Sonderabschreibungen.

 Aktuell nicht bezifferbar

 

Jährliche Folgeerträge (ergebniswirksam) ab Haushaltsjahr:      

 Erträge (z. B. Gebühren, Beiträge, Auflösung Sonderposten):      

Produkt:       Sachkonto      

 

Einsparungen ab Haushaltsjahr: 2020

 Personal-/Sachaufwand:      

Produkt:       Sachkonto      

 

 ggf. Hinweis Dez. II/FB 20: Herr Krings 20 12      

 

Die derzeitige HH-Planung 2021 ff. geht noch von investiven Einzahlungen durch Grundstücksveräußerungen und entsprechenden Erträgen aus. Diese Positionen würden bei einem grundsätzlichen Verzicht von Grundstücken wegfallen. Die Auswirkungen auf den Kreditrahmen und den Haushaltsausgleich wären anderweitig zu kompensieren.

 

Darüber hinaus müssten weitere Finanzmittel für den dargestellten Erwerb weiterer Grundstücke etatisiert werden.

 

II) Nachhaltigkeit der Maßnahme im Sinne des Klimaschutzes:

Klimaschutz  betroffen

Nachhaltigkeit

 

kurz- bis

mittelfristige Nachhaltigkeit

langfristige Nachhaltigkeit

 

 ja   nein

 ja   nein

 ja   nein

 ja   nein

 

Begründung der einfachen Dringlichkeit:

 

Die verwaltungsinterne Endabstimmung ist erst vor kurzem abgeschlossen worden und die Zustimmung des Verwaltungsvorstands ist erst am 16.02.2021 erfolgt. Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Thematik wird empfohlen, die Vorlage noch in diesem Turnus zu behandeln.