Beschlussentwurf:

 

Der Ausschuss für Anregungen und Beschwerden lehnt die Bürgeranträge vom 12.07.2010 und 01.09.2010, ein Kastrations- und Kennzeichnungsgebot für Freigängerkatzen einzuführen, gemäß den Ausführungen der Verwaltung in der Begründung der Vorlage ab.

 

 

gezeichnet: Buchhorn

Begründung:

 

Mit Schreiben vom 12.07.2010 (s. Anlage 1) und 01.09.2010 (s. Anlage 2) beantragen die Petenten, die Einführung eines Kastrations- und Kennzeichnungsgebotes für Freigängerkatzen zur Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung von Hauskatzen.

 

Aus datenschutzrechtlichen Gründen können die personenbezogenen Daten der Originalanträge nicht mit abgedruckt werden. Sie sind zur weiteren Information der Ausschussmitglieder den Sitzungsunterlagen in nichtöffentlicher Anlage 3 beigefügt.

 

 

Tierschutzfachliche Beurteilung:

 

Bereits im Vorfeld wurde eine ähnlich lautende Anfrage durch den Tierschutzverein Leverkusen e. V. an die Verwaltung herangetragen.

 

Das Thema genießt aktuell eine hohe Präsenz in der Öffentlichkeit. Tierschutzorganisationen appellieren an Mitbürger und Behörden. Verschiedene Kommunen haben bereits entsprechende Verfügungen erlassen, andere sind in Überlegungen. Die Bundestierärztekammer hat sich positioniert und vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW gibt es ebenfalls eine Einschätzung.

 

Hintergrund für die verschiedenen Aktivitäten bildet die überproportionale Steigerung der Katzenpopulation in verschiedenen Regionen Deutschlands.

 

Das Problem der Überpopulation von Katzen trifft auch für das Stadtgebiet von Leverkusen zu. An etlichen Stellen gibt es Gruppen von unversorgten Katzen, die dort ihr Leben fristen und sich weiter vermehren.

 

Die in diesem Zusammenhang regelmäßig auflaufenden Anrufe im Veterinäramt sprechen hier eine einheitliche Sprache. Die Anrufer gehen auch davon aus, dass die Problemlösung eine wichtige öffentliche Aufgabe ist.

 

Die Ursachen für die Überpopulation sind vielfältiger Natur:

 

-          Viele Katzenbesitzer halten ihre Tiere als Freigänger, lassen sie aber nicht kastrieren (i.d.R. aus Kostengründen).

-          Katzenhalter setzen ihre Tiere aus, wenn sie sie nicht mehr ausreichend

          versorgen können.

-          Durch Umzug werden Tiere einfach zurückgelassen.

-          Tiere werden nur unzureichend betreut und versorgt und verwildern zunehmend.


Daraus resultiert:

 

-          Die Tiere suchen sich durch Abwanderung neue Reviere, wo auch ausreichend Nahrung zu finden ist.

-          Die Katzen vegetieren ohne ausreichende Versorgung oder finden Katzenliebhaber, die die Tiere entsprechend füttern.

-          Eine Anbindung an den Menschen kann jedoch nicht mehr erfolgen, da meist schon eine zu hohe Auswilderung erfolgte.

-          Katzen werden eingefangen, von den Tierschutzorganisationen kastriert und wieder ausgesetzt, da keine Anbindung (s. o.) an die Menschen mehr möglich ist und daher auch keine Vermittlung erfolgen kann.

 

In der Folge der Überpopulation von Freigängerkatzen und verwilderten Katzen kommt es immer wieder zu hochgradig tierschutzrelevanten Zuständen:

 

-          Die Tiere sind aufgrund von Parasitenerkrankungen und Mangelernährung abgemagert und hungrig.

-          Aufgrund von fehlender tierärztlicher Versorgung kommt es zu Krankheitszuständen, zu Folgezuständen unversorgter Verletzungen

-          und in der Folge auch zu Siechtum und zu qualvollem Tod.

 

Es kommt auch zu anderen Problemen durch die Überpopulation von Katzen, die zwar nicht direkt tierschutzrelevant sind. Jedoch ist leicht vorstellbar, dass die indirekte Beeinträchtigung von Bürgern durch Katzen die Akzeptanz nicht verbessert und so ebenfalls wieder zu Tierschutzproblematiken führen können. Mögliche Beeinträchtigungen sind:

 

-   Hygienische Probleme durch Katzenfäkalien,

-   Vermehrtes Bejagen von Vögeln und Kleinsäugern.

 

Darüber hinaus kommt es zu einer Steigerung der Zahlen von Fundkatzen. Die Aufnahmekapazitäten von Tierheimen werden erreicht, die Unterbringung von Fundkatzen verursacht für die Tierschutzorganisationen und im Rahmen der kommunalen Verpflichtungen zur Unterbringung von Fundtieren steigende Kosten. Insbesondere die Tierschutzvereine übernehmen also für Unterbringung und Kastrationsprogramme eine hohe finanzielle Verantwortung, von der sie entlastet werden müssen.

 

Die Kastrationsprogramme auf Kosten der Tierschützer können nur verhindern, dass die Zahl der Tiere explodiert, auf Dauer wird sich aber die Zahl nicht verringern ohne Eingriffe von außen.

Die Versorgungsdefizite haben fatalerweise keinen dämpfenden Einfluss auf die Fortpflanzungsrate.

 

Im Gegensatz zu früher hat es sich etabliert, freilaufende Katzen kastrieren zu lassen. Die Kastrationsverfahren sind heute erprobt, die tierärztlichen Eingriffe und die Nachwirkungen sind für Katzen und Kater verträglich, die Kosten sind überschaubar und entstehen einmalig für jedes Tier. Die Kennzeichnung von Katzen mittels Ohrtätowierung und/ oder Transponder wird in der Regel im Zusammenhang mit der Kastrationsnarkose durchgeführt und beeinträchtigt die Tiere nicht. Die Registrierung der Tiere wird kostenlos auf Anfrage durch das Haustierregister „Tasso“ durchgeführt. Dadurch sollen verlorengegangene Tiere an den Halter zurückgeführt werden können. Insofern könnte die Kastration und Kennzeichnung der Tiere den Haltern zugemutet werden.

 

Mit Blick auf die Folgen der Haltung von unkastrierten Freigängerkatzen ist es heute allgemein anerkannter Beurteilungsstand, dass die Kastration bei Freigängerkatzen eine unersetzbare Maßnahme zur tierschutzkonformen Haltung ist (s. Merkblatt zur Haltung von Hauskatzen der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e. V.). Dass die Haltung von Katzen durch Freilauf ergänzt wird, ist unter Tierschutzaspekten zu begrüßen. Aufgrund des artspezifischen Verhaltens ist es jedoch nahezu unmöglich, bei fortpflanzungsfähigen Freigängerkatzen ohne Kastration eine unerwünschte Vermehrung zu verhindern. Ein milderes Mittel als die Kastration ist nicht zielführend.

 

 

Rechtliche Beurteilung:

 

Ob eine Kastrationspflicht rechtsverbindlich durch eine ordnungsbehördliche Verordnung vorgegeben werden darf, wird unterschiedlich bewertet. Rechtsprechung hierzu ist nicht bekannt. Anwaltliche Kurzgutachten bestätigen teilweise die Zulässigkeit einer solchen Maßnahme. Wie aus den dieser Vorlage beigefügten Anlagen 4 - 6 des Städtetages NRW und des Städte- und Gemeindebundes NRW ersichtlich, kommen die kommunalen Spitzenverbände allerdings zur Feststellung der Unzulässigkeit einer solchen Maßnahme. Daher kann nach Einschätzung der Verwaltung nicht ausgeschlossen werden, dass eine dennoch beschlossene Kastrationspflicht erfolgreich verwaltungsgerichtlich angefochten werden wird.

 

 

 

 

Schnellübersicht über die finanziellen Auswirkungen der Vorlage Nr. 0675/2010  Beschluss des Finanzausschusses vom 01.02.2010 und Auflage der Kommunalaufsicht vom 26.07.2010

 

Ansprechpartner / Fachbereich / Telefon: Herr Capitain, FB 01, 88 89

Kurzbeschreibung der Maßnahme und Angaben, ob die Maßnahme durch die Rahmenvorgaben des Leitfadens des Innenministers zum Nothaushaltsrecht abgedeckt ist.

(Angaben zu § 82 GO NRW, Einordnung investiver Maßnahmen in Prioritätenliste etc.) 

 

Ablehnung von 2 Bürgeranträgen zur gleichen Thematik

 

 

A) Etatisiert unter Finanzstelle(n) / Produkt(e)/ Produktgruppe(n):

 (Etatisierung im laufenden Haushalt und mittelfristiger Finanzplanung)

 

keine

 

 

B) Finanzielle Auswirkungen im Jahr der Umsetzung:

(z. B. Personalkosten, Abschreibungen, Zinswirkungen, Sachkosten etc.) 

           

 

keine

 

 

C) Finanzielle Folgeauswirkungen ab dem Folgejahr der Umsetzung:   

(überschlägige Darstellung pro Jahr)                                                

 

keine

 

 

D) Besonderheiten (ggf. unter Hinweis auf die Begründung zur Vorlage):

(z. B.: Inanspruchnahme aus Rückstellungen, Refinanzierung über Gebühren, unsichere Zuschusssituation, Genehmigung der Aufsicht, Überschreitung der Haushaltsansätze, steuerliche Auswirkungen, Anlagen im Bau, Auswirkungen auf den Gesamtabschluss)