Betreff
Unterbringung von Flüchtlingen in Leverkusen
Vorlage
2015/0700
Art
Beschlussvorlage

 

Beschlussentwurf:

 

1.    Der Rat nimmt die sich derzeit in Prüfung befindenden Standorte zur Unterbringung von Flüchtlingen zur Kenntnis (Anlage 1).

 

2.    Der Rat beauftragt die Verwaltung, den unter Punkt 1 in der Begründung aufgezeigten Standort an der Stöckenstraße zur temporären Unterbringung von Flüchtlingen zu prüfen und bei Vorlage eines positiven Prüfergebnisses umzusetzen.

 

3.    Der Rat beauftragt die Verwaltung, die Errichtung einer Zeltstadt des Landes Nordrhein-Westfalen am Standort „Dhünnberg“ mit der Bezirksregierung Köln abzustimmen und umzusetzen.

 

 

gezeichnet:

 

                            In Vertretung       In Vertretung       In Vertretung       In Vertretung

 

 

Buchhorn          Stein                     Märtens                Adomat                 Deppe

Begründung:

 

 

Ausgangslage

 

Aufgrund der neuesten Prognosen des Innenministeriums sowie des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ist für Deutschland im Jahr 2015 mit der Aufnahme von rd. 800.000 Flüchtlingen zu rechnen.

 

Die bisherigen Prognosen beliefen sich auf rund 450.000 Menschen. Diese Prognose stellte auch eine Korrektur der ursprünglichen Schätzung aus 12/2014 (250.000 Flüchtlinge) dar. Für Leverkusen ergeben sich basierend auf den entsprechenden Prognosen die nachfolgenden Unterbringungsbedarfe:

 

Bundesrepublik Deutschland:               Stadt Leverkusen:

 

250.000 Flüchtlinge                                                   451 Flüchtlinge

 

450.000 Flüchtlinge                                                   811 Flüchtlinge

 

800.000 Flüchtlinge                                                1.442 Flüchtlinge

 

Die Verwaltung hat ihre Planungen auf Grundlage von 450.000 Flüchtlingen abgestellt. Mit planmäßiger Inbetriebnahme der beschlossenen Einrichtungen wäre der Bedarf bis Ende 2015 sichergestellt gewesen. Durch die neue Prognose entsteht ein Fehlangebot von rd. 600 Plätzen.

 

Im Hinblick auf die neue offizielle Prognose und die Erfahrungen seit dem 01.01.2015 ist es unvermeidlich, weitere Standorte zur Unterbringung von Flüchtlingen herzurichten. Die bereits beschlossenen Maßnahmen können den gestiegenen Bedarf nicht abdecken.

 

Mit einer kurzfristigen Entspannung der Unterbringungssituation ist in absehbarer Zeit nicht zu rechnen.

 

Es werden durch die Realisierung der bis jetzt beschlossenen Containeranlagen bis zum Mai 2016 zusätzliche 690 Plätze geschaffen, jedoch reichen diese – nach derzeitigem Kenntnisstand - bei weitem nicht aus. Verschärft wird diese Entwicklung durch die Aufgabe von 216 Plätzen in der Notunterkunft Görresstraße bis Oktober 2015 sowie weiteren temporären Notunterkünften (Düsseldorfer Straße, Geschwister-Scholl-Straße).

 

Grundsätzlich ist daher festzuhalten, dass der für das Jahr 2015 erforderliche Unterbringungsbedarf nur durch größere Maßnahmen gedeckt und sichergestellt werden kann. Die im Beschlusspunkt 3 vorgeschlagene Verfahrensweise, der Errichtung einer Zeltstadt auf dem Gelände des ehemaligen Freibades Auermühle, ist die seitens der Verwaltung favorisierte Vorgehensweise.

 

Sollte diese Maßnahme nicht realisiert werden, ist die Bereitstellung entsprechender Platzkontingente anderweitig sicherzustellen.

 

Die intensiven Prüfungen von Bestandsgebäuden und der erforderliche Realisierungszeitraum von neuen Gemeinschaftseinrichtungen können der Dynamik der derzeitigen Zuweisungen, trotz aller Fokussierung auf die Thematik, nicht adäquat begegnen. Sollte die Maßnahme in Zusammenarbeit mit dem Land NRW nicht realisiert werden, wäre es erforderlich, eine entsprechende Einrichtung durch die Stadt Leverkusen zu realisieren oder andernfalls auf andere städtische Gebäude als temporäre Notfallunterbringung zurückzugreifen.

 

 

1. Maßnahmen zur Sicherstellung des Unterbringungsbedarfs in Leverkusen im

     Jahr 2015

 

Schaffung von weiteren Notunterkünften:

 

Die Verwaltung geht derzeit von einem Aufnahmebedarf von rund 1500 Flüchtlingen im Jahr 2015 aus. Um die erforderlichen Unterbringungskapazitäten – auch zur zwingenden Entlastung der bestehenden Gemeinschaftsunterkünfte – zu schaffen, sind weitere Maßnahmen zu realisieren. Dies soll zum einen durch die Schaffung einer weiteren Notfalleinrichtung in einem Bestandsgebäude realisiert werden und darüber hinaus über die Errichtung einer Zeltstadt (siehe Beschlusspunkt 3).

 

Standort

 

Stadtteil

Unterbringungsart und Kapazität

Stöckenstraße

Privates Gebäude

 

Hitdorf

Temporäre Hallennutzung

rd. 100 Personen

kurzfristig

 

 

Errichtung von Wohnbauten sowie Anmietungen:

 

Geplant ist, dass der neu entstehende Wohnungsbau zunächst ausschließlich bzw. teilweise für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt wird und nach dem jeweils erforderlichen Zeitraum (ggf. als geförderter Wohnungsbau) dem preiswerten Wohnungsmarkt zur Verfügung gestellt wird.

 

Darüber hinaus sind größere Anmietungen beabsichtigt. Hierbei handelt es sich um meist seit längerem leer stehende Wohn- oder Gewerbeobjekte. Diese können nach Durchführung einer Sanierung als Unterkünfte genutzt werden.

 

Auch kleinere Anmietungen (Einfamilienhäuser oder Wohnungen) werden intensiv geprüft. Die Verwaltung nimmt laufend Angebote von Firmen, karitativen Einrichtungen und Privatpersonen entgegen.

 

Die aktuell neu dazugekommenen Standorte sind der dieser Vorlage als Anlage 1 beigefügten Liste zu entnehmen. Die „in Prüfung“ befindlichen Vorhaben werden derzeit baurechtlich und bautechnisch geprüft bzw. es werden hierzu Verhandlungen über die Mietkonditionen geführt. Die „noch zu prüfenden“ Vorhaben wurden der Stadt angeboten und wurden noch nicht weiter geprüft.

 

 

2. Zeltstadt des Landes NRW

 

2.1. Historie

 

Auf Grund einer Anfrage von Herrn Steitz, stellv. Regierungspräsident, wurde die Thematik „Errichtung einer Zeltstadt des Landes NRW“ in Leverkusen thematisiert.

 

Bei einer Zeltstadt des Landes handelt es sich um eine vom Land betriebene Aufnahmeeinrichtung, welche temporär für einige Monate die Aufnahme von Flüchtlingen ermöglicht.

 

Bei einer Realisierung einer Zeltstadt des Landes NRW in der Stadt Leverkusen würden diese Plätze auf die Zuweisungsquote der Stadt Leverkusen angerechnet. Das Land NRW plant für eine Zeltstadt üblicherweise eine Kapazität von mind. 300 Plätzen.

 

Damit könnte zunächst ein Teil der Unterbringungsverpflichtung der Stadt Leverkusen für einen Zeitraum von mehreren Monaten abgedeckt werden.

 

Im Falle der Realisierung würde durch die Stadt Leverkusen lediglich das Grundstück zur Verfügung gestellt werden. Die bauliche Umsetzung sowie den Betrieb der Einrichtung übernimmt das Land Nordrhein-Westfalen.

 

Zunächst ist von einer Betriebszeit von 6 Monaten auszugehen.

 

 

2.2 Potentialflächen

 

Die Verwaltung hat eine Prüfung vorgenommen, welche Flächen im Stadtgebiet grundsätzlich als Standort für die Zeltstadt des Landes geeignet sein könnten. Ausgehend von einer Zeltstadt mit mindestens 300 Plätzen und orientiert an der vom Land und der Bezirksregierung vorgegebenen Mindestgröße, wird ein Flächenbedarf von rd. 6.000 m² zu Grunde gelegt. Die Flächengröße sowie eine potentielle baurechtliche Realisierbarkeit sind Grundvoraussetzungen, um in eine Detailprüfung einzusteigen.

 

Aufgrund der verfügbaren Flächenpotentiale und vorliegenden einschränkenden Rahmenbedingungen (Seveso II, Natur- und Landschaftsschutz etc.), sind die möglichen Potentialflächen stark begrenzt. Die Entscheidungsfindung ist daher in diesem Aspekt sehr reduziert.

 

Verfügbare Standorte für eine Zeltstadt mit planungsrechtlicher Zulässigkeit sind nur wenige vorhanden und besitzen einige Nachteile:

 

1)     Sportplatz der Montanus-Realschule in Steinbüchel (geringe Größe, schlechte

      Zugänglichkeit)

 

2)     Sportplatz Heinrich-Lübke-Straße/Von-Knoeringen-Straße

      (derzeit noch kein Planungsrecht )

 

3) Gelände des ehemaligen Freibades Auermühle.

 

Nach Prüfung der einzelnen Standorte nach städtebaulichen und sonstigen Kriterien empfiehlt die Verwaltung den Standort „Dhünnberg – ehemaliges Freibad Auermühle“ für die Errichtung einer temporären Zeltstadt des Landes NRW.

 

Allerdings würde dies die Aussetzung des zurzeit in Vorbereitung befindlichen städtebaulichen Realisierungswettbewerbs zur Nachfolgenutzung des brachliegenden Areals nach sich ziehen.

 

Für den Standort einer Zeltstadt auf dem Gelände der ehemaligen Freibades Auermühle sprechen folgende Gründe:

 

a)     der Standort ist zur Zeit ungenutzt, befindet sich in städtischem Eigentum und

      steht sofort zur Verfügung

b)     er besitzt eine mehr als ausreichende Größe von rd. 1,6 ha

c)     er ist erschlossen, die Ver- u. Entsorgungsleitungen u. die Straßenanbindung sind

      vorhanden

d)     er liegt in fußläufiger Entfernung zum Schlebuscher Zentrum.

 

Die Fläche bietet eine Unterbringungskapazität von rd. 400 Plätzen (siehe auch Anlage 2). Die Ver- und Entsorgung des Gebietes wird über die vorhandene Infrastruktur gewährleistet.

 

Im Falle eines positiven Beschlusses des Rates werden seitens der Verwaltung die konkreten Details zur Errichtung einer Zeltstadt am Standort „Dhünnberg – ehemaliges Freibad Auermühle“ mit der Bezirksregierung Köln abgestimmt und umgesetzt.

 

Zu den in diesem Zusammenhang weiteren einzuleitenden wichtigen ergänzenden Maßnahmen gehören die Information der Öffentlichkeit sowie die weitere Einbindung der lokalen Interessenvertretungen wie insbesondere der Flüchtlingsrat und der Integrationsrat.

 

 

2.3 Finanzielle Auswirkungen einer Zeltstadt des Landes NRW

 

Der Stadt Leverkusen entstehen für die Errichtung und den Betrieb der Zeltstadt keine Kosten. Ab der Inbetriebnahme einer Zeltstadt erfolgt eine Anrechnung der geschaffenen Platzzahlen.

 

 

2.4 Kinder-, Jugend- und schulische Aspekte

 

Kinder, die jünger als sechs Jahre alt sind, besuchen während ihres Aufenthaltes in einer Notunterkunft (Zeltstadt) nicht die Kindertageseinrichtungen in der Kommune. Das Land organisiert eine Kinderbetreuung in der Unterkunft. Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis achtzehn Jahren, die in einer Zeltstadt des Landes untergebracht sind, besuchen nicht die Schulen der Kommune am Standort. Nach § 34 Abs. 6 Schulgesetz NRW setzt die Schulpflicht erst nach Zuweisung in eine Gemeinde ein.

 

Unbegleitete Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf Leistungen der Jugendhilfe.

 

Schnellübersicht über die finanziellen Auswirkungen (Beschluss des Finanzausschusses vom 01.02.2010 und Auflage der Kommunalaufsicht vom 26.07.2010), die beabsichtigte Bürgerbeteiligung und die Nachhaltigkeit der Vorlage

 

Ansprechpartner / Fachbereich / Telefon: Renate Helff / Stabsstelle Unterbringung Flüchtlinge / 34 00

Kurzbeschreibung der Maßnahme und Angaben, ob die Maßnahme durch die Rahmenvorgaben des Leitfadens des Innenministers zum Nothaushaltsrecht abgedeckt ist.

(Angaben zu § 82 GO NRW, Einordnung investiver Maßnahmen in Prioritätenliste etc.)

 

Maßnahmen zur Unterbringung von Flüchtlingen in Leverkusen

 

 

A) Etatisiert unter Finanzstelle(n) / Produkt(e)/ Produktgruppe(n):

 (Etatisierung im laufenden Haushalt und mittelfristiger Finanzplanung)

 

Die mit der Bereitstellung und Betreuung der Unterkünfte verbundenen Aufwendungen sind Bestandteil des Haushaltsplans 2015 bzw. werden, bei weiteren Kostensteigerungen, im Rahmen der haushalterechtlichen Bewirtschaftung zur Verfügung gestellt.

 

Für den Haushalt 2016 werden Aufwand und Ertrag im Zusammenhang mit dem Thema „Flüchtlinge“ mit einer völlig neuen und präzise ausdifferenzierten Systematik dargestellt, die derzeit in der abschließenden Erarbeitung ist und dem am 02.11.2015 einzubringenden Haushaltsentwurf im Einzelnen zu entnehmen sein wird.

 

 

B) Finanzielle Auswirkungen im Jahr der Umsetzung:

(z. B. Personalkosten, Abschreibungen, Zinswirkungen, Sachkosten etc.)           

 

Die finanziellen Auswirkungen der unter Ziffer 1 des Beschlussvorschlags beschriebenen Maßnahme hängen von dem konkreten Verhandlungsergebnis mit dem Vermieter ab. Die unter Ziffer 2 des Beschlussvorschlags beschriebene Maßnahme ist durch das Land zu finanzieren.

 

 

C) Finanzielle Folgeauswirkungen ab dem Folgejahr der Umsetzung:            

(überschlägige Darstellung pro Jahr)                                              

 

Die Folgeauswirkungen hinsichtlich einer möglichen Notunterkunft (Zeltstadt) des Landes NRW können nicht abschließend beziffert werden, da diese insbesondere vom Verhandlungsverlauf mit dem Land abhängen. Einer Entlastung aufgrund einer erheblichen Reduzierung ansonsten zu tätigender Aufwendungen für die Alimentation, Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen in Höhe von ca. 760 € pro Person /Monat (d. h. beispielsweise bei 400 Plätzen: rd. 300.000 € / Monat) steht eine Verzögerung der Entwicklung des ehemaligen Freibadgeländes gegenüber.

Letztlich führt es aber zu einer erheblichen Entlastung des Haushalts.

 

 

D) Besonderheiten (ggf. unter Hinweis auf die Begründung zur Vorlage):

(z. B.: Inanspruchnahme aus Rückstellungen, Refinanzierung über Gebühren, unsichere Zuschusssituation, Genehmigung der Aufsicht, Überschreitung der Haushaltsansätze, steuerliche Auswirkungen, Anlagen im Bau, Auswirkungen auf den Gesamtabschluss)

 

 

E) Beabsichtigte Bürgerbeteiligung (vgl. Vorlage Nr. 2014/0111):

 

Weitergehende Bürgerbeteiligung erforderlich

 

Stufe 1

Information

Stufe 2

Konsultation

 

Stufe 3

Kooperation

 

ja

ja

nein

nein

Beschreibung und Begründung des Verfahrens: (u. a. Art, Zeitrahmen, Zielgruppe und Kosten des Bürgerbeteiligungsverfahrens)

 

Die Öffentlichkeitsbeteiligung findet in Form von Informationsveranstaltungen statt, in welchen u. a. die allgemeine Flüchtlingsproblematik, die rechtlichen Rahmenbedingungen und der jeweilige geplante Standort zur Unterbringung von Flüchtlingen erläutert wird. Hier ist es möglich, Anregungen und Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten sowie sich für integrative Maßnahmen anzubieten.

 

 

 

F) Nachhaltigkeit der Maßnahme im Sinne des Klimaschutzes:

 

Klimaschutz betroffen

keine

Nachhaltigkeit

 

kurz- bis

mittelfristige Nachhaltigkeit

 

langfristige Nachhaltigkeit

 

ja

ja

nein

nein

 

 

Begründung der besonderen Dringlichkeit:

 

Mit Blick auf die nunmehr prognostizierten, steigenden Flüchtlingszahlen für Leverkusen sowie die damit einhergehenden Anforderungen für die Verwaltung ist eine Beschlussfassung der Vorlage noch im September 2015 erforderlich.