Betreff
Erlass eines öffentlichen Betrauungsaktes für das Gesamtunternehmen Klinikum Leverkusen nach dem sogenannten Almunia-Paket (Artikel 107 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union)
Vorlage
2598/2014
Aktenzeichen
201-01-06-08-ma
Art
Beschlussvorlage

 

Beschlussentwurf:

 

1. Der Rat der Stadt betraut das Gesamtunternehmen Klinikum Leverkusen - bestehend aus der Klinikum Leverkusen gGmbH, der Klinikum Leverkusen Service gGmbH, der MVZ Leverkusen gGmbH sowie der Physio-Centrum MEDILEV GmbH - durch den als Anlage 1 beigefügten öffentlichen Betrauungsakt mit den dort beschriebenen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse für die Dauer von zehn Jahren.

 

Dieser Beschluss erfolgt unter Beachtung der im sogenannten Almunia-Paket der Europäischen Kommission aufgeführten Kriterien für kommunale Ausgleichszahlungen und sonstige Begünstigungen an Unternehmen mit Gemeinwohlverpflichtungen. Der Betrauungsakt wird befristet auf einen Zeitraum von zehn Jahren. Er kann jedoch bereits vor Ablauf dieser Zeit jederzeit durch gesonderten Beschluss des Rates beendet werden.

 

2. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, alle in Verbindung mit dem Beschluss des Betrauungsaktes erforderlichen Regelungen zu treffen bzw. Verträge vorzubereiten, insbesondere das Anzeigeverfahren nach § 115 Abs. 1 GO NRW sowie formale Änderungen, die den materiellen Inhalt nicht berühren, vorzunehmen.

 

 

gezeichnet:

                                                           In Vertretung

Buchhorn                                           Stein

Begründung:

 

Der Betrauungsakt dient dazu, der Klinikum Leverkusen gGmbH und der Klinikum Leverkusen Service gGmbH für zukünftige Darlehensaufnahmen – sei es im Rahmen der Prolongation von Altdarlehen oder aber für die Aufnahme neuer Investitionskredite – günstige Zinskonditionen durch städtische Bürgschaften zu verschaffen.

 

Nach § 4 Krankenhausfinanzierungsgesetz werden Krankenhäuser dadurch wirtschaftlich gesichert, dass

 

1. ihre Investitionskosten im Wege öffentlicher Förderung übernommen werden und sie

 

2. leistungsgerechte Erlöse aus den Pflegesätzen, die nach Maßgabe dieses Gesetzes auch Investitionskosten enthalten können, sowie Vergütungen für vor- und nachstationäre Behandlung und für ambulantes Operieren erhalten.

 

Seit Jahren werden Investitionen von Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen nur unzureichend gefördert. Die Baupauschale nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Krankenhausgestaltungsgesetz Nordrhein-Westfalen (KHGG NRW) ist für den Kapitaldienst laufender und künftiger Baumaßnahmen vollständig verplant. Die zusätzlichen, notwendigen Investitionen können vom Klinikum daher nur über die Aufnahmen von Krediten finanziert werden, die derzeit und voraussichtlich künftig aus Mitteln des Klinikums refinanziert werden müssen. Um am Markt beste Kreditkonditionen erhalten zu können, benötigt das Klinikum Leverkusen eine städtische Bürgschaft für die aus eigenen Mitteln zu finanzierenden Investitionen, aber auch für die zur Prolongation anstehenden Altdarlehen.

 

Für Krankenhäuser in öffentlicher bzw. kommunaler Trägerschaft – wie die Klinikum Leverkusen gGmbH – sind alle von ihrem Träger bzw. vom „Staat“ gewährten geldwerten Vorteile, wie z.B. auch die Übernahme von Bürgschaften, beihilferelevante Vorgänge im Sinne des EU-Wettbewerbsrechts.

 

Die Gewährung solcher geldwerter Vorteile sind nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig und unterliegen grundsätzlich sowohl der Notifizierungspflicht, d. h. die Beihilfen sind vor ihrer Gewährung bei der EU-Kommission anzumelden, als auch dem Durchführungsverbot, d. h. vor einer abschließenden Entscheidung der EU-Kommission darf eine Beihilfe nicht gewährt werden.

 

Die EU-Kommission hatte im November 2005 mit dem sogenannten „Monti-Paket“ ein Maßnahmenpaket zum europäischen Beihilferecht veröffentlicht, durch das u. a. staatliche bzw. kommunale Ausgleichszahlungen und sonstige Begünstigungen an Unternehmen mit Gemeinwohlverpflichtung erleichtert werden sollten. Mit dem sogenannten „Almunia-Paket“ vom 20.12.2011 hat die EU-Kommission die beihilferechtlichen Vorschriften betreffend die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interessen (sog. „DAWI-Leistungen“) reformiert.

 

Grundlegend sind der Beschluss 2012/21/EU der Kommission über die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, K(2011) 9380, ABl. EU Nr. L7 vom 11.01.2012, sog. Freistellungsbeschluss. Daneben gilt der Rahmen der Europäischen Union für staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen (2011), K (2911) 9406, ABl. EU Nr. C8 vom 11.01.2012. Zuletzt ist die Richtlinie 2006/111/EG der Kommission vom 17. November 2006 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen (ABl. EU Nr. L 318/17 vom 17. November 2006), sog. Transparenzrichtlinie zu beachten.

 

Auf der Grundlage der vorstehenden Entscheidungen hat die EU-Kommission Kriterien aufgestellt, wann es sich bei diesen Ausgleichszahlungen um mit dem Europarecht in Einklang zu bringende Zuwendungen handelt. Im Bereich der Krankenhäuser wird so unter bestimmten Bedingungen eine beihilfeunschädliche Ausgestaltung von Leistungen der öffentlichen Hand an deren Krankenhäuser ermöglicht, soweit diese Leistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (= Leistungen der Daseinsvorsorge) erbringen.

 

Insbesondere sind folgende Kriterien zu erfüllen, um eine Beihilfeunschädlichkeit herzustellen:

 

 

·        Rechtsverbindliche Festlegung der zu erfüllenden Daseinsvorsorge-Aufgabe in einem Betrauungsakt, wobei der Betrauungsakt obligatorisch auf den Freistellungsbeschluss der Kommission verweisen muss 

 

·        Objektive Festschreibung der Kostenparameter

 

·        Beachtung des Verbots der Überkompensation, wobei die beihilfegewährende Stelle regelmäßig Überkompensationskontrollen durchführen muss, mindestens alle drei Jahre sowie am Ende des Betrauungszeitraumes

 

·        Zeitliche Beschränkung der Beauftragung auf zunächst zehn Jahre

 

·        Bei Ausgleichsleistungen von mehr als 15 Mio. EUR an Unternehmen, die neben DAWI-Leistungen noch andere Tätigkeiten ausüben, sind die beihilfegewährenden Stellen zur Veröffentlichung im Internet oder in sonstiger Weise verpflichtet.

 

Gemäß § 1 Abs. 3 des Krankenhausgesetzes Nordrhein-Westfalen (KHG NRW) obliegt der Stadt Leverkusen die Sicherung der Krankenhausversorgung in ihrem Gebiet (Sicherstellungsauftrag).

 

In der Satzung des Klinikums Leverkusen ist als Ziel des Unternehmens der Betrieb von Einrichtungen der Gesundheitsförderung sowie die Beteiligung an solchen Einrichtungen, insbesondere der Betrieb des Klinikums als Krankenhaus der regionalen Spitzenversorgung mit Einrichtungen für eine hochdifferenzierte Diagnostik und Therapie im Rahmen des Krankenhausrahmenplanes Nordrhein-Westfalen festgeschrieben.

 

Das Klinikum Leverkusen ist weiterhin

 

o       eine gemeinnützige GmbH. Die Gesellschaft verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts „steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung. Das Klinikum Leverkusen ist mithin selbstlos tätig und verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke;

 

o       im Krankenhausrahmenplan des Landes NRW als Krankenhaus der Spitzenversorgung aufgenommen.

 

Zur ordnungsgemäßen Durchführung des Versorgungsauftrags erbringt das Klinikum Leverkusen diverse Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. Diese sind in dem anliegenden Betrauungsakt in § 2 Abs. 3 näher beschrieben. 

 

Diese Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse werden auf der Grundlage der sich aus der Aufnahme der Krankenhäuser in den Krankenhausrahmenplan des Landes NRW ergebenden Rechte und Pflichten erbracht.

 

Das Klinikum Leverkusen erbringt diese genannten Dienstleistungen aufgrund seiner gesellschaftlichen Verpflichtung als Bestandteil der Daseinsfürsorge in einem Umfang, den ein rein „privater“ –  sprich rein wirtschaftlich und auf Gewinnerzielung ausgerichteter – Eigentümer nicht betreiben würde.

 

Zur weiteren Erhöhung der Transparenz und zur Umsetzung der neuen rechtlichen Vorgaben der EU-Kommission sollte die Betrauung in einem einheitlichen Dokument zusammengefasst werden. Darüber hinaus ist die Betrauung zunächst auf zehn Jahre zu beschränken. Nach deren Ablauf kann aber über eine Verlängerung entschieden werden.

 

Entsprechend wird der Beschluss des beigefügten Betrauungsaktes in einem klarstellenden Sinne empfohlen.

 

Soweit die Kommunalaufsicht keine Bedenken gegen diese Vorgehensweise erhebt, wird der Betrauungsakt nach entsprechender Beschlussfassung im Aufsichtsrat des Klinikums wirksam.

 

Schnellübersicht über die finanziellen Auswirkungen der Vorlage Nr.  2598/2014

Beschluss des Finanzausschusses vom 01.02.2010 und Auflage der Kommunalaufsicht vom 26.07.2010

 

Ansprechpartner / Fachbereich / Telefon: Herr Malek, FB Finanzen, 2044

Kurzbeschreibung der Maßnahme und Angaben, ob die Maßnahme durch die Rahmenvorgaben des Leitfadens des Innenministers zum Nothaushaltsrecht abgedeckt ist.

(Angaben zu § 82 GO NRW, Einordnung investiver Maßnahmen in Prioritätenliste etc.) 

 

 

A) Etatisiert unter Finanzstelle(n) / Produkt(e)/ Produktgruppe(n):

 (Etatisierung im laufenden Haushalt und mittelfristiger Finanzplanung)

 

s. Begründung

 

 

B) Finanzielle Auswirkungen im Jahr der Umsetzung:

(z. B. Personalkosten, Abschreibungen, Zinswirkungen, Sachkosten etc.)          

 

s. Begründung

 

 

C) Finanzielle Folgeauswirkungen ab dem Folgejahr der Umsetzung:            

(überschlägige Darstellung pro Jahr)                                              

 

s. Begründung

 

 

D) Besonderheiten (ggf. unter Hinweis auf die Begründung zur Vorlage):

(z. B.: Inanspruchnahme aus Rückstellungen, Refinanzierung über Gebühren, unsichere Zuschusssituation, Genehmigung der Aufsicht, Überschreitung der Haushaltsansätze, steuerliche Auswirkungen, Anlagen im Bau, Auswirkungen auf den Gesamtabschluss)

 

s. Begründung

 

 

Begründung der einfachen Dringlichkeit:

 

Die Vorlage konnte erst nach Fertigstellung des Betrauungsaktes zu Beginn der 5. Kalenderwoche erstellt werden. Damit die Geschäftsführung des Klinikums die Kreditaufnahme für die Investitionen des Wirtschaftsplanes 2014 sowie die Prolongation von Altdarlehen ohne zeitliche Verzögerungen einleiten kann, ist eine Beschlussfassung in der anstehenden Ratssitzung notwendig, zumal darüber hinaus im Anschluss an den Ratsbeschluss eine Anzeige bei der Bezirksregierung Köln erforderlich ist.