Betreff
Wohnbausiedlungsflächen
Vorlage
2016/1187
Aktenzeichen
612-11-87
Art
Beschlussvorlage

 

Beschlussentwurf:

 

1.     Der Rat nimmt die dargestellten Inhalte und vorliegenden strategischen Überlegungen zur Kenntnis.

 

2.     Der Rat beauftragt die Verwaltung mit der Erstellung eines Wohnbauprogrammes 2030+ unter Mitwirkung eines zu beauftragenden externen Instituts. In diesem strategischen Konzept sind insbesondere auch mögliche negative Auswirkungen auf die einzelnen Umweltschutzgüter darzustellen und Maßnahmen zur Minimierung / Ausgleich vorzuschlagen.

 

 

gezeichnet:

                                                           In Vertretung                        In Vertretung

Richrath                                            Märtens                                 Deppe

Begründung:

 

In der Vorlage Nr. 2016/0990 wurde die Brisanz des Themas „Wohnbausiedlungsflächen“ verdeutlicht. Darauf aufbauend stellt diese Vorlage das Thema in einen übergeordneten Gesamtzusammenhang und stellt grundsätzliche Überlegungen zu einer strategischen Gesamtperspektive vor. Die vorliegende textliche Begründung erläutert und vertieft die einzelnen Gliederungspunkte des nachfolgenden Schaubilds. Zur besseren Lesbarkeit ist dieses Schaubild in Anlage 1 beigefügt.

Zur besseren Orientierung zwischen Schaubild und erläuterndem Text findet sich oben links in den einzelnen Kästchen die gleiche Gliederungsnummer, die auch im Text verwendet wird.

 

 

 

 

1.    Ausgangssituation

 

1.1.       Flächenknappheit und angespannter Wohnungsmarkt

Leverkusen gehört zum sehr dicht besiedelten Städteband längs des Rheins und grenzt nördlich an die Metropole Köln. Gemeinsam mit den Oberzentren Bonn und Köln prägt Leverkusen als Mittelzentrum den südlichen Teil der prosperierenden Rheinschiene. Mit bis zu 598 Einwohnern pro km² gehört die Metropolregion Köln zu den am dichtesten besiedelten Räumen Europas, mit anhaltenden Ausdehnungstendenzen.

Im Grundlagenpapier „Regionale Perspektiven für die Planungsregion Köln“ hat die Bezirksregierung, vorbereitend für die Überarbeitung des Regionalplans Köln, Dichtewerte für die Planungsregion Köln abgebildet. Leverkusen befindet sich mit Köln und Bonn in der obersten Kategorie (20 bis 30 Einwohner pro Hektar). Bei der Berechnung wurde die gesamte Fläche des Stadtgebiets mit der Einwohnerzahl in Bezug gesetzt. Die Stadtverwaltung hat zusätzlich Dichtekarten erarbeitet, die das Verhältnis Einwohner pro Hektar Siedlungs- und Verkehrsfläche darstellen. Sie spiegeln die Heterogenität der Dichte auf dem Leverkusener Stadtgebiet wider. Die Dichtewerte decken das Spektrum von elf Wohneinheiten pro Hektar (WE/ha) (Quartier am Kurtekotten) bis zu 97 WE/ha (Quartier Wohnpark Steinbüchel) ab (vgl. Anlage 2 Siedlungsdichte).

Der jährlich herausgegebene Wohnungsmarktbericht, der die Geschehnisse am Leverkusener Wohnungsmarkt beobachtet, weist seit einiger Zeit auf eine angespannte Situation hin. Der Nachfragedruck am Wohnungsmarkt ist auf die Lage innerhalb der wachsenden Region Rheinschiene zurückzuführen und führt zu einer schon heute spürbaren eklatanten Flächenknappheit im Stadtgebiet. Die unterschiedlichen, wachstumsbedingt zum Teil sehr stark nachgefragten Nutzungen wie Wohnen, Gewerbe, Industrie, Freiraum, soziale Infrastruktur und Einzelhandel verschärfen die heute bereits vorhandenen Nutzungskonkurrenzen und damit auch die Lage auf dem Wohnungsmarkt.

Der Verwaltung liegt eine Entwurfsfassung des in Bearbeitung befindlichen Konzepts zum Thema Gewerbeflächenentwicklung und Büromarkt vor. Das Konzept wurde in Kooperation mit der Wirtschaftsförderung Leverkusen (WfL) beauftragt. Erste ableitbare Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die Stadt Leverkusen nur noch über knappe Flächenreserven verfügt, die zusammen mit den vorhandenen Gewerbe- und Industrieflächen zukünftig für eine gewerbliche und industrielle Nutzung vorgehalten werden sollten. Nach Fertigstellung, insbesondere des den Büromarkt betreffenden Teils, wird das Gewerbeflächen und Büromarktkonzept den politischen Gremien zur Kenntnis gegeben.

 

1.2.       Prognosen und Modellrechnungen zum Einwohnerzuwachs und Wohnflächenbedarf

In Leverkusen wohnen aktuell (Stand 30.06.2016) 166.018 Einwohner. Eine stabile Bevölkerungsentwicklung wurde ab 2010 zunächst von einem leichten, ab 2014 sogar deutlichen Bevölkerungswachstum abgelöst. Die jüngste Wachstumsentwicklung begründet sich auch durch den Zuzug von Flüchtlingen.

 

Die reelle Bevölkerungsentwicklung liegt mit +3.800 Einwohnern seit 2006 deutlich über dem prognostizierten Wachstum, das dem Flächennutzungsplan (FNP) von 2006 zu Grunde gelegt wurde. Dort ist bis zum Jahr 2015 ein Bevölkerungswachstum um 2.500 auf 163.500 Einwohner prognostiziert worden. Aufgrund der damaligen Datengrundlagen und Annahmen im Hinblick auf eine durchschnittliche Verteilung der Wohnfläche/Kopf wurde ein Bedarf von 125 Hektar neu zu schaffender Wohnbauflächen bis 2015 als Zielprognose berechnet.[1]

 

Die Zielprognose des Handlungsprogramms Wohnen, die Einwohnerzahl von rund 161.000 bis 2020 stabil zu halten, ist durch die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen ebenso überholt worden wie die aktuelle Bevölkerungsvorausberechnung des Landesbetriebs Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) von 2015. Danach soll Leverkusen bis 2020 auf 165.534 (+3 %) und bis 2040 auf 173.600 (+7,9 %) Einwohner anwachsen. Dieses Wachstum wird vor allem vor dem Hintergrund eines positiven Wanderungssaldos (+14,6 %) angenommen, welches der negativen natürlichen Bevölkerungsentwicklung (-6,7 %) entgegen wirkt. Die beschriebene Bevölkerungsvorausberechnung betrachtet jedoch noch nicht die vor allem ab 2015 stark wirkende Flüchtlingszuwanderung, die bereits deutlich auf dem Leverkusener Wohnungsmarkt zu spüren ist.

 

Eine vom Fachbereich Stadtplanung aktuell erstellte Baulandbedarfsprognose berücksichtigt die tatsächliche Bevölkerungsentwicklung der vergangenen fünf Jahre (2010 - 2015) inklusive der hohen positiven Wanderungssalden, bedingt auch durch die Flüchtlingszuwanderung. Danach wird von einem jährlichen Zuwachs von 900 Einwohnern bis 2020 ausgegangen. Dies entspricht einem jährlichen Bevölkerungszuwachs von 0,54 %. Bis zum Jahr 2020 würde Leverkusen demnach um 4.500 auf insgesamt 170.300 Einwohner wachsen. Hieraus resultiert – bei einer unterstellten Beibehaltung der derzeitigen Dichte der Bebauung in Leverkusen – ein Wohnbaulandbedarf von 123 Hektar bis 2020 (vgl. Anlage 3 Baulandbedarfsprognose).

 

Eine aktuelle Modellrechnung des Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (kurz MBWSV) und der NRW.BANK hat die Neubaubedarfe in Nordrhein-Westfalen, die sich auch durch die Flüchtlingsintegration auf dem Wohnungsmarkt ergibt, berechnet. Demnach wird der Neubaubedarf bis 2020 auf 2.000 – 2.500 Wohneinheiten und der Wohnflächenbedarf auf rund 100 Hektar beziffert. Gleichzeitig steht im Stadtgebiet Leverkusen für diese Aufgabe im Bestand kein mobilisierbarer Leerstand zur Verfügung (Leerstandsquote 2015: 1,5 %). Diese Bedarfsrechnung resultiert aus der Zuwanderung von Flüchtlingen in den Jahren 2015 und 2016. Zwei Drittel des errechneten Bedarfs entfallen demnach auf Flüchtlinge, die aufgrund ihrer aktuellen Lage und den wirtschaftlichen Verhältnissen Wohnungen im Geschosswohnungsbau nachfragen. (Vgl. Vorlage Nr. 2016/0990 m. Erg. v. 28.04.2016)

 

1.3.       Handlungsprogramm Wohnen

Sowohl die Modellberechnung des MBWSV als auch die aktuelle Baulandbedarfsprognose der Stadtverwaltung zeigen den großen Bedarf an zusätzlichen Wohnbauflächen für die Stadt Leverkusen bis 2020 auf. In den Wachstumsstädten Köln, Bonn und Leverkusen existiert durch zugespitzte Engpässe und Preissteigerungen, die insbesondere einkommensschwächere Haushalte belasten, ein spürbarer Handlungsdruck. Hinzu kommen die mittel- und langfristig absehbaren Anforderungen an eine dauerhafte Wohnungsmarktintegration von Flüchtlingen. Das im Handlungsprogramm Wohnen formulierte Ziel einer Bevölkerungsstabilisierung ist überholt und bedarf vor dem Hintergrund der beschriebenen neuen Zuwanderungssituation dringend einer Aktualisierung. Der Planungshorizont des Handlungsprogramms Wohnen ist 2020 und läuft in vier Jahren aus. Damit die Stadt Leverkusen in der Wohnungspolitik auch künftig handlungsfähig bleibt, bedarf es einer Neuauflage des Handlungsprogramms Wohnen.

 

1.4.       Neuaufstellung Regionalplan

Die zukünftige kommunale Siedlungsentwicklung wird nicht zuletzt maßgeblich durch die übergeordneten Planwerke der Landes- und Regionalplanung beeinflusst. Der neue Landesentwicklungsplan (LEP NRW) wurde am 05.07.2016 durch die Landesregierung beschlossen und dem Landtag mit der Bitte um Zustimmung zugeleitet. Der Regionalplan Köln befindet sich aktuell in der Überarbeitung und soll in den kommenden 5 - 6 Jahren gemeinsam mit den kommunalen Gebietskörperschaften entwickelt werden. (vgl. Vorlage Nr. 2016/1169 zur Überarbeitung Regionalplan Köln)

 

Grundlagendaten der Regionalplanungsbehörde, wie zum Beispiel Erhebungen und Bevölkerungsvorausberechnungen des IT.NRW, spielen ebenso wie die Festlegung neuer Allgemeiner Siedlungsbereiche (ASB) eine zentrale Rolle für die kommunale Wohnungsmarkt- und Siedlungsflächenentwicklung. Die Regionalplanungsbehörde wird dabei nach eigenen Rechnungsmodellen Wohnbauflächenbedarfe für die Stadt Leverkusen ermitteln.

 

Die Stadt Leverkusen muss sich für die Überarbeitung des Regionalplans unter anderem mit den Themen Gewerbe- und Industrieentwicklung (Konzept zum Thema Gewerbeflächen und Büromarkt), vorsorgenden Bodenschutz, Freiraumentwicklung, Natur- und Landschaftsschutz (vgl. Neuaufstellung Landschaftsplan), Verkehr und Mobilität (kommunales Mobilitätsmanagement) sowie Wohnbauflächenentwicklung (vgl. Wohnbauprogramm 2030+ in dieser Vorlage) auseinandersetzen.

 

Zwischenfazit 1

Die Stadt Leverkusen wird weiter wachsen, wodurch der Flächenbedarf steigen wird. Die unterschiedlichen Nutzungen, wie Wohnen, Gewerbe, Industrie, Freiraum, soziale Infrastrukturen, Verkehr und Einzelhandel, stehen in einem direkten Wettbewerb um die vorhandenen Flächen. Dieser Wettbewerb führt ebenso wie die zugespitzten Engpässe und Preissteigerungen auf dem Wohnungsmarkt sowie der Flüchtlingszustrom zu akutem Handlungsbedarf. Das aktuelle Handlungsprogramm Wohnen ist aufgrund der veränderten Basisdaten als Handlungsgrundlage für verschiedene Maßnahmen zur Wohnbaulandaktivierung nicht mehr uneingeschränkt anwendbar.

 

 

2.    Aktuelle Handlungsmaßnahmen zur Wohnbaulandmobilisierung

 

2.1.       Aktivierung von Baulandreserven aus dem FNP

Aus dem aktuellen FNP von 2006 sind noch nicht alle Siedlungsflächen entwickelt worden. Mit Datenstand 01.01.2014 sind an Bruttowohnbauflächen 85,2 ha Reserveflächen für Leverkusen dargestellt.[2] Diese Wohnbauflächenreserven waren Bestandteil des landesweiten erstmalig 2014 durchgeführten Siedlungsflächenmonitorings und wurden als Flächen mit hohem Potenzial für Wohnnutzung aufgenommen.

Der Anteil der Wohnreserven an allen Wohnbauflächen ist ein aussagekräftiger Indikator zur Flächenverfügbarkeit, da er die absoluten Angaben (also die Flächengröße in ha) relativiert und zusätzlich den Ausschöpfungsgrad der im FNP dargestellten Wohnbauflächen abbildet.

Das Siedlungsflächenmonitoring vergleicht die Flächenverfügbarkeiten der einzelnen Kreise und kreisfreien Städte. Landesweit sind demnach bereits 93,7 % der Wohnbauflächen verbraucht. Die Wohnbauflächenreserve liegt in NRW bei 6,3 %, in der Planungsregion Köln bei 8,1 % und in der Stadt Leverkusen bei nur 3,9 % (Köln 2,0 %, Bonn 3,2 %, Solingen 5,5 %). Die Wohnflächenreserven pro Einwohner liegen in Leverkusen bei 5,3 m², in Köln bei 2,0 m², in Bonn bei 4,1 m² und in Solingen bei 6,6 m², landesweit bei 10,8 m². Diese Zahlen verdeutlichen, dass Leverkusen mit seiner Lage im Ballungsraum im Vergleich zu den benachbarten Großstädten Köln und Bonn größere, im landesweiten Vergleich aber unterdurchschnittlich geringe Baulandreserven hat. Diese Flächenknappheit erhöht die Konkurrenz der Nutzungen Wohnen, Gewerbe und Freiraum untereinander.

 

Die genannten Reserveflächen werden aktuell durch die Verwaltung erfasst, bewertet und dokumentiert. Die Verwaltung erstellt für jede Potenzialfläche einen Steckbrief, inklusive der Angaben über Planungsrecht, Umweltaspekte (wie z. B. Klima, vorsorgender Bodenschutz, Altlasten, Arten-, Landschafts- und Wasserschutz) und andere Gegebenheiten und weiterer notwendiger Schritte zur Mobilisierung dieser Flächen. Diese Flächensteckbriefe werden verwaltungsintern vorab intensiv abgestimmt, um die jeweiligen sektoralen Ansprüche entsprechend zu bewerten. Durch die Dokumentation und Fortschreibung wird die Verwaltung in die Lage versetzt, das Wohnbauflächenangebot in Leverkusen genau zu beziffern und zukünftig besser steuern zu können.

 

2.2.       Aufstellung neuer Bebauungspläne

Die Stadtverwaltung wurde unter anderem mit der Vorlage Nr. 2016/0990 kurzfristig mit der Aufstellung zweier Bebauungspläne zur Mobilisierung von größeren zusammenhängenden Wohnbauflächen beauftragt. Diese Verfahren werden zusätzlich zu den derzeit 18 in intensiver Bearbeitung befindlichen Bauleitplanverfahren angegangen, um den erkennbaren Mehrbedarf zu reduzieren.

 

2.3.       AG Bodenmanagement

Wichtigstes Instrument für eine aktive städtische Wohnungspolitik ist ein kommunales Bodenmanagement. Es dient der kontinuierlichen Bereitstellung von bezahlbarem Wohnbauland. Auf der Grundlage eines konsensfähigen, nachvollziehbaren und kalkulierbaren Gesamtkonzeptes hat die Stadt Leverkusen seit Einführung der Projektgruppe Bodenmanagement (2002) eine wesentlich aktivere Rolle auf dem örtlichen Bodenmarkt übernommen. Seit Einführung der AG Bodenmanagement ließ sich vorwiegend für städtische Bestandsgrundstücke eine schnellere Realisierung der Bebauungspläne durch optimierte Abstimmungen innerhalb der AG Bodenmanagement erreichen. So konnte sowohl ein Beitrag zur Stabilisierung der Einwohnerzahl als auch ein deutlicher Beitrag zur Konsolidierung des städtischen Haushalts erzielt werden. Allerdings wird ein aktives Bodenmanagement mit Zwischenerwerb von Flächen mit dem Ziel einer Bodenbevorratung zur Regulierung des Boden- und damit Wohnungsmarktes derzeit, auch aufgrund der kommunalen Haushaltslage, nicht durchgeführt.

 

2.4.       Erarbeitung eines Baulückenkatasters

Die Verwaltung erarbeitet aktuell ein stadtweites Baulückenkataster. Baulücken sind alle innerörtlichen unbebauten Baugrundstücke, die kurzfristig bebaubar sind, weil sie im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder im Zusammenhang bebauter Ortsteile liegen. Voraussichtlich im Laufe des nächsten Jahres soll das Baulückenkataster fertiggestellt und vom Rat beschlossen werden und sodann der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Die Erstellung und Fortschreibung eines Baulückenkatasters ist ein wichtiger Baustein im Bereich der kommunalen Siedlungsflächenvorsorge. Die Verwaltung erstellt dafür zu gegebener Zeit eine eigene Vorlage.

 

 

Zwischenfazit 2

Um das Wachstum der Stadt Leverkusen städtebaulich und gesellschaftlich verträglich zu steuern, bedarf es einer perspektivischen Gesamtstrategie. Nicht nur für die Überarbeitung des Handlungsprogramms Wohnen sondern auch für den neuen Regionalplan Köln müssen Ziele und Perspektiven formuliert werden.

Die Stadt reagiert bislang mit verschiedenen kurzfristig angestoßenen und parallel laufenden Maßnahmen zur Wohnbaulandmobilisierung auf die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt.

 

 

3.    Strategische Perspektive zur Wohnbaupolitik 2030+

 

Alle vier aktuellen Handlungsmaßnahmen zielen kurz- bis mittelfristig auf die Mobilisierung von Wohnbaulandflächen ab. Um jedoch den hohen Bedarf an Wohnbauflächen mittel- bis langfristig sicherzustellen, bedarf es einer strategischen Perspektive der Leverkusener Wohnungsbaupolitik für die nächsten 15 - 20 Jahre, in die die bereits laufenden Maßnahmen integriert werden. In Leverkusen sollte zudem eine offene Diskussion über eine sachgerechte Wohnraumpolitik und Siedlungsflächenentwicklung geführt werden. Nicht nur für die Neuaufstellung des Regionalplans, sondern vor allem für die mittel- und langfristige Baulandmobilisierung, also für die Deckung der Flächenbedarfe, bedarf es in Leverkusen einer strategischen Perspektive zur Wohnbaupolitik 2030+. Ziel solch einer strategischen Perspektive ist es dabei, aufbauend auf das Handlungsprogramm Wohnen 2020 das komplexe Thema Wohnen unter den neuen Rahmenbedingungen umfassend zu evaluieren und zeitgerechte sowie nachhaltige Strategien zu formulieren. Bei der Erarbeitung dieser Strategien wird die Stadtverwaltung durch ein externes Institut unterstützt, um sich fachliches Know-how und Erfahrungen aus anderen Städten einzukaufen.

 

3.1.       Erarbeitung einer Zielprognose zur Einwohnerentwicklung bis 2030+

Ein Wohnbauprogramm wird sich in einem ersten Schritt mit den Grundlagendaten auseinandersetzen (Analytischer Teil). Hierzu gehört die Erarbeitung und Diskussion einer Zielprognose zur Einwohnerentwicklung bis 2030+. Die vorhandenen Bevölkerungsvorausberechnungen von IT.NRW 2015 berücksichtigen nicht die Flüchtlingszahlen, so dass keine Zielgrößen für Leverkusen abgeleitet werden können. Auch wenn die Regionalplanungsbehörde eine Bedarfsberechnung (auf Grundlage dieser Bevölkerungsvorausberechnung von IT.NRW 2015) erstellt, ist es aus kommunalpolitischer Sicht sinnvoll, eine eigene Zielprognose für die Einwohnerentwicklung für die nächsten 15 - 20 Jahre zu erarbeiten. Diese Zielprognose für die Einwohnerentwicklung muss alle aktuellen Aspekte einschließlich einer Flüchtlingskomponente, den demografischen Wandel und die daraus resultierende Haushaltsentwicklung beinhalten. Deutlich ist bereits heute, dass das Bevölkerungswachstum in Leverkusen auf den positiven Wanderungssalden der letzten Jahre fußt. 

 

3.2.       Berechnung einer Baulandprognose bis 2030+

Auf Grundlage der – von IT.NRW unabhängigen – stadteigenen strategischen Zielprognose zur Einwohnerentwicklung bis 2030+ kann eine Berechnung des Baulandbedarfes bis 2030+ erfolgen. Hierbei ist zu diskutieren und festzulegen, in welchen baulichen Dichten Leverkusen in den nächsten Jahren Wohnraum realisieren soll.

 

 

3.3.       Bestimmung von Zielgruppen

Im aktuellen Handlungsprogramm Wohnen sind Zielgruppen (z. B. „Wohnen im Alter, „Baugruppen“, „Kosten- und flächensparendes Bauen“) benannt, die bei der Realisierung von Wohnraum im Vordergrund stehen sollen. Auch in einer Fortschreibung des Handlungsprogramms, einem Wohnbauprogramm 2030+, sollten Zielgruppen benannt werden.

 

Im Handlungsprogramm Wohnen 2020 ist der Schwerpunkt auf die Schaffung von Wohneigentum für wohneigentumswillige Haushalte gesetzt worden. Bis 2020 soll insbesondere der Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern vorangetrieben werden. Ab 2020 sieht das Handlungsprogramm neben dem Eigenheimbau einen demografisch bedingten wachsenden Bedarf im Geschosswohnungsbau, denn die Zahl der Ein- und Zweipersonenhaushalte nimmt dann verstärkt zu. Es gilt zu prüfen, inwieweit diese Ziele und Zielgruppen überarbeitet und angepasst werden müssen.

 

In diesem Zusammenhang kann die Durchführung einer „Wanderungsmotivbefragung“ Aufschluss geben über Gründe des Zuzugs nach und Fortzugs aus Leverkusen. Eine Zielgruppenformulierung kann vor dem Hintergrund solcher Ergebnisse angepasst werden. In einer Fachtagung zum Thema „Wohnen und Migration“ kann neben der Nahwanderung außerdem das Thema Fern- bzw. Auslandszuwanderung von Experten beleuchtet und die Auswirkungen auf Leverkusen betrachtet und diskutiert werden. Dies ist ein wertvoller Hinweis zur Untermauerung einer Einwohnerzielprognose (z. B. Annahmen zur künftigen Zuwanderung) aber auch zur Bestimmung von Zielgruppen (Rückschlüsse auf sich ändernde Wohnungsbedarfe).

 

3.4.       Vorschlag über Instrumente

Neben der Bestimmung von Zielgruppen werden auch wirksame wohnungspolitische Instrumente für die Umsetzung der Ziele des Wohnbauprogramms 2030+ eine entscheidende Rolle spielen. Durch den aktuellen Handlungsdruck und die zunehmenden Nutzungskonkurrenzen von Wohnen, Gewerbe und Freiraum wurden bereits kurzfristig Handlungsmaßnahmen zur Wohnungsbaulandmobilisierung durchgeführt. Diese Instrumente (vgl. Punkte 2.1 - 2.4) sind in einen strategischen Zusammenhang mit weiteren Maßnahmen zu bringen und in ein langfristiges Wohnbauprogramm 2030+ einzubetten. Mögliche ergänzende Instrumente, die bereits in der Vorlage Nr. 2204/2013 zum Geschosswohnungsbau und zum Preiswerten Wohnraum benannt wurden (Maßnahmen der Nachverdichtung in bestehenden Siedlungsbereichen, die Einführung eines Modells für eine sozialgerechte Bodennutzung zur Sicherung von preiswertem Wohnraum sowie eine Erweiterung der Anwendung von bodenpolitischen Instrumenten, wie z. B. den städtischen Ankauf von Flächen), sind im Rahmen der Strategiebetrachtung zu verfeinern. Eine weitere wichtige Maßnahme ist die Identifizierung von neuen, im FNP noch nicht als Bauflächen dargestellten Flächen.

 

3.5.       Einrichtung einer Arbeitsgruppe

Dieses aktuelle Strategie- und Handlungsprogramm Wohnen 2030+ sollte nicht nur politisch getragen werden, sondern benötigt eine sehr hohe Akzeptanz in den Reihen der Wohnungsbauunternehmen und privater Investoren. Daher soll eine Arbeitsgruppe die Erarbeitung des Wohnbauprogramms 2030+ begleiten. Sie sollte besetzt sein mit allen maßgeblichen Akteuren am Wohnungsmarkt, namentlich den Leverkusener Wohnungsunternehmen und Bauwirtschaft, aber auch übergeordneten Verbänden, wie Mieterverein sowie Haus- und Grundeigentümerverein. Des Weiteren soll neben der Fachverwaltung die Politik vertreten sein.

 

Die Notwendigkeit für eine offene, zielgerichtete Flächendiskussion wurde in dieser Vorlage verdeutlicht: Neben der Zunahme der Flächennutzungskonkurrenzen nehmen die zur Verfügung stehenden freien Siedlungsflächen in Leverkusen deutlich ab. In der vorgeschlagenen Arbeitsgruppe muss deshalb auch die Verortung der neuen Wohnbaulandflächen (und Gewerbeflächen) im Stadtgebiet diskutiert werden. Die Diskussionsgrundlage und die nötigen Hintergrundinformationen für die Verortung der neuen Siedlungsflächen bietet zum einen das Konzept zum Thema Gewerbeflächen und Büromarkt und zum anderen das zu erarbeitende Wohnungsbauprogramm 2030+ für den Bereich Wohnen.

 

 

4.    Verfahren zur langfristigen Wohnbauflächensicherung (nicht abschließend)

 

4.1.       Erweiterung AG Bodenmanagement

Die vorhandene AG Bodenmanagement kann um neue Handlungsfelder, die gegebenenfalls aus dem Wohnbauprogramm 2030+ abgeleitet werden, erweitert werden. Dies ist ein informelles Instrument, um langfristig die Umsetzung der Ziele aus dem Wohnbauprogramm zu sichern.

 

4.2.       Umsetzung weiterer, neuer Instrumente aus dem Wohnbauprogramm 2030+

Zudem können weitere neue Instrumente auf kommunaler Ebene installiert werden, wie z. B. die Einrichtung einer dauerhaften Arbeitsgruppe zum Thema Wohnen oder Maßnahmen zur Verdichtung des Innenbereichs. Diese sind ebenfalls informelle Instrumente, die langfristig die Umsetzung der Ziele aus dem Wohnbauprogramm gewährleisten.

 

4.3.       Darstellung der Wohnbauflächen im Flächennutzungsplan

Auf kommunaler Ebene müssen nicht nur bestehende, sondern auch neue Wohnbauflächen im Flächennutzungsplan dargestellt werden. Dies ist ein wichtiger formeller Verfahrensschritt und sichert die Flächen langfristig.

 

4.4.       Festlegung der Leverkusener Wohnbauflächen im neuen Regionalplan Köln

Ein wichtiger, formeller Verfahrensschritt ist die langfristige Sicherung neuer Flächen auf regionaler Ebene im Regionalplan. Dazu werden die Wohnbauflächen mit der Regionalplanungsbehörde abgestimmt und im neuen Regionalplan als Allgemeiner Siedlungsbereich (ASB) festzulegen sein. Hier spielt insbesondere der Abgleich von Bedarfszahlen zwischen der Regionalplanungsbehörde mit den eigenen städtischen Erhebungen eine wichtige Rolle. Der zeitliche Rahmen dafür wurde von der Regionalplanungsbehörde noch nicht festgelegt. Der Rat wird über z.d.A.: Rat über das weitere Vorgehen informiert.

 

 

Fazit

Das Thema Wohnbauflächensicherung ist mehrschichtig und äußert komplex. Es wurden zahlreiche Verknüpfungspunkte dargestellt: Regionalplan, Handlungsprogramm Wohnen 2020, verschiedene Bevölkerungsprognosen, Flüchtlingsströme, Flächenkonkurrenzen, reelle Flächenknappheit, eine angespannte Wohnungsmarktsituation und die Notwendigkeit negative Veränderungen der Umweltbedingungen zu minimieren bzw. auszugleichen.

Die Stadt Leverkusen muss sich sowohl politisch als auch inhaltlich mit dem Thema Wohnungsbau intensiv auseinandersetzen. Es muss deutlich werden, wie Leverkusen zukünftig wachsen will und wie die Wohnbauflächen gesichert werden sollen.

 

Es bedarf einer strategischen Gesamtperspektive. Einzelne, bereits begonnene Maßnahmen zur Wohnbaulandbereitstellung müssen in dieser strategischen Perspektive zusammengeführt und durch weitere sinnvolle Maßnahmen ergänzt werden.

Diese inhaltlich vielschichtige Diskussion kann nur im Rahmen einer Überarbeitung des Handlungsprogramms Wohnen zu einem Wohnungsbauprogramm 2030+ im offenen Diskurs stattfinden. Die Sicherung der daraus abzuleitenden Flächen erfolgt auf mehreren Planungsebenen, unter anderem durch ein aktives kommunales Bodenmanagement, durch die Darstellungen im Flächennutzungsplan, die Festlegungen der Flächen im Regionalplan Köln und durch weitere Instrumente aus dem noch zu entwickelnden Wohnungsbauprogramm 2030+.



[1] In der Anlage 3 ist unter anderem die Größe der aktuell im Flächennutzungsplan noch verfügbaren Wohnbauflächenreserve dargestellt.

[2] Ergänzende Infos: Aufgeschlüsselt in den Größenklassen sind in Leverkusen vor allem Kleinstflächen zwischen 0,2 und 0,5 ha als Reserve vorhanden: insgesamt 11,9 ha verteilt auf 42 Flächen. Zusätzlich gibt es in der zweiten Größenklasse, zwischen 0,5 ha und 2,0 ha, insgesamt noch 27 ha Wohnbauflächenreserven. Diese 27 ha verteilen sich auf 28 Einzelflächen.

Schnellübersicht über die finanziellen Auswirkungen der Vorlage Nr. 2016/1187

Beschluss des Finanzausschusses vom 01.02.2010 und Auflage der Kommunalaufsicht vom 26.07.2010

 

Ansprechpartner / Fachbereich / Telefon: Christian Kociok, FB 61, 61 21

Kurzbeschreibung der Maßnahme und Angaben, ob die Maßnahme durch die Rahmenvorgaben des Leitfadens des Innenministers zum Nothaushaltsrecht abgedeckt ist.

(Angaben zu § 82 GO NRW, Einordnung investiver Maßnahmen in Prioritätenliste etc.) 

 

Bauleitpläne gehören zu den pflichtigen Aufgaben. Sie sind aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist (§ 1 Abs. 3 BauGB). Für die Gemeinde ergeben sich daraus unmittelbar die Verpflichtung zur Planung und damit das Verbot, die geordnete städtebauliche Entwicklung ausschließlich durch fallweise Einzelfallentscheidungen zu verwirklichen.

 

A) Etatisiert unter Finanzstelle(n) / Produkt(e)/ Produktgruppe(n):

(Etatisierung im laufenden Haushalt und mittelfristiger Finanzplanung)

 

laufender Haushalt

 

B) Finanzielle Auswirkungen im Jahr der Umsetzung:

(z. B. Personalkosten, Abschreibungen, Zinswirkungen, Sachkosten etc.)           

 

siehe oben

 

 

C) Finanzielle Folgeauswirkungen ab dem Folgejahr der Umsetzung:            

(überschlägige Darstellung pro Jahr)                                              

 

siehe oben

 

D) Besonderheiten (ggf. unter Hinweis auf die Begründung zur Vorlage):

(z. B.: Inanspruchnahme aus Rückstellungen, Refinanzierung über Gebühren, unsichere Zuschusssituation, Genehmigung der Aufsicht, Überschreitung der Haushaltsansätze, steuerliche Auswirkungen, Anlagen im Bau, Auswirkungen auf den Gesamtabschluss)

 

 

E) Beabsichtigte Bürgerbeteiligung (vgl. Vorlage Nr. 2014/0111):

Weitergehende Bürgerbeteiligung erforderlich

 

Stufe 1

Information

Stufe 2

Konsultation

 

Stufe 3

Kooperation

 

                  ja

nein

nein

nein

Beschreibung und Begründung des Verfahrens: (u. a. Art, Zeitrahmen, Zielgruppe und Kosten des Bürgerbeteiligungsverfahrens)

 

Die im Baugesetzbuch vorgeschriebenen Beteiligungsverfahren werden im Rahmen der einzuleitenden Bauleitplanverfahren durchgeführt.

 

 

 

F) Nachhaltigkeit der Maßnahme im Sinne des Klimaschutzes:

Klimaschutz betroffen

Nachhaltigkeit

 

kurz- bis

mittelfristige Nachhaltigkeit

 

langfristige Nachhaltigkeit

 

ja

nein

nein

ja

 

 

Begründung der einfachen Dringlichkeit:

 

Um die Thematik der Ausweisung von Wohnbausiedlungsflächen zügig voran zu bringen, soll die Vorlage noch im laufenden Turnus beraten und entschieden werden.