Beschlussentwurf:
Der Rat nimmt den Bericht der Verwaltung zu Stand und weiteren
Perspektiven des Haushaltssanierungsplans (HSP) zur Kenntnis und beauftragt die
Verwaltung, bei der Aufstellung des Haushalts 2017 / Fortschreibung HSP 2017 ff.
wie in der Begründung im Einzelnen beschrieben vorzugehen.
gezeichnet:
In Vertretung
Richrath Stein
Begründung:
Die Entwicklung der Finanzlage der Stadt Leverkusen und die
gleichzeitige Notwendigkeit, die Genehmigungsfähigkeit des
Haushaltssanierungsplans (HSP) nachhaltig zu sichern, veranlassen
Oberbürgermeister und Stadtkämmerer, dem Rat die nachfolgenden Informationen
und Handlungsnotwendigkeiten vorzulegen.
1.
Grundsätzliches zum Stärkungspakt Stadtfinanzen
Mit dem Gesetz zur Unterstützung der kommunalen Haushaltskonsolidierung
im Rahmen des Stärkungspakts Stadtfinanzen (Stärkungspaktgesetz) hat das Land
NRW für die Jahre 2011 bis 2020 Gemeinden in einer besonders schwierigen
Haushaltssituation Konsolidierungshilfen zur Verfügung gestellt. Die Kommunen
in ihrer Gesamtheit beteiligen sich an der Finanzierung der
Konsolidierungshilfen. Ziel ist es, den Gemeinden in einer besonders
schwierigen Haushaltssituation den nachhaltigen Haushaltsausgleich zu
ermöglichen.
In den Jahren 2011 bis 2020 wurden bzw. werden jeweils 350 Mio. € pro
Jahr bereitgestellt. Zusätzlich wurden bzw. werden 65 Mio. € im Jahr 2012, 115
Mio. € im Jahr 2013 und jeweils 310 Mio. € ab dem Jahr 2014 bis zum Jahr 2020
bereitgestellt (Komplementärmittel aus dem Gemeindefinanzierungsgesetz).
Für Gemeinden, aus deren Haushaltssatzung mit ihren Anlagen für das Jahr
2010 sich im Jahr 2010 oder in der mittelfristigen Ergebnisplanung für die
Jahre 2011 bis 2013 eine Überschuldungssituation ergab, war die Teilnahme an
der Konsolidierungshilfe verpflichtend (pflichtig teilnehmende Gemeinden).
Gemeinden, deren Haushaltsdaten des Jahres 2010 den Eintritt der
Überschuldung in den Jahren 2014 bis 2016 erwarten ließen, konnten eine
Konsolidierungshilfe bis zum 31. März 2012 bei der Bezirksregierung beantragen
(auf Antrag teilnehmende Gemeinden). Die Stadt Leverkusen, die seinerzeit zu
der letztgenannten Gruppe gehörte, hat hiervon Gebrauch gemacht und nimmt seit
2012 freiwillig am Stärkungspakt teil.
Da seither stets genehmigungsfähige Haushaltssanierungspläne und
testierte Jahresabschlüsse vorgelegt werden konnten, erfolgten die bisherigen
Zahlungen der Stärkungspaktmittel planmäßig:
2012: 2.687.792,78 €
2013: 4.287.632,15 €
2014: 11.057.527,71 €
2015: 11.057.550,00 €
Für die Folgejahre sind etatisiert
2016: 11.057.550,00 €
2017: 11.057.550,00 €
2018: 11.057.550,00 €
2019: 7.370.000,00 €
2020: 3.680.000,00 €
Die am Stärkungspakt teilnehmenden Gemeinden müssen der Bezirksregierung
jährlich einen vom Rat beschlossenen Haushaltssanierungsplan vorlegen. Im
Haushaltssanierungsplan muss der Haushaltsausgleich gemäß § 75 Absatz 2 GO NRW unter
Einbeziehung der Konsolidierungshilfe zum nächstmöglichen Zeitpunkt und von
diesem Zeitpunkt an jährlich, bei auf Antrag teilnehmenden Gemeinden in der
Regel spätestens ab dem Jahr 2018, erreicht werden. Der Haushaltssanierungsplan
muss das Erreichen des Haushaltsausgleichs in gleichmäßigen jährlichen
Schritten darstellen.
Die Einhaltung des Haushaltssanierungsplans wird von der
Bezirksregierung überwacht. Die Bezirksregierung legt dem für Kommunales
zuständigen Ministerium jährlich zum Stand 30. Juni einen Bericht über die
Einhaltung des Haushaltssanierungsplans vor.
Kommt die Gemeinde ihrer Pflicht zur Vorlage des
Haushaltssanierungsplans nicht nach, weicht sie vom Haushaltssanierungsplan ab
oder werden dessen Ziele aus anderen Gründen nicht erreicht, setzt die
Bezirksregierung der Gemeinde eine angemessene Frist, in deren Lauf die
Maßnahmen zu treffen sind, die notwendig sind, um die Vorgaben des
Stärkungspaktgesetzes und die Ziele des Haushaltssanierungsplans einzuhalten.
Sofern die Gemeinde diese Maßnahmen innerhalb der gesetzten Frist nicht
ergreift, ist durch das für Kommunales zuständige Ministerium (MIK) ein
Beauftragter gemäß § 124 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen
zu bestellen. Dieser tritt an die Stelle des Rates und trifft die zur
Erreichung des Haushaltsausgleichs notwendigen Entscheidungen. Die Bestellung
des staatlichen Beauftragten steht nicht im Ermessen des MIK, sondern ist
zwingende Rechtsfolge des Nichtvorliegens eines nicht genehmigungsfähigen HSP.
Solange kein genehmigter HSP vorliegt, unterliegt die städtische
Haushaltswirtschaft strengen Restriktionen:
·
Neue investive Maßnahmen dürfen nach § 82 GO NRW
nur dann begonnen werden, wenn ein genehmigter HSP vorliegt. Bereits
vorliegende Planungen allein sind kein Maßnahmebeginn im Rechtssinne.
·
Zuschussbescheide der Bezirksregierung können nicht
erlassen werden. Diese bedürfen neben der Bewilligung durch das Fachdezernat
der Bezirksregierung stets der Freigabe durch die Kommunalaufsichtsabteilung.
Diese wiederum ist gehalten, die HSP-Genehmigung zur Voraussetzung ihrer
Zustimmung zu machen.
·
In der Zeit vor dem Stärkungspaktgesetz gab es in
den sogenannten „Duldungsverfügungen“ der Bezirksregierung in einem bestimmten
Rahmen die Freigabe von freiwilligen konsumtiven Ausgaben. Der dies
ermöglichende Duldungserlass wurde jedoch zwischenzeitlich ersatzlos
aufgehoben, so dass es hierfür keine Rechtsgrundlage mehr gibt. Es dürfen also
ohne HSP-Genehmigung ausnahmslos keinerlei freiwillige Ausgaben getätigt werden.
2. Entwicklung
der Haushaltslage der Stadt Leverkusen seit Eintritt in den Stärkungspakt
2.1.
Jahresergebnisse und Eigenkapital
Die Stadt Leverkusen hat seit Eintritt in den Stärkungspakt jeweils
genehmigungsfähige und auch seitens der Kommunalaufsicht genehmigte
Haushaltssanierungspläne bzw. Fortschreibungen derselben vorlegen können.
Zuletzt wurde mit Verfügung vom 30.06.2016 (Anlage 1) die am 02.05.2016 vom Rat
beschlossene Fortschreibung des HSP bis 2021 genehmigt.
Die Entwicklung von Jahresergebnissen und Eigenkapital stellt sich nach
aktuellem Stand (06/2016) folgendermaßen dar:
2.2.
Prognosekorrekturen
Allerdings war die Fortschreibung des HSP mit erheblichen
Prognosekorrekturen verbunden. Die im ersten HSP 2012 enthaltenen Prognosen für
die großen Blöcke Personalaufwand, Transferleistungen und Gewerbesteuer mussten
mit den HSP-Fortschreibungen 2014, 2015 und 2016 jeweils in sehr erheblichem
Umfang korrigiert werden:
2.2.1.
Personalaufwand
Der Personalaufwand muss nach heutiger Kenntnis für 2018 ff. deutlich
höher prognostiziert werden als dies in 2012 vermutet wurde.
Ursächlich hierfür waren trotz des Einsatzes personalwirtschaftlicher
Instrumente wie Wiederbesetzungssperren, Stellenstreichungen und Zusammenlegung
von Verwaltungsbereichen insbesondere die Faktoren
·
Umsetzung U3-Betreuung / KiBiz NRW (146,41
zusätzliche Vollzeitäquivalente Stellenplan 2012 bis 2016; 2017 voraussichtlich
plus rund weitere 10 Planstellen)
·
Neues Arbeitszeitrecht Berufsfeuerwehr (19
zusätzliche VZ-Planstellen)
·
Personalbedarf Flüchtlinge (rd. 80 VZ-Bedarfe)
·
Höhere Tarifsteigerungen als prognostiziert;
vollständige Übernahme von Tarifabschlüssen auf die Beamten mit der Folge
höherer aktiver Zahlungen und gleichzeitig höherer Pensionsrückstellungen
2.2.2.
Transferleistungen inkl. Landschaftsverbandumlage
Auch die sog. Transferleistungen inkl. LVR-Umlage haben sich deutlich
dynamischer entwickelt als 2012 prognostiziert.
Zum einen haben sich die klassischen Transferleistungen im SGB II und im
SGB VIII spürbar stärker entwickelt als 2012 unterstellt. Eine sich nach wie
vor verfestigende Langzeitarbeitslosigkeit und ein interkommunal betrachtet
überdurchschnittlich hoher Anteil sog. „Aufstocker“ sind ebenso relevant wie
der unverändert hohe Bedarf von Maßnahmen der Jugendhilfe in prekären
familiären Situationen.
Ebenfalls zum starken Anstieg der Transferleistungen haben die Zahlungen
an Kita-Träger außerhalb der Verwaltung zur Umsetzung der Betreuungsansprüche
im Vorschulalter (2012:
14.647.102,14 €; 2018: 27.411.750 €) geführt.
Auch die LVR-Umlage steigt - insbesondere durch das Thema „Inklusion“ - bedingt
von 35.117.231 € in 2012 auf heute prognostizierte 43.242.000 € in 2018.
2.2.3.
Gewerbesteuer
Die Stadt Leverkusen war traditionell über Jahrzehnte gewerbesteuerstark
und deshalb regelmäßig abundant (also Nichtempfänger von Schlüsselzuweisungen).
Diese Steuerstärke gehört der Vergangenheit an. Die in 2012 noch auch
retrospektiv nachvollziehbar optimistischen Prognosen haben sich als nicht
haltbar herausgestellt. Sah der HSP 2012 noch ab 2018 ein Gewerbesteuerbrutto
von deutlich über 100 Mio. € vor, so beläuft sich die aktuelle Prognose für
2018 nur noch auf 79 Mio. € (verbunden mit einer Hebesatzerhöhung in 2018 von
475 auf dann 506 Hebesatzpunkte).
Leverkusen befindet damit im interkommunalen Vergleich in NRW im „Tabellenkeller“.
Der Gesamtblick zeigt, dass sich die Grundsteuerbelastung im
interkommunalen Durchschnitt bewegt, während das Gewerbesteueraufkommen
bedrückend niedrig ist.
Die Einbeziehung des Phänomens Monheim belegt noch eindrucksvoller die
massiven Disparitäten.
Eine nähere inhaltliche Erläuterung der Hintergründe dieser dramatischen
Entwicklung ist aufgrund des in § 33 AO vorgegebenen Steuergeheimnisses, dessen
Verletzung eine Straftat nach § 355 StGB ist, an dieser Stelle nicht möglich.
Festgehalten
werden kann aber auf jeden Fall, dass für die Stadt Leverkusen der kausale
Zusammenhang zwischen Gewerbesteuereinnahmen und wirtschaftlicher Prosperität
und betrieblicher Wertschöpfung nicht mehr existiert. Dies macht der
Blick auf die (im Moment aktuellsten) Zahlen des Statistischen Bundesamtes zum
Bruttoinlandsprodukt in den Städten in NRW deutlich. Hier rangiert Leverkusen
nicht im Tabellenkeller, sondern auf einem Champions-League-Platz.
(Anmerkung: Die Zahlen für die Stadt Aachen sind aufgrund der dortigen
Sonderstrukturen – Städteregion Aachen – nicht vergleichbar.)
Gäbe es noch einen kausalen Zusammenhang zwischen Wertschöpfung und
Gewerbesteuereinnahmen, so wäre nach Einschätzung der Verwaltung ein Aufkommen
von 150-170 Mio. € angemessen (die Stadt Ludwigshafen als zentraler
BASF-Standort hatte 2015 ein Gewerbesteueraufkommen in Höhe von 170 Mio. €).
Ein Gewerbesteueraufkommen in dieser Höhe würde die erfolgreiche Umsetzung des
HSP sicherstellen und gleichzeitig Spielräume zur Senkung des
Grundsteuerhebesatzes eröffnen.
Allerdings besteht nach Einschätzung der Verwaltung keine realistische
Perspektive für eine solche Entwicklung. Im Gegenteil: Das durch den Kämmerer
in seiner Haushaltsrede am 02.11.2015 der Wirtschaft in Leverkusen unterbreitete
Angebot, bei gleichzeitiger Verlagerung gewerbesteuerrelevanter Gewinne oder
Betriebsteile in die Stadt Leverkusen den Gewerbesteuerhebesatz signifikant zu
senken, erbrachte keinerlei verwertbare positive Reaktionen. Weder
Großindustrie noch Mittelstand haben darauf auch nur ansatzweise so reagiert,
dass es verantwortbar wäre, dem Rat diese Steuerstrategie vorzuschlagen.
2.2.4.
Korrekturbedarf insgesamt
Der erste HSP 2012 war nach heutiger Erkenntnis deutlich zu optimistisch.
Seit dem Haushalt 2014 wurden daher nach dem jeweiligen Erkenntnisstand die
notwendigen Prognosekorrekturen etatisiert. In der Summe hat sich aus diesen
notwendig gewordenen Prognosekorrekturen ein 2012 nicht im HSP dargestellter
weiterer Konsolidierungsbedarf in Höhe von ca. 100 Mio. ergeben.
3. Strategische
Notwendigkeiten für die Fortschreibung des HSP 2017 ff.
3.1.
Grundsätzliches
Die Erfüllung der Zielvorgaben des Stärkungspaktgesetzes hat sich daher
im Laufe der Umsetzung des HSP seit 2012 als deutlich schwieriger
herausgestellt, als seinerzeit prognostiziert wurde. Es kann nicht
ausgeschlossen werden, dass die unter Ziffer 2 beschriebenen
Prognosekorrekturen nunmehr abschließend sind und sich in den Folgejahren keine
weiteren Konsolidierungsnotwendigkeiten ergeben. Hier wird insbesondere auf die
Vorlage Nr. 2016/1100 verwiesen, die dies für das besonders volatile
Handlungsfeld „Flüchtlinge“ im Einzelnen beschreibt.
Daher ist es für
die erfolgreiche Fortschreibung und Realisierung des HSP notwendig, noch
stärker als bisher die fiskalischen Grenzen des Handelns der Stadt Leverkusen
in den Vordergrund zu stellen.
Nicht das politisch oder fachlich Wünschenswerte kann beschlossen und
umgesetzt werden, sondern nur das auch nach 2018 ohne neue Kassenkredite Finanzierbare
ist möglich.
Dies stellt hohe Anforderungen an Politik und Verwaltung:
·
Politische Aufträge und Erwartungshaltungen an die
Fachdezernate müssen sich den fiskalischen Rahmenbedingungen unterordnen. Es
wird in den nächsten Jahren in der Regel nur noch möglich sein, den Status quo
aufrecht zu erhalten (was schon ein Erfolg wäre) und nur singulär konzentriert
in Fragen von ganz hervorgehobener grundsätzlicher Bedeutung weitere Akzente zu
setzen. Die Verwaltung weist in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hin,
dass ihre zukünftige Zurückhaltung bei der Entwicklung neuer Projekte,
Aktivitäten und Prozesse nicht dahin missverstanden werden darf, dass es an Kreativität,
fachlichem Engagement oder Sachkompetenz mangelt. Im Gegenteil: Die Verwaltung
wird vielmehr durch die beschriebene Finanzlage dazu gezwungen, sehr Vieles,
auch aus ihrer Sicht fachlich Wünschenswerte und Sinnvolle, zurückzustellen.
·
Dienstleistungsqualität und Bürgerservice werden
vor dem Hintergrund der unvermeidbar äußerst restriktiven Personalpolitik
leiden müssen.
·
Politische Anfragen und Anträge, die in großer Zahl
die Arbeitsbelastung der Verwaltung mit intensivieren, werden zukünftig weniger
intensiv und mit größerem Zeitablauf bearbeitet werden müssen. Die Verwaltung
appelliert an die Politik, hier eine größere Zurückhaltung als in der
Vergangenheit zu entwickeln. Auf das als Anlage 2 beigefügte Schreiben des
Personalrates der Stadt Leverkusen vom 21.06.2016 wird in diesem Zusammenhang
hingewiesen.
Sollte eine diesen hohen Anforderungen genügende Haushaltsdisziplin
nicht realisiert werden, so wäre eine der Bürgerschaft kaum noch vermittelbare
weitere Erhöhung der Grundsteuerhebesätze die zwangsläufige Folge. Selbst wenn
der Rat diese Erhöhungen unter Inkaufnahme der Nichtgenehmigungsfähigkeit des
HSP nicht beschließen würde, träte der dann nach dem Stärkungspaktgesetz
zwangsläufig einzusetzende staatliche Beauftragte an die Stelle des Rates und
würde – wie bereits in zwei Kommunen geschehen – die hierzu notwendigen
Beschlüsse fassen. Die Verwaltungsgerichte haben dies als rechtmäßig bewertet
und auch sehr hohe Hebesätze über 800 Punkte nicht als unzulässig eingestuft.
Es ist heute schon absehbar, dass in einigen nordrhein-westfälischen Städten
die Grenze von 1000 Hebesatzpunkten in den nächsten Jahren überschritten werden
wird.
3.2. Konsumtiver
Haushalt
3.2.1.
Konzentration auf Pflichtaufgaben
Im konsumtiven Haushalt existieren keinerlei Finanzierungsspielräume für
zusätzliche und nicht nach Grund und Höhe pflichtige Ausgaben. Jeder hierdurch
entstehende Mehraufwand führt zwangsläufig zur Notwendigkeit weiterer
Steuererhöhungen.
Aber selbst wenn man dies in Kauf nähme, stünde neuen freiwilligen
Ausgaben die Haushaltsverfügung vom 30.06.2016 entgegen, die wie in den
Vorjahren folgendes vorgibt: „Neue
freiwillige Leistungen kommen in der Regel nur in Betracht, wenn sie durch den
Wegfall bestehender freiwilliger Leistungen mindestens kompensiert werden“.
Freiwillig im Sinne des Kommunalhaushaltsrechts ist jede Ausgabe, zu der
die Stadt nicht dem Grunde und der Höhe nach öffentlich-rechtlich oder
privatrechtlich verpflichtet ist.
3.2.2. Dynamik
der Personalkostenentwicklung brechen
Im Handlungsfeld Personalaufwand ist es dringend notwendig, der in den
letzten Jahren insbesondere auf externen Faktoren (Ausbau Kitas,
Arbeitszeitrecht Feuerwehr, Zustrom Flüchtlinge) beruhenden erheblichen
Aufwandssteigerung die Dynamik zu nehmen. Eine lineare Fortschreibung der
Steigerungen des Personalaufwands der letzten Jahre wäre nicht ohne massive
Steuererhöhungen zu finanzieren.
Deshalb hat der Verwaltungsvorstand bereits folgende Maßnahmen
festgelegt:
·
Aktuell im Personalauswahlverfahren befindliche
Stellen werden (basierend auf einer dem VV mit Stand Mitte 3/2016 vorgelegten
Aufstellung) mit Wiederbesetzungssperren sanktioniert („Review“ durch den VV);
·
Neue Anträge zu Personalbedarfen /
Stellenwiederbesetzungen stehen unter restriktiver Einzelfallprüfung im Rahmen
des standardisierten Leitfadensystems;
·
Weitere Konsolidierungsvorschläge werden zeitnah im
VV beraten und auf ihre Machbarkeit und ihren Nutzen geprüft und priorisiert.
Der seit 2010 geltende „Leitfaden für Stellenwiederbesetzungen /
personalwirtschaftliche Maßnahmen und Stellenneueinrichtungen“ muss noch
strenger als bisher umgesetzt werden. Danach steht grundsätzlich jede vakant
werdende Stelle als Einsparung zur Disposition. Eine Wiederbesetzung ist nur
möglich auf Antrag des Fachbereichs, unter Mitzeichnung des Dezernenten und im
Rahmen eines standardisierten Freigabeverfahrens. Dies erlaubt eine
Wiederbesetzung nur, wenn
·
eine Vergabe an Dritte nicht möglich ist,
·
keine Kooperation mit anderen Verwaltungsträgern
erreicht werden kann,
·
Einsparungen durch Standardreduzierungen nicht
realisierbar sind und eine Stellenabwertung unmöglich ist und
·
begründet wird, warum die Stelle nicht eingespart werden
kann und welche Konsequenzen bei Nichtbesetzung eintreten.
Wird die Stelle wiederbesetzt, greift grundsätzlich automatisch eine
12-monatige Wiederbesetzungssperre, von der nur in begründeten Einzelfällen
abgewichen werden kann. Generell ausgenommen von dieser Wiederbesetzungssperre
bzw. diesem Freigabeverfahren bleiben:
- Einsatzdienst Feuerwehr;
- Kindertageseinrichtungen;
- Sozialarbeiter im ASD;
- Schulgeschäftszimmer Grund- und
Förderschulen sowie Springer und heilpädagogische Kräfte der Hugo-Kükelhaus-Schule.
Es ist aber eindeutig erkennbar, dass diese Maßnahmen nicht reichen
werden. Es sind vielmehr der gesamte Verwaltungsaufbau sowie die
verwaltungsinternen Abläufe und Prozesse systematisch auf den Prüfstand zu
stellen.
Dies ist gleichzeitig die Erfüllung der Vorgabe der Kommunalaufsicht in
der aktuellen HSP-Genehmigung, wonach „mit
der Fortschreibung des HSP 2012 bis 2021 (…) auch das
Personalwirtschaftskonzept fortzuschreiben und in das Berichtswesen unter Darstellung
der Auswirkungen auf den Stellenplan einzubeziehen“ ist.
Hierbei kann und darf es nicht darum gehen, die bereits aktuell an der
Grenze des Vertretbaren liegende Arbeitsbelastung der Verwaltung noch weiter zu
intensivieren. Im Gegenteil muss angestrebt werden, durch Aufgaben- und
Standardreduzierung sowie Prozessoptimierung Freiräume zu schaffen, die es
ermöglichen, ohne weiteren erheblichen Personalaufbau die dann verbleibenden
Aufgaben ohne Überlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erledigen zu
können. Die Erkenntnisse sind -ggf. als neue HSP-Maßnahmen – in die
Fortschreibung des HSP einzuarbeiten.
Hierbei ist auch der interkommunale Vergleich mit anderen Großstädten
notwendig. Der Personalrat ist bei diesem Prozess von Anfang an einzubeziehen.
Die Verwaltung ist daher derzeit in Gesprächen mit der
Gemeindeprüfungsanstalt mit dem Ziel, eine entsprechende externe Beratung im
Rahmen der Finanzierung durch das Stärkungspaktgesetz zu akquirieren.
3.2.3. Investiver
Haushalt
Aus fachlicher Sicht besteht in praktisch allen Handlungsfeldern
weiterer, derzeit nicht etatisierter Investitionsbedarf.
Dies betrifft insbesondere
·
die Bildungsinfrastruktur,
·
die Verkehrsinfrastruktur,
·
die eigenen städtischen Immobilien,
·
Stadtentwicklungsmaßnahmen im Rahmen der
Integrierten Handlungskonzepte.
Allerdings macht eine Veranschlagung neuer Investitionsmaßnahmen nur
dann Sinn, wenn auch eine Haushaltsgenehmigung erreichbar erscheint. Neue
investive Maßnahmen dürfen nach § 82 GO NRW nur dann begonnen werden, wenn ein
genehmigter HSP vorliegt. Bereits vorliegende Planungen allein sind kein
Maßnahmebeginn im Rechtssinne.
In der Zeit vor dem Stärkungspaktgesetz gab es in den sogenannten
„Duldungsver-fügungen“ der Bezirksregierung in begrenztem Rahmen die Freigabe
von Investitionen ohne Haushaltsgenehmigung. Der dies ermöglichende
Duldungserlass wurde jedoch zwischenzeitlich ersatzlos aufgehoben, sodass es
hierfür keine Rechtsgrundlage mehr gibt.
Investive Maßnahmen sind im aktuellen HSP nur im unverzichtbaren
Mindestmaß etatisiert. Dies ist zunächst Folge der Haushaltsverfügungen der
Kommunalaufsicht. Diese enthält auch in der aktuellen Fassung folgende Vorgabe:
„Bei den
Auszahlungen für Investitionen soll eine Nettoneuverschuldung vermieden
werden.“
Der gedeckelte Betrag der zulässigen Kreditaufnahmen ist bereits jetzt
vollständig ausgeschöpft.
Hinzu kommt, dass Neuinvestitionen nach Aktivierung bzw. Inbetriebnahme
den konsumtiven Aufwand um die Abschreibungen und die Bewirtschaftungskosten
erhöhen. Auch hierauf weist die Bezirksregierung in ihrer Haushaltsverfügung zu
Recht hin.
Fraglich ist also, wie die Kommunalaufsicht auf eine Überschreitung des
in der Haushaltsverfügung vorgegebenen investiven Kreditdeckels reagieren wird.
Ebenso offen ist die Frage, durch welche Deckungsmittel der zusätzliche
konsumtive Aufwand refinanziert werden kann.
Vor diesem Hintergrund wird die Verwaltung im Rahmen der Einbringung des
Haushaltes 2017 und HSP 2017ff folgende Vorgehensweise für alle erstmalig neu
angemeldeten nichtrentierlichen Investitionsmaßnahmen anwenden:
(1) Alle
durch die Fachverwaltung inhaltlich befürworteten Investitionsmaß- nahmen werden in einer tabellarischen
Übersicht dargestellt, die sowohl die
zur Realisierung notwendige Kreditaufnahme als auch den kon- sumtiven Folgeaufwand p. a. beziffert
(2) Diese Übersicht wird dem Rat im Rahmen
der Haushaltsberatung zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt. Bei den
Projekten, denen der Rat zustimmt, werden sowohl die konsumtiven Folgekosten
als auch die notwendige Kreditaufnahme im Rahmen der Veränderungsliste
etatisiert.
(3) Sollten
– wovon auszugehen ist – die konsumtiven Folgekosten nicht an anderer Stelle im Erfolgsplan
kompensiert werden können, so ist eine damit
korrespondierende Grundsteuererhöhung unvermeidbar.
(4) Ob der Haushalt / HSP in dieser Form
genehmigungsfähig ist, wird erst im Rahmen des Genehmigungsverfahrens im Dialog
mit der Bezirks-regierung zu klären sein.
Selbstverständlich besteht immer die Möglichkeit, durch Streichung
bisher geplanter, aber noch nicht begonnener Investitionen Spielräume für neue
Maßnahmen zu schaffen. Dies erfordert entsprechende politische Beschlüsse, die
im Rat zu treffen wären.
Ob das von der Landesregierung angekündigte Programm „Gute Schule 2020“
hier bisher nicht vorhandene Spielräume eröffnet, bleibt abzuwarten. Erste
Signale stimmen vorsichtig optimistisch.
3.2.4. Einbeziehung der Gesellschaften, Anstalten und Eigenbetriebe
In der HSP-Genehmigung der Bezirksregierung vom 30.6.2016 heißt es wörtlich:
„Die Struktur der
vorliegenden Haushaltssanierungsplanung macht es erforderlich, die gegebenen
Einflussmöglichkeiten auf die Wirtschaftsführung der eingebundenen Beteiligungen
weitgehend und konsequent zu nutzen. (…) Zwar stellen die Verlustabdeckungen
für SPL und KSL keine sachliche Ausweitung der von diesen Einrichtungen betriebenen
und aus dem Kernhaushalt unterstützen freiwilligen Leistungen dar, jedoch führt
die Beibehaltung des bestehenden Angebotes bei ausbleibenden Erträgen zu einer
nicht mit dem Ziel der Haushaltskonsolidierung vereinbarenden Belastung des Kernhaushaltes.
(...) Die Einbeziehung der verselbständigten Aufgabenbereiche in den Konsolidierungsprozess
beschränkt sich im Übrigen nicht nur auf die mögliche Abschöpfung von
Ausschüttungen, sondern bezieht auch die mögliche Vermeidung oder Reduzierung
von Verlustabdeckungen ein.“
Hinsichtlich der Gesellschaften und Anstalten mit positiven Ergebnissen und einem damit korrespondierendem Ausschüttungspotential (insb. Sparkasse, EVL, AVEA, ivl und ab 2021 die WGL) sind die Vertreter der Stadt in den jeweiligen Gremien in der Pflicht, unter Wahrung der berechtigten Interessen der Unternehmen einen größtmöglichen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung zu mobilisieren.
Ansprechpartner / Fachbereich / Telefon: Herr
Stein, Stadtkämmerer
Kurzbeschreibung der Maßnahme und Angaben, ob die
Maßnahme durch die Rahmenvorgaben des Leitfadens des Innenministers zum
Nothaushaltsrecht abgedeckt ist.
(Angaben zu § 82 GO NRW, Einordnung investiver
Maßnahmen in Prioritätenliste etc.)
Jahresabschluss 2015 / Haushalt 2016
A) Etatisiert unter Finanzstelle(n) / Produkt(e)/ Produktgruppe(n):
(Etatisierung im laufenden Haushalt und
mittelfristiger Finanzplanung)
entfällt
B) Finanzielle Auswirkungen im Jahr der Umsetzung:
(z. B. Personalkosten, Abschreibungen, Zinswirkungen,
Sachkosten etc.)
entfällt
C) Finanzielle Folgeauswirkungen ab dem
Folgejahr der Umsetzung:
(überschlägige Darstellung pro Jahr)
entfällt
D) Besonderheiten (ggf. unter Hinweis auf die Begründung zur Vorlage):
(z. B.: Inanspruchnahme aus Rückstellungen,
Refinanzierung über Gebühren, unsichere Zuschusssituation, Genehmigung der
Aufsicht, Überschreitung der Haushaltsansätze, steuerliche Auswirkungen,
Anlagen im Bau, Auswirkungen auf den Gesamtabschluss)
entfällt
E) Beabsichtigte Bürgerbeteiligung:
Weitergehende Bürgerbeteiligung erforderlich |
Stufe 1 Information |
Stufe 2 Konsultation |
Stufe 3 Kooperation |
[nein] |
[ja] [nein] |
[ja] [nein] |
[ja] [nein] |
Beschreibung
und Begründung des Verfahrens: (u.a. Art, Zeitrahmen, Zielgruppe und Kosten
des Bürgerbeteiligungsverfahrens) |
F) Nachhaltigkeit der Maßnahme
im Sinne des Klimaschutzes:
Klimaschutz betroffen |
Nachhaltigkeit |
kurz- bis mittelfristige Nachhaltigkeit |
langfristige Nachhaltigkeit |
[nein] |
[ja] [nein] |
[ja] [nein] |
[ja] [nein] |