Betreff
Beteiligung anerkannter Träger der freien Jugendhilfe an der Wahrnehmung anderer Aufgaben (§ 76 SGB VIII)
Vorlage
1315/2011
Aktenzeichen
512-hi
Art
Beschlussvorlage

 

Beschlussentwurf:

 

1.      Die Verwaltung wird beauftragt, mit dem Sozialdienst Kath. Frauen Leverkusen e.V. und dem Sozialdienst Kath. Männer Leverkusen e.V. auf der Grundlage des beigefügten Entwurfes (Anlage 1) eine Vereinbarung über die Beteiligung anerkannter Träger der freien Jugendhilfe an der Wahrnehmung anderer Aufgaben (§ 76 SGB VIII) abzuschließen.

Die beigefügten Qualitätsstandards (Anlage 2) sind Bestandteil der Vereinbarung.

 

2.      Die notwendigen Aufwendungen stehen für 2011 bei dem Produkt 061501, Sachkonto 533400 (Hilfe zur Erziehung) und ab 2012 bei dem Produkt 061502, Sachkonto 533 400 (Amtspflegschaften, Amtsvormundschaften, Beistandschaften) zur Verfügung.

gezeichnet:

Buchhorn                                 Häusler                                                             Adomat

 

Begründung:

 

„Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die ihnen zuvörderst obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.“ (vgl. Art. 6 Abs. 2 GG, § 1 Abs. 1 SGB VIII)

Wenn die Eltern dieser Pflicht nicht oder nicht zum Wohle der Kinder nachkommen, muss der Staat den Schutz der Kinder gewährleisten. Er hat dieses mit Einführung der Vormundschaft in unsere Rechtsordnung getan.

„Ein Minderjähriger erhält einen Vormund, wenn er nicht unter elterlicher Sorge steht oder wenn die Eltern weder in den die Person noch das Vermögen betreffenden Angelegenheiten zur Vertretung des Minderjährigen berechtigt sind.“ ( vgl. § 1773 Abs. 1 BGB)

 

Die Vormundschaft ist dem Elternrecht nachgebildet und orientiert sich an deren Inhalten.

Der Vormund ist ausschließlich dem Wohl des Mündels verpflichtet. Geht man davon aus, dass Minderjährige nur dann einen Vormund erhalten, wenn die Eltern als Sorgerechtsinhaber ausfallen, ist es unerlässlich, dass dem Mündel eine qualifizierte, interessierte, erfahrene Fachkraft als Vormund oder Pfleger zur Verfügung steht.

 

Der Bundestag hat mit Beschluss vom 29.06.11 das Vormundschafts- und Betreuungsrecht geändert. Die Änderung ist in wesentlichen Bestandteilen am 05.07.2011 in Kraft getreten.

 

In der Gesetzesänderung wird festgelegt, dass ein vollzeitbeschäftigter Vormund maximal 50 Vormundschaften und Pflegschaften führen soll, sofern er keine anderen zusätzlichen Aufgaben zu erfüllen hat.

Festgelegt ist in Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Vormundschafts- und Betreuungsrecht auch, dass der Vormund regelmäßig einmal pro Monat persönlich Kontakt zu seinem Mündel zu halten hat.

Ferner ist festgelegt, dass das Kind/der Jugendliche an der Auswahl des Vormunds oder Pflegers bei der Übertragung der Vormundschaft oder Pflegschaft im Vorfeld zu beteiligen ist.

 

Die Aufgaben des Vormundes dürfen nicht durch die Wahrnehmung anderer Aufgaben beeinträchtigt werden. Eine fachliche unabhängige Interessenswahrnehmung ist nach § 1795 Abs. 2 i.V.m. § 181 BGB zu gewährleisten.

Das Führen von Vormundschaften und Pflegschaften durch Mitarbeiter/innen der Verwaltung, die für das Mündel zusätzlich andere Aufgaben wahrnehmen, z.B. die Leistungsgewährung für erzieherische Hilfen im Allgemeinen Sozialdienst, ist daher nicht möglich.

Nach § 55 SGB VIII hat das Jugendamt in der Regel jährlich zu prüfen, ob im Interesse des Kindes oder des Jugendlichen seine Entlassung als Amtspfleger oder Amtsvormund und die Bestellung einer Einzelperson oder eines Vereins angezeigt ist, und dies dem Familiengericht mitzuteilen. Eine Einzelperson –hier ein/e Mitarbeiter/in eines freien Trägers der Jugendhilfe – soll somit vorrangig mit der Übernahme einer Vormundschaft oder Pflegschaft betraut werden.

 

Durch diese gesetzlichen Vorgaben ist es erforderlich, bis auf ad hoc Situationen, Vormundschaften und Pflegschaften für minderjährige Kinder und Jugendliche auf Einzelvormünder/-pfleger außerhalb der Verwaltung zu übertragen.

Der Sozialdienst Kath. Frauen Leverkusen e.V. und der Sozialdienst Kath. Männer Leverkusen e.V. haben bereits seit 2009 diese Aufgaben übernommen. Durch die gesetzlich festgeschriebene Fall- und Kontaktzahl ist ein höherer Personalaufwand erforderlich.

Das Familiengericht erstattet den Trägern pro aufgewendeter Stunde einen Betrag von 33,50 €. Diese Finanzierung ist nicht auskömmlich.

Die Träger erhalten bei den ambulanten erzieherischen Hilfen einen Fachleistungsstundensatz von 55,00 € für eine sozialpädagogische Fachkraft.

Die Stadt Leverkusen erstattet den Trägern auf der Basis der mit den Familiengerichten abgerechneten Stunden pro Mündel den Differenzbetrag zwischen der Vergütung der Justiz (33,50 €/Stunde) und dem derzeit gültigen Fachleistungsstundensatz (55,00 €) für die ambulanten erzieherischen Hilfen in Höhe von 21,50 €/Stunde.

 

Für den Fall, dass sich die Vergütung durch die Familiengerichte erhöht, verringert sich der von der Stadt Leverkusen zu erstattende Anteil entsprechend. Umgekehrt erhöht er sich bei einer Erhöhung des Stundensatzes für die Fachleistungsstunde bei den ambulanten erzieherischen Hilfen.

 

Die kommunalen Spitzenverbände bemühen sich derzeit um eine Klärung, inwieweit sich der Gesetzgeber im Rahmen der Konnexität wegen der Festlegung der Fallobergrenzen und  der Vorgaben zum Umfang der Kontakte an den Kosten für das Führen von Vormundschaften und Pflegschaften beteiligt.

Sofern hier eine Kostenbeteiligung durch den Bund erfolgen würde, würde diese selbstverständlich geltend gemacht.

Schnellübersicht über die finanziellen Auswirkungen der Vorlage Nr. 1315/2011

Beschluss des Finanzausschusses vom 01.02.2010 und Auflage der Kommunalaufsicht vom 26.07.2010

 

Ansprechpartner Frau Hillen/ Fachbereich Kinder und Jugend/ Telefon: 5140

Kurzbeschreibung der Maßnahme und Angaben, ob die Maßnahme durch die Rahmenvorgaben des Leitfadens des Innenministers zum Nothaushaltsrecht abgedeckt ist.

(Angaben zu § 82 GO NRW, Einordnung investiver Maßnahmen in Prioritätenliste etc.) 

 

Führen von Vormundschaften und Pflegschaften auf Beschluss des Familiengerichts

 

Gesetzliche Aufgabe § 1773 Abs. 1 BGB, § 55 Abs. 1 SGB VIII

 

 

A) Etatisiert unter Finanzstelle(n) / Produkt(e)/ Produktgruppe(n):

 (Etatisierung im laufenden Haushalt und mittelfristiger Finanzplanung)

 

Innenauftrag: 510006150103

Produkt 0615

Sachkonto 533400

(Minderausgaben Hilfen zur Erziehung)

 

 

B) Finanzielle Auswirkungen im Jahr der Umsetzung:

(z. B. Personalkosten, Abschreibungen, Zinswirkungen, Sachkosten etc.)          

 

Erstattung nicht gedeckter Personalkosten bei freien Trägern

voraussichtlicher Mittelbedarf in 2011: 25.000 Euro

 

 

C) Finanzielle Folgeauswirkungen ab dem Folgejahr der Umsetzung:            

(überschlägige Darstellung pro Jahr)                                              

 

Ab 2012

Innenauftrag 510006150201

Produkt 0615

Sachkonto 533400

Jährlicher Bedarf voraussichtlich 250.000 Euro

 

 

D) Besonderheiten (ggf. unter Hinweis auf die Begründung zur Vorlage):

(z. B.: Inanspruchnahme aus Rückstellungen, Refinanzierung über Gebühren, unsichere Zuschusssituation, Genehmigung der Aufsicht, Überschreitung der Haushaltsansätze, steuerliche Auswirkungen, Anlagen im Bau, Auswirkungen auf den Gesamtabschluss)

 

Die kommunalen Spitzenverbände bemühen sich derzeit um eine Klärung, inwieweit sich der Gesetzgeber im Rahmen der Konnexität wegen der Festlegung der Fallobergrenzen und  der Vorgaben zum Umfang der Kontakte an den Kosten für das Führen von Vormundschaften und Pflegschaften beteiligt.

Sofern hier eine Kostenbeteiligung durch den Bund erfolgen würde, würde diese selbstverständlich geltend gemacht.