Die
Tagesordnungspunkte 49.1 (Antrag Nr. 2023/2057), 49.2 (Antrag Nr. 2023/2005),
49.3 (Antrag Nr. 2023/2031), und 49.4 (Vorlage Nr. 2022/1949) werden gemeinsam
beraten.
Herr
Oberbürgermeister Richrath gibt folgende Erklärung zu Protokoll:
„Der Entschluss
des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr, die A1/A3 auf Leverkusener
Stadtgebiet in Hochlage auszubauen, ist eine Entscheidung gegen die Forderungen
der Leverkusener Stadtgesellschaft.
Denn Leverkusen fordert vollkommen zu Recht: „Keinen Meter mehr!“
Die Kommunikationspanne seitens der Autobahn GmbH, bei der die
Entscheidung in der gedruckten Ausgabe der Bürgerzeitung DIALOG veröffentlicht
wurde, bevor die Leverkusener Delegation den persönlichen Termin bei Herrn
Staatssekretär Luksic wahrnehmen konnte, zeugt von mangelnder Wertschätzung des
Ministeriums gegenüber den Wünschen seitens der Stadt Leverkusen.
Genau das wurde auch schon bei der Protestbriefübergabe in Berlin im
Juni 2022 vermittelt, als niemand die Leverkusener Delegation im
Bundesministerium persönlich empfangen hat.
Zudem ist die Argumentation der Autobahn GmbH bzw. des
Bundesverkehrsministeriums für den Ausbau von A1/A3 in Hochlage vor dem
Hintergrund der Planungs- und Entscheidungsergebnisse für eine Rheinspange 553
als Tunnel kaum nachvollziehbar.
Dort wurde trotz erheblicher Mehrkosten eine Entscheidung für einen
Tunnel gefällt.
Bei der Untersuchung von 12 Varianten entschied sich die Autobahn GmbH
für die unterirdische Rheinspange
„553 Variante V6aT“, deren Kosten auf 1,145 Milliarden Euro geschätzt werden. Dem
gegenüber stehen auch oberirdische Brückenbauwerke wie die Variante „V6aB“ mit
einer Kostenschätzung in Höhe von 496 Mio. Euro.
Basis für die
Entscheidungsfindung der nun beschlossenen Rheinspange 553 sind, neben erheblichen
Umweltbeeinträchtigungen, auch der Eingriff in die Eigentumsrechte von
Privatleuten und Kommunen, etwa im interkommunalen Gewerbegebiet von
Niederkassel und Troisdorf.
Damit stellt sich umso mehr die Frage, warum diese Argumente beim Ausbau
der A1 und A3 auf Leverkusener Stadtgebiet keine Beachtung finden.
Unter dem Motto „Keinen Meter mehr!“ kämpft Leverkusen daher:
·
Gegen den Flächenfraß in unserer Stadt.
·
Für eine gerechte, ausgewogene Verkehrspolitik und eine
weitsichtige, zukunftsfähige Infrastrukturpolitik.
·
Für die Berücksichtigung der Interessen der kommenden Generationen
sowie die Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens.
Der Argumentation des Bundesverkehrsministeriums, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit
zu beachten, stehen die berechtigten Forderungen der Bürgerinnen und Bürger
Leverkusens hinsichtlich Umwelt- und Gesundheitsschutz sowie einer
zukunftsfähigen Stadtentwicklung gegenüber.
Es ist Verantwortung des Bundes, diese
Interessen höher zu werten als die Mehrkosten, die durch einen Ausbau ohne
weiteren Flächenverbrauch in Leverkusen entstehen.
Für die A1 beläuft sich
die Kostenschätzung für die Variante „T01 Tunnel Südversatz“ auf 840 Mio. Euro.
Demgegenüber werden für die Variante „H02 Hochlage Südversatz mit Querverschub 473 Mio. Euro“ geschätzt.
Die
längere Bauzeit des Tunnels von 8 bis 10 Jahren gegenüber 4,5 Jahre, die der
Bau der Megastelze dauern soll, ist als Investition in eine lebenswerte Zukunft
in Leverkusen zu werten.
Dem
Argument des Bundesministeriums, dass eine vorzeitige Sperrung des Bauwerks
gravierende Folgen auf Verkehr und Wirtschaftsstandort beinhaltet, kann ich nur
entgegenhalten, dass die Zeitverzögerung nach Kündigung des Unternehmens PORR
beim Bau der Rheinbrücke gänzlich auf Kosten der Stadt Leverkusen geht.
Mittlerweile
liegen wir hier bei 10 Jahren.
Leverkusen
kann, will und wird es nicht hinnehmen, dass auf dem Rücken der Stadt aus
wirtschaftlichen Gründen eine unzeitgemäße Verkehrspolitik betrieben wird.
Leverkusen
trägt seit Jahrzehnten eine sehr große Last des innereuropäischen
Transportverkehrs.
Der
Mut der Stadt für innovative und nachhaltige Lösungen hat die Menschen und die
Industrie in Leverkusen nach vorne gebracht. Hier müssen wir auch jetzt wieder
anknüpfen.
Leverkusen
ist bereit für einen zukunftsweisenden Infrastrukturausbau, der u.a. innovative
Transportsysteme und Digitalisierung berücksichtigt.“
Frau
Bürgermeisterin Bunde lässt zunächst über den Antrag Nr. 2023/2057 abstimmen.
Beschluss:
In Bekräftigung und Ergänzung des Beschlusses vom 20.01.2021 zum Antrag Nr.
2021/0348 und dem weiteren Beschluss zu „Keinen Meter mehr!“, Nr. 2021/0954,
beschließt der Rat der Stadt Leverkusen:
1. Punkt 11 des Beschlusses 2021/0348 wird folgendermaßen ergänzt:
a. Um der von den Planern betonten gesellschaftlich notwendigen Entscheidung
für die Wirtschaftlichkeit in den Abwägungsentscheidungen argumentativ entgegen
treten zu können, wird die Verwaltung beauftragt, unter Zuhilfenahme eines
externen Planungs-/Beratungsbüros, die sozio-ökonomischen (Gesundheit etc.) und
ökologischen Kosten (Umwelt und Gesellschaft) des Autobahnausbaus in
vorhandener Höhenlage zu berechnen und den errechneten Baukosten des
Bundesverkehrsministeriums für den oberirdischen und den unterirdischen Ausbau
gegenüber zu stellen. Ebenso werden gutachterlich die sozioökonomischen und
ökologischen Auswirkungen während der Bauphase der vom Bundesverkehrsministerium
und der Autobahn GmbH favorisierten oberirdischen Ausbauvarianten betrachtet.
Als Grundlage hierfür können die Methodenkonventionen und Kostensätze von
Umweltkosten des Umwelt-Bundesamtes zu den Themen Treibhausgase,
Luftschadstoffe, Lärm, Verkehr und Energie dienen.
Die Gutachten
sind unverzüglich an externe Planungs-/Beratungsbüros in Auftrag zu geben.
2. Punkt 4 des Beschlusses Nr. 2021/0348 wird ergänzt und zeitnah
umgesetzt:
a. Die Rechtsanwaltskanzlei Baumeister wird mit der Akteneinsicht beauftragt.
Die Akteneinsicht umfasst alle Unterlagen, die im Rahmen der Planungen des
Autobahnausbaus in Leverkusen vorliegen und Grundlage der Entscheidungen über
die Vorzugsvarianten im Abschnitt 2 und 3 sind.
Hierzu werden mindestens die Akten beim Bundesverkehrsministerium, der
Autobahn GmbH, Straßen.NRW und dem Landesverkehrsministerium angefordert.
b. Die Ergebnisse sollen dem Rat der Stadt Leverkusen durch die
Anwaltskanzlei in einer (öffentlichen) Ratssitzung präsentiert und schriftlich
in einer Lesefassung vorgelegt werden.
3. Punkt 8 des Beschlusses Nr. 2021/0348 wird in folgender Weise umgesetzt:
a. Die Rechtsanwaltskanzlei Baumeister wird beauftragt, eine Klage wegen
der Verletzung von Grund- und Verfassungsrechten beim Bundesverfassungsgericht
vorzubereiten. Grundlage könnten die Auswirkungen des Autobahnausbaus auf die
künftigen Generationen, die Auswirkungen auf den Klimawandel und die vorhandenen
Klimaschutzziele und Klimaschutzabkommen sein.
b. Weitere Klageoptionen gegen die bisherige Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums
zu den Vorzugsvarianten (Organklage oder Klage Einzelner) sind zu prüfen.
c. Die Ergebnisse sind dem Rat zeitnah vorzulegen, sodass eine oder
mehrere Klagen zeitnah auf Beschluss des Rates erfolgen können.
d. Ein oder mehrere Klageverfahren gegen die zu erwartenden Planfeststellungsverfahren
werden ebenfalls durch die Rechtsanwaltskanzlei Baumeister vorbereitet.
e. Neu aufgenommen wird die juristische Prüfung, ob der singuläre Ersatzneubau
des Kreuzungsbauwerkes A1/A3 im Kreuz Leverkusen ab 2024 ohne
Planfeststellungsverfahren erfolgen kann. Mögliche Klageoptionen hierzu sind
dem Rat zeitnah vorzulegen.
- einstimmig -
Anschließend
lässt Frau Bürgermeisterin Bunde über den Antrag Nr. 2023/2005 abstimmen.
Beschluss:
Wie Antrag
dafür: 4 (2 BÜRGERLISTE, 1 DIE LINKE, 1 Klimaliste Leverkusen)
dagegen: 36 (OB, 12 CDU, 10 SPD, 7 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, 3 OP, 3 FDP)
Damit ist der
Antrag abgelehnt.
Daraufhin lässt
Frau Bürgermeisterin Bunde über die Erledigung des Antrags Nr. 2023/2031
abstimmen, da es hierzu bereits ein Maßnahmenpaket gibt.
dafür: 35 (OB, 11 CDU, 9 SPD, 7 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, 3 OP, 3 FDP, 1 DIE LINKE)
dagegen: 3 (2 BÜRGERLISTE, 1 Klimaliste Leverkusen)
Abschließend lässt
Frau Bürgermeisterin Bunde über die Vorlage Nr. 2022/1949 abstimmen.
Beschluss:
Wie Vorlage
dagegen: 38 (11 CDU, 10 SPD, 7 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, 2 BÜRGERLISTE, 3 OP, 3 FDP, 1 DIE LINKE, 1 Klimaliste Leverkusen)
Enth.: 1 (OB)
Damit ist die Vorlage
abgelehnt.