Nachtrag: 09.02.2023

Beschluss: einstimmig beschlossen

Die Tagesordnungspunkte 49.1 (Antrag Nr. 2023/2057), 49.2 (Antrag Nr. 2023/2005), 49.3 (Antrag Nr. 2023/2031), und 49.4 (Vorlage Nr. 2022/1949) werden gemeinsam beraten.

 

Herr Oberbürgermeister Richrath gibt folgende Erklärung zu Protokoll:

 

Der Entschluss des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr, die A1/A3 auf Leverkusener Stadtgebiet in Hochlage auszubauen, ist eine Entscheidung gegen die Forderungen der Leverkusener Stadtgesellschaft.

 

Denn Leverkusen fordert vollkommen zu Recht: „Keinen Meter mehr!“

 

Die Kommunikationspanne seitens der Autobahn GmbH, bei der die Entscheidung in der gedruckten Ausgabe der Bürgerzeitung DIALOG veröffentlicht wurde, bevor die Leverkusener Delegation den persönlichen Termin bei Herrn Staatssekretär Luksic wahrnehmen konnte, zeugt von mangelnder Wertschätzung des Ministeriums gegenüber den Wünschen seitens der Stadt Leverkusen.

 

Genau das wurde auch schon bei der Protestbriefübergabe in Berlin im Juni 2022 vermittelt, als niemand die Leverkusener Delegation im Bundesministerium persönlich empfangen hat.

 

Zudem ist die Argumentation der Autobahn GmbH bzw. des Bundesverkehrsministeriums für den Ausbau von A1/A3 in Hochlage vor dem Hintergrund der Planungs- und Entscheidungsergebnisse für eine Rheinspange 553 als Tunnel kaum nachvollziehbar.

 

Dort wurde trotz erheblicher Mehrkosten eine Entscheidung für einen Tunnel gefällt.

 

Bei der Untersuchung von 12 Varianten entschied sich die Autobahn GmbH für die unterirdische Rheinspange „553 Variante V6aT“, deren Kosten auf 1,145 Milliarden Euro geschätzt werden. Dem gegenüber stehen auch oberirdische Brückenbauwerke wie die Variante „V6aB“ mit einer Kostenschätzung in Höhe von 496 Mio. Euro.

 

Basis für die Entscheidungsfindung der nun beschlossenen Rheinspange 553 sind, neben erheblichen Umweltbeeinträchtigungen, auch der Eingriff in die Eigentumsrechte von Privatleuten und Kommunen, etwa im interkommunalen Gewerbegebiet von Niederkassel und Troisdorf.

 

Damit stellt sich umso mehr die Frage, warum diese Argumente beim Ausbau der A1 und A3 auf Leverkusener Stadtgebiet keine Beachtung finden.

 

Unter dem Motto „Keinen Meter mehr!“ kämpft Leverkusen daher:

 

·         Gegen den Flächenfraß in unserer Stadt.

·         Für eine gerechte, ausgewogene Verkehrspolitik und eine weitsichtige, zukunftsfähige Infrastrukturpolitik.

·         Für die Berücksichtigung der Interessen der kommenden Generationen sowie die Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens.

 

Der Argumentation des Bundesverkehrsministeriums, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten, stehen die berechtigten Forderungen der Bürgerinnen und Bürger Leverkusens hinsichtlich Umwelt- und Gesundheitsschutz sowie einer zukunftsfähigen Stadtentwicklung gegenüber.

 

Es ist Verantwortung des Bundes, diese Interessen höher zu werten als die Mehrkosten, die durch einen Ausbau ohne weiteren Flächenverbrauch in Leverkusen entstehen.

 

Für die A1 beläuft sich die Kostenschätzung für die Variante „T01 Tunnel Südversatz“ auf 840 Mio. Euro. Demgegenüber werden für die Variante „H02 Hochlage Südversatz mit Querverschub 473 Mio. Euro“ geschätzt.

 

Die längere Bauzeit des Tunnels von 8 bis 10 Jahren gegenüber 4,5 Jahre, die der Bau der Megastelze dauern soll, ist als Investition in eine lebenswerte Zukunft in Leverkusen zu werten.

 

Dem Argument des Bundesministeriums, dass eine vorzeitige Sperrung des Bauwerks gravierende Folgen auf Verkehr und Wirtschaftsstandort beinhaltet, kann ich nur entgegenhalten, dass die Zeitverzögerung nach Kündigung des Unternehmens PORR beim Bau der Rheinbrücke gänzlich auf Kosten der Stadt Leverkusen geht.

 

Mittlerweile liegen wir hier bei 10 Jahren.

 

Leverkusen kann, will und wird es nicht hinnehmen, dass auf dem Rücken der Stadt aus wirtschaftlichen Gründen eine unzeitgemäße Verkehrspolitik betrieben wird.

 

Leverkusen trägt seit Jahrzehnten eine sehr große Last des innereuropäischen Transportverkehrs.

 

Der Mut der Stadt für innovative und nachhaltige Lösungen hat die Menschen und die Industrie in Leverkusen nach vorne gebracht. Hier müssen wir auch jetzt wieder anknüpfen.

 

Leverkusen ist bereit für einen zukunftsweisenden Infrastrukturausbau, der u.a. innovative Transportsysteme und Digitalisierung berücksichtigt.“

 

Frau Bürgermeisterin Bunde lässt zunächst über den Antrag Nr. 2023/2057 abstimmen.

 

Beschluss:

 

In Bekräftigung und Ergänzung des Beschlusses vom 20.01.2021 zum Antrag Nr. 2021/0348 und dem weiteren Beschluss zu „Keinen Meter mehr!“, Nr. 2021/0954, beschließt der Rat der Stadt Leverkusen:

 

1. Punkt 11 des Beschlusses 2021/0348 wird folgendermaßen ergänzt:

 

a. Um der von den Planern betonten gesellschaftlich notwendigen Entscheidung für die Wirtschaftlichkeit in den Abwägungsentscheidungen argumentativ entgegen treten zu können, wird die Verwaltung beauftragt, unter Zuhilfenahme eines externen Planungs-/Beratungsbüros, die sozio-ökonomischen (Gesundheit etc.) und ökologischen Kosten (Umwelt und Gesellschaft) des Autobahnausbaus in vorhandener Höhenlage zu berechnen und den errechneten Baukosten des Bundesverkehrsministeriums für den oberirdischen und den unterirdischen Ausbau gegenüber zu stellen. Ebenso werden gutachterlich die sozioökonomischen und ökologischen Auswirkungen während der Bauphase der vom Bundesverkehrsministerium und der Autobahn GmbH favorisierten oberirdischen Ausbauvarianten betrachtet.

 

Als Grundlage hierfür können die Methodenkonventionen und Kostensätze von Umweltkosten des Umwelt-Bundesamtes zu den Themen Treibhausgase, Luftschadstoffe, Lärm, Verkehr und Energie dienen.

 

Die Gutachten sind unverzüglich an externe Planungs-/Beratungsbüros in Auftrag zu geben.

 

2. Punkt 4 des Beschlusses Nr. 2021/0348 wird ergänzt und zeitnah umgesetzt:

 

a. Die Rechtsanwaltskanzlei Baumeister wird mit der Akteneinsicht beauftragt. Die Akteneinsicht umfasst alle Unterlagen, die im Rahmen der Planungen des Autobahnausbaus in Leverkusen vorliegen und Grundlage der Entscheidungen über die Vorzugsvarianten im Abschnitt 2 und 3 sind.

 

Hierzu werden mindestens die Akten beim Bundesverkehrsministerium, der Autobahn GmbH, Straßen.NRW und dem Landesverkehrsministerium angefordert.

 

b. Die Ergebnisse sollen dem Rat der Stadt Leverkusen durch die Anwaltskanzlei in einer (öffentlichen) Ratssitzung präsentiert und schriftlich in einer Lesefassung vorgelegt werden.

 

3. Punkt 8 des Beschlusses Nr. 2021/0348 wird in folgender Weise umgesetzt:

 

a. Die Rechtsanwaltskanzlei Baumeister wird beauftragt, eine Klage wegen der Verletzung von Grund- und Verfassungsrechten beim Bundesverfassungsgericht vorzubereiten. Grundlage könnten die Auswirkungen des Autobahnausbaus auf die künftigen Generationen, die Auswirkungen auf den Klimawandel und die vorhandenen Klimaschutzziele und Klimaschutzabkommen sein.

 

b. Weitere Klageoptionen gegen die bisherige Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums zu den Vorzugsvarianten (Organklage oder Klage Einzelner) sind zu prüfen.

 

c. Die Ergebnisse sind dem Rat zeitnah vorzulegen, sodass eine oder mehrere Klagen zeitnah auf Beschluss des Rates erfolgen können.

 

d. Ein oder mehrere Klageverfahren gegen die zu erwartenden Planfeststellungsverfahren werden ebenfalls durch die Rechtsanwaltskanzlei Baumeister vorbereitet.

 

e. Neu aufgenommen wird die juristische Prüfung, ob der singuläre Ersatzneubau des Kreuzungsbauwerkes A1/A3 im Kreuz Leverkusen ab 2024 ohne Planfeststellungsverfahren erfolgen kann. Mögliche Klageoptionen hierzu sind dem Rat zeitnah vorzulegen.

 

- einstimmig -

 

Anschließend lässt Frau Bürgermeisterin Bunde über den Antrag Nr. 2023/2005 abstimmen.

 

Beschluss:

 

Wie Antrag

 

dafür:           4  (2 BÜRGERLISTE, 1 DIE LINKE, 1 Klimaliste Leverkusen)

dagegen:   36  (OB, 12 CDU, 10 SPD, 7 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, 3 OP, 3 FDP)

 

Damit ist der Antrag abgelehnt.

 

Daraufhin lässt Frau Bürgermeisterin Bunde über die Erledigung des Antrags Nr. 2023/2031 abstimmen, da es hierzu bereits ein Maßnahmenpaket gibt.

 

dafür:         35  (OB, 11 CDU, 9 SPD, 7 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, 3 OP, 3 FDP, 1 DIE LINKE)

dagegen:     3  (2 BÜRGERLISTE, 1 Klimaliste Leverkusen)

 

Abschließend lässt Frau Bürgermeisterin Bunde über die Vorlage Nr. 2022/1949 abstimmen.

 

Beschluss:

 

Wie Vorlage

 

dagegen:   38  (11 CDU, 10 SPD, 7 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, 2 BÜRGERLISTE, 3 OP, 3 FDP, 1 DIE LINKE, 1 Klimaliste Leverkusen)

Enth.:           1  (OB)

 

Damit ist die Vorlage abgelehnt.