Beschlussentwurf:
1.
Der Rat
nimmt die dargestellten Inhalte und vorliegenden strategischen Überlegungen zur
Kenntnis.
2.
Der Rat
beauftragt die Verwaltung mit der Erstellung eines Wohnbauprogrammes 2030+
unter Mitwirkung eines zu beauftragenden externen Instituts. In diesem
strategischen Konzept sind insbesondere auch mögliche negative Auswirkungen auf
die einzelnen Umweltschutzgüter darzustellen und Maßnahmen zur Minimierung /
Ausgleich vorzuschlagen.
gezeichnet:
In
Vertretung In
Vertretung
Richrath Märtens Deppe
Begründung:
In der Vorlage
Nr. 2016/0990 wurde die Brisanz des Themas „Wohnbausiedlungsflächen“ verdeutlicht.
Darauf aufbauend stellt diese Vorlage das Thema in einen übergeordneten Gesamtzusammenhang
und stellt grundsätzliche Überlegungen zu einer strategischen Gesamtperspektive
vor. Die vorliegende textliche Begründung erläutert und vertieft die einzelnen
Gliederungspunkte des nachfolgenden Schaubilds. Zur besseren Lesbarkeit ist
dieses Schaubild in Anlage 1 beigefügt.
Zur besseren
Orientierung zwischen Schaubild und erläuterndem Text findet sich oben links in
den einzelnen Kästchen die gleiche Gliederungsnummer, die auch im Text verwendet
wird.
1.
Ausgangssituation
1.1. Flächenknappheit und
angespannter Wohnungsmarkt
Leverkusen gehört
zum sehr dicht besiedelten Städteband längs des Rheins und grenzt nördlich an
die Metropole Köln. Gemeinsam mit den Oberzentren Bonn und Köln prägt Leverkusen
als Mittelzentrum den südlichen Teil der prosperierenden Rheinschiene. Mit bis
zu 598 Einwohnern pro km² gehört die Metropolregion Köln zu den am dichtesten
besiedelten Räumen Europas, mit anhaltenden Ausdehnungstendenzen.
Im
Grundlagenpapier „Regionale Perspektiven für die Planungsregion Köln“ hat die Bezirksregierung,
vorbereitend für die Überarbeitung des Regionalplans Köln, Dichtewerte für die Planungsregion
Köln abgebildet. Leverkusen befindet sich mit Köln und Bonn in der obersten
Kategorie (20 bis 30 Einwohner pro Hektar). Bei der Berechnung wurde die
gesamte Fläche des Stadtgebiets mit der Einwohnerzahl in Bezug gesetzt. Die
Stadtverwaltung hat zusätzlich Dichtekarten erarbeitet, die das Verhältnis
Einwohner pro Hektar Siedlungs- und Verkehrsfläche darstellen. Sie spiegeln die
Heterogenität der Dichte auf dem Leverkusener Stadtgebiet wider. Die
Dichtewerte decken das Spektrum von elf Wohneinheiten pro Hektar (WE/ha)
(Quartier am Kurtekotten) bis zu 97 WE/ha (Quartier Wohnpark Steinbüchel) ab (vgl. Anlage 2 Siedlungsdichte).
Der jährlich
herausgegebene Wohnungsmarktbericht, der die Geschehnisse am Leverkusener Wohnungsmarkt
beobachtet, weist seit einiger Zeit auf eine angespannte Situation hin. Der
Nachfragedruck am Wohnungsmarkt ist auf die Lage innerhalb der wachsenden
Region Rheinschiene zurückzuführen und führt zu einer schon heute spürbaren
eklatanten Flächenknappheit im Stadtgebiet. Die unterschiedlichen, wachstumsbedingt
zum Teil sehr stark nachgefragten Nutzungen wie Wohnen, Gewerbe, Industrie, Freiraum,
soziale Infrastruktur und Einzelhandel verschärfen die heute bereits
vorhandenen Nutzungskonkurrenzen und damit auch die Lage auf dem Wohnungsmarkt.
Der Verwaltung liegt eine Entwurfsfassung des
in Bearbeitung befindlichen Konzepts zum Thema Gewerbeflächenentwicklung und
Büromarkt vor. Das Konzept wurde in Kooperation mit der Wirtschaftsförderung
Leverkusen (WfL) beauftragt. Erste ableitbare Ergebnisse lassen darauf
schließen, dass die Stadt Leverkusen nur noch über knappe Flächenreserven
verfügt, die zusammen mit den vorhandenen Gewerbe- und Industrieflächen
zukünftig für eine gewerbliche und industrielle Nutzung vorgehalten werden sollten.
Nach Fertigstellung, insbesondere des den Büromarkt betreffenden Teils, wird
das Gewerbeflächen und Büromarktkonzept den politischen Gremien zur Kenntnis gegeben.
1.2. Prognosen und
Modellrechnungen zum Einwohnerzuwachs und Wohnflächenbedarf
In Leverkusen wohnen
aktuell (Stand 30.06.2016) 166.018 Einwohner. Eine
stabile Bevölkerungsentwicklung wurde ab 2010 zunächst von einem leichten, ab
2014 sogar deutlichen Bevölkerungswachstum abgelöst. Die jüngste
Wachstumsentwicklung begründet sich auch durch den Zuzug von Flüchtlingen.
Die reelle Bevölkerungsentwicklung liegt mit
+3.800 Einwohnern seit 2006 deutlich über dem prognostizierten Wachstum, das
dem Flächennutzungsplan (FNP) von 2006 zu Grunde gelegt wurde. Dort ist bis zum
Jahr 2015 ein Bevölkerungswachstum um 2.500 auf 163.500 Einwohner
prognostiziert worden. Aufgrund der damaligen Datengrundlagen und Annahmen im
Hinblick auf eine durchschnittliche Verteilung der Wohnfläche/Kopf wurde ein
Bedarf von 125 Hektar neu zu schaffender Wohnbauflächen bis 2015 als
Zielprognose berechnet.[1]
Die Zielprognose des Handlungsprogramms
Wohnen, die Einwohnerzahl von rund 161.000 bis 2020 stabil zu halten, ist durch
die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen ebenso überholt worden wie die
aktuelle Bevölkerungsvorausberechnung des Landesbetriebs Information und
Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) von 2015. Danach soll Leverkusen bis 2020
auf 165.534 (+3 %) und bis 2040 auf 173.600 (+7,9 %) Einwohner
anwachsen. Dieses Wachstum wird vor allem vor dem Hintergrund eines positiven
Wanderungssaldos (+14,6 %) angenommen, welches der negativen natürlichen
Bevölkerungsentwicklung (-6,7 %) entgegen wirkt. Die beschriebene
Bevölkerungsvorausberechnung betrachtet jedoch noch nicht die vor allem ab 2015
stark wirkende Flüchtlingszuwanderung, die bereits deutlich auf dem
Leverkusener Wohnungsmarkt zu spüren ist.
Eine vom Fachbereich Stadtplanung aktuell
erstellte Baulandbedarfsprognose berücksichtigt
die tatsächliche Bevölkerungsentwicklung der vergangenen fünf Jahre (2010 - 2015)
inklusive der hohen positiven Wanderungssalden, bedingt auch durch die Flüchtlingszuwanderung.
Danach wird von einem jährlichen Zuwachs von 900 Einwohnern bis 2020 ausgegangen.
Dies entspricht einem jährlichen Bevölkerungszuwachs von 0,54 %. Bis zum
Jahr 2020 würde Leverkusen demnach um 4.500 auf insgesamt 170.300 Einwohner
wachsen. Hieraus resultiert – bei einer unterstellten Beibehaltung der derzeitigen
Dichte der Bebauung in Leverkusen – ein Wohnbaulandbedarf von 123 Hektar bis
2020 (vgl. Anlage 3 Baulandbedarfsprognose).
Eine aktuelle Modellrechnung des Ministerium
für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen
(kurz MBWSV) und der NRW.BANK hat die Neubaubedarfe in Nordrhein-Westfalen, die
sich auch durch die Flüchtlingsintegration auf dem Wohnungsmarkt ergibt,
berechnet. Demnach wird der Neubaubedarf bis 2020 auf 2.000 – 2.500
Wohneinheiten und der Wohnflächenbedarf auf rund 100 Hektar beziffert.
Gleichzeitig steht im Stadtgebiet Leverkusen für diese Aufgabe im Bestand kein
mobilisierbarer Leerstand zur Verfügung (Leerstandsquote 2015: 1,5 %).
Diese Bedarfsrechnung resultiert aus der Zuwanderung von Flüchtlingen in den
Jahren 2015 und 2016. Zwei Drittel des errechneten Bedarfs entfallen demnach
auf Flüchtlinge, die aufgrund ihrer aktuellen Lage und den wirtschaftlichen
Verhältnissen Wohnungen im Geschosswohnungsbau nachfragen. (Vgl. Vorlage Nr.
2016/0990 m. Erg. v. 28.04.2016)
1.3. Handlungsprogramm
Wohnen
Sowohl die Modellberechnung des MBWSV als
auch die aktuelle Baulandbedarfsprognose der Stadtverwaltung zeigen den großen
Bedarf an zusätzlichen Wohnbauflächen für die Stadt Leverkusen bis 2020 auf. In
den Wachstumsstädten Köln, Bonn und Leverkusen existiert durch zugespitzte
Engpässe und Preissteigerungen, die insbesondere einkommensschwächere Haushalte
belasten, ein spürbarer Handlungsdruck. Hinzu kommen die mittel- und
langfristig absehbaren Anforderungen an eine dauerhafte Wohnungsmarktintegration
von Flüchtlingen. Das im Handlungsprogramm Wohnen formulierte Ziel einer
Bevölkerungsstabilisierung ist überholt und bedarf vor dem Hintergrund der
beschriebenen neuen Zuwanderungssituation dringend einer Aktualisierung. Der
Planungshorizont des Handlungsprogramms Wohnen ist 2020 und läuft in vier
Jahren aus. Damit die Stadt Leverkusen in der Wohnungspolitik auch künftig
handlungsfähig bleibt, bedarf es einer Neuauflage des Handlungsprogramms Wohnen.
1.4. Neuaufstellung
Regionalplan
Die zukünftige kommunale Siedlungsentwicklung
wird nicht zuletzt maßgeblich durch die übergeordneten Planwerke der Landes-
und Regionalplanung beeinflusst. Der neue Landesentwicklungsplan (LEP NRW) wurde
am 05.07.2016 durch die Landesregierung beschlossen und dem Landtag mit der
Bitte um Zustimmung zugeleitet. Der Regionalplan Köln befindet sich aktuell in
der Überarbeitung und soll in den kommenden 5 - 6 Jahren gemeinsam
mit den kommunalen Gebietskörperschaften entwickelt werden. (vgl. Vorlage Nr.
2016/1169 zur Überarbeitung Regionalplan Köln)
Grundlagendaten der Regionalplanungsbehörde,
wie zum Beispiel Erhebungen und Bevölkerungsvorausberechnungen des IT.NRW,
spielen ebenso wie die Festlegung neuer Allgemeiner Siedlungsbereiche (ASB)
eine zentrale Rolle für die kommunale Wohnungsmarkt- und Siedlungsflächenentwicklung.
Die Regionalplanungsbehörde wird dabei nach eigenen Rechnungsmodellen
Wohnbauflächenbedarfe für die Stadt Leverkusen ermitteln.
Die Stadt Leverkusen muss sich für die
Überarbeitung des Regionalplans unter anderem mit den Themen Gewerbe- und
Industrieentwicklung (Konzept zum Thema Gewerbeflächen und Büromarkt), vorsorgenden
Bodenschutz, Freiraumentwicklung, Natur- und Landschaftsschutz (vgl.
Neuaufstellung Landschaftsplan), Verkehr und Mobilität (kommunales
Mobilitätsmanagement) sowie Wohnbauflächenentwicklung (vgl. Wohnbauprogramm
2030+ in dieser Vorlage) auseinandersetzen.
Zwischenfazit 1
Die Stadt Leverkusen wird weiter wachsen,
wodurch der Flächenbedarf steigen wird. Die unterschiedlichen Nutzungen, wie
Wohnen, Gewerbe, Industrie, Freiraum, soziale Infrastrukturen, Verkehr und Einzelhandel,
stehen in einem direkten Wettbewerb um die vorhandenen Flächen. Dieser
Wettbewerb führt ebenso wie die zugespitzten Engpässe und Preissteigerungen auf
dem Wohnungsmarkt sowie der Flüchtlingszustrom zu akutem Handlungsbedarf. Das aktuelle
Handlungsprogramm Wohnen ist aufgrund der veränderten Basisdaten als
Handlungsgrundlage für verschiedene Maßnahmen zur Wohnbaulandaktivierung nicht
mehr uneingeschränkt anwendbar.
2.
Aktuelle
Handlungsmaßnahmen zur Wohnbaulandmobilisierung
2.1. Aktivierung von
Baulandreserven aus dem FNP
Aus dem aktuellen FNP von 2006 sind noch
nicht alle Siedlungsflächen entwickelt worden. Mit Datenstand 01.01.2014 sind
an Bruttowohnbauflächen 85,2 ha Reserveflächen für Leverkusen dargestellt.[2] Diese
Wohnbauflächenreserven waren Bestandteil des landesweiten erstmalig 2014 durchgeführten
Siedlungsflächenmonitorings und wurden als Flächen mit hohem Potenzial für
Wohnnutzung aufgenommen.
Der Anteil der Wohnreserven an allen
Wohnbauflächen ist ein aussagekräftiger Indikator zur Flächenverfügbarkeit, da
er die absoluten Angaben (also die Flächengröße in ha) relativiert und
zusätzlich den Ausschöpfungsgrad der im FNP dargestellten Wohnbauflächen abbildet.
Das Siedlungsflächenmonitoring vergleicht die
Flächenverfügbarkeiten der einzelnen Kreise und kreisfreien Städte. Landesweit
sind demnach bereits 93,7 % der Wohnbauflächen verbraucht. Die Wohnbauflächenreserve
liegt in NRW bei 6,3 %, in der Planungsregion Köln bei 8,1 % und in der
Stadt Leverkusen bei nur 3,9 % (Köln 2,0 %, Bonn 3,2 %, Solingen
5,5 %). Die Wohnflächenreserven pro Einwohner liegen in Leverkusen bei
5,3 m², in Köln bei 2,0 m², in Bonn bei 4,1 m² und in Solingen
bei 6,6 m², landesweit bei 10,8 m². Diese Zahlen verdeutlichen, dass
Leverkusen mit seiner Lage im Ballungsraum im Vergleich zu den benachbarten
Großstädten Köln und Bonn größere, im landesweiten Vergleich aber unterdurchschnittlich
geringe Baulandreserven hat. Diese Flächenknappheit erhöht die Konkurrenz der
Nutzungen Wohnen, Gewerbe und Freiraum untereinander.
Die genannten Reserveflächen werden aktuell
durch die Verwaltung erfasst, bewertet und dokumentiert. Die Verwaltung
erstellt für jede Potenzialfläche einen Steckbrief, inklusive der Angaben über
Planungsrecht, Umweltaspekte (wie z. B. Klima, vorsorgender Bodenschutz,
Altlasten, Arten-, Landschafts- und Wasserschutz) und andere Gegebenheiten und
weiterer notwendiger Schritte zur Mobilisierung dieser Flächen. Diese Flächensteckbriefe
werden verwaltungsintern vorab intensiv abgestimmt, um die jeweiligen
sektoralen Ansprüche entsprechend zu bewerten. Durch die Dokumentation und Fortschreibung
wird die Verwaltung in die Lage versetzt, das Wohnbauflächenangebot in
Leverkusen genau zu beziffern und zukünftig besser steuern zu können.
2.2. Aufstellung neuer
Bebauungspläne
Die Stadtverwaltung
wurde unter anderem mit der Vorlage Nr. 2016/0990 kurzfristig mit der
Aufstellung zweier Bebauungspläne zur Mobilisierung von größeren zusammenhängenden
Wohnbauflächen beauftragt. Diese Verfahren werden zusätzlich zu den derzeit 18 in
intensiver Bearbeitung befindlichen Bauleitplanverfahren angegangen, um den
erkennbaren Mehrbedarf zu reduzieren.
2.3. AG Bodenmanagement
Wichtigstes Instrument für eine aktive
städtische Wohnungspolitik ist ein kommunales Bodenmanagement. Es dient der
kontinuierlichen Bereitstellung von bezahlbarem Wohnbauland. Auf der Grundlage
eines konsensfähigen, nachvollziehbaren und kalkulierbaren Gesamtkonzeptes hat
die Stadt Leverkusen seit Einführung der Projektgruppe Bodenmanagement (2002)
eine wesentlich aktivere Rolle auf dem örtlichen Bodenmarkt übernommen. Seit
Einführung der AG Bodenmanagement ließ sich vorwiegend für städtische Bestandsgrundstücke
eine schnellere Realisierung der Bebauungspläne durch optimierte Abstimmungen
innerhalb der AG Bodenmanagement erreichen. So konnte sowohl ein Beitrag zur
Stabilisierung der Einwohnerzahl als auch ein deutlicher Beitrag zur
Konsolidierung des städtischen Haushalts erzielt werden. Allerdings wird ein
aktives Bodenmanagement mit Zwischenerwerb von Flächen mit dem Ziel einer
Bodenbevorratung zur Regulierung des Boden- und damit Wohnungsmarktes derzeit,
auch aufgrund der kommunalen Haushaltslage, nicht durchgeführt.
2.4. Erarbeitung eines
Baulückenkatasters
Die Verwaltung erarbeitet aktuell ein
stadtweites Baulückenkataster. Baulücken sind alle innerörtlichen unbebauten
Baugrundstücke, die kurzfristig bebaubar sind, weil sie im Geltungsbereich
eines Bebauungsplans oder im Zusammenhang bebauter Ortsteile liegen.
Voraussichtlich im Laufe des nächsten Jahres soll das Baulückenkataster fertiggestellt
und vom Rat beschlossen werden und sodann der Öffentlichkeit zur Verfügung
stehen. Die Erstellung und Fortschreibung eines Baulückenkatasters ist ein
wichtiger Baustein im Bereich der kommunalen Siedlungsflächenvorsorge. Die
Verwaltung erstellt dafür zu gegebener Zeit eine eigene Vorlage.
Zwischenfazit 2
Um das Wachstum der Stadt Leverkusen städtebaulich
und gesellschaftlich verträglich zu steuern, bedarf es einer perspektivischen
Gesamtstrategie. Nicht nur für die Überarbeitung des Handlungsprogramms Wohnen
sondern auch für den neuen Regionalplan Köln müssen Ziele und Perspektiven formuliert
werden.
Die Stadt reagiert bislang mit verschiedenen
kurzfristig angestoßenen und parallel laufenden Maßnahmen zur Wohnbaulandmobilisierung
auf die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt.
3.
Strategische
Perspektive zur Wohnbaupolitik 2030+
Alle vier aktuellen Handlungsmaßnahmen zielen
kurz- bis mittelfristig auf die Mobilisierung von Wohnbaulandflächen ab. Um
jedoch den hohen Bedarf an Wohnbauflächen mittel- bis langfristig sicherzustellen,
bedarf es einer strategischen Perspektive der Leverkusener Wohnungsbaupolitik
für die nächsten 15 - 20 Jahre, in die die bereits laufenden Maßnahmen
integriert werden. In Leverkusen sollte zudem eine offene Diskussion über eine
sachgerechte Wohnraumpolitik und Siedlungsflächenentwicklung geführt werden. Nicht
nur für die Neuaufstellung des Regionalplans, sondern vor allem für die mittel-
und langfristige Baulandmobilisierung, also für die Deckung der Flächenbedarfe,
bedarf es in Leverkusen einer strategischen Perspektive zur Wohnbaupolitik
2030+. Ziel solch einer strategischen Perspektive ist es dabei, aufbauend auf
das Handlungsprogramm Wohnen 2020 das komplexe Thema Wohnen unter den neuen
Rahmenbedingungen umfassend zu evaluieren und zeitgerechte sowie nachhaltige
Strategien zu formulieren. Bei der Erarbeitung dieser Strategien wird die
Stadtverwaltung durch ein externes Institut unterstützt, um sich fachliches Know-how
und Erfahrungen aus anderen Städten einzukaufen.
3.1. Erarbeitung einer
Zielprognose zur Einwohnerentwicklung bis 2030+
Ein Wohnbauprogramm wird sich in einem ersten
Schritt mit den Grundlagendaten auseinandersetzen (Analytischer Teil). Hierzu
gehört die Erarbeitung und Diskussion einer Zielprognose zur Einwohnerentwicklung
bis 2030+. Die vorhandenen Bevölkerungsvorausberechnungen von IT.NRW 2015 berücksichtigen
nicht die Flüchtlingszahlen, so dass keine Zielgrößen für Leverkusen abgeleitet
werden können. Auch wenn die Regionalplanungsbehörde eine Bedarfsberechnung
(auf Grundlage dieser Bevölkerungsvorausberechnung von IT.NRW 2015) erstellt,
ist es aus kommunalpolitischer Sicht sinnvoll, eine eigene Zielprognose für die
Einwohnerentwicklung für die nächsten 15 - 20 Jahre zu erarbeiten.
Diese Zielprognose für die Einwohnerentwicklung muss alle aktuellen Aspekte einschließlich
einer Flüchtlingskomponente, den demografischen Wandel und die daraus
resultierende Haushaltsentwicklung beinhalten. Deutlich ist bereits heute, dass
das Bevölkerungswachstum in Leverkusen auf den positiven Wanderungssalden der
letzten Jahre fußt.
3.2. Berechnung einer
Baulandprognose bis 2030+
Auf Grundlage der – von IT.NRW unabhängigen –
stadteigenen strategischen Zielprognose zur Einwohnerentwicklung bis 2030+ kann
eine Berechnung des Baulandbedarfes bis 2030+ erfolgen. Hierbei ist zu
diskutieren und festzulegen, in welchen baulichen Dichten Leverkusen in den
nächsten Jahren Wohnraum realisieren soll.
3.3. Bestimmung von
Zielgruppen
Im aktuellen Handlungsprogramm Wohnen sind
Zielgruppen (z. B. „Wohnen im Alter, „Baugruppen“, „Kosten- und
flächensparendes Bauen“) benannt, die bei der Realisierung von Wohnraum im
Vordergrund stehen sollen. Auch in einer Fortschreibung des Handlungsprogramms,
einem Wohnbauprogramm 2030+, sollten Zielgruppen benannt werden.
Im Handlungsprogramm Wohnen 2020 ist der
Schwerpunkt auf die Schaffung von Wohneigentum für wohneigentumswillige
Haushalte gesetzt worden. Bis 2020 soll insbesondere der Bau von Ein- und
Zweifamilienhäusern vorangetrieben werden. Ab 2020 sieht das Handlungsprogramm
neben dem Eigenheimbau einen demografisch bedingten wachsenden Bedarf im
Geschosswohnungsbau, denn die Zahl der Ein- und Zweipersonenhaushalte nimmt
dann verstärkt zu. Es gilt zu prüfen, inwieweit diese Ziele und Zielgruppen
überarbeitet und angepasst werden müssen.
In diesem Zusammenhang kann die Durchführung
einer „Wanderungsmotivbefragung“ Aufschluss geben über Gründe des Zuzugs nach
und Fortzugs aus Leverkusen. Eine Zielgruppenformulierung kann vor dem
Hintergrund solcher Ergebnisse angepasst werden. In einer Fachtagung zum Thema
„Wohnen und Migration“ kann neben der Nahwanderung außerdem das Thema Fern-
bzw. Auslandszuwanderung von Experten beleuchtet und die Auswirkungen auf
Leverkusen betrachtet und diskutiert werden. Dies ist ein wertvoller Hinweis
zur Untermauerung einer Einwohnerzielprognose (z. B. Annahmen zur
künftigen Zuwanderung) aber auch zur Bestimmung von Zielgruppen (Rückschlüsse
auf sich ändernde Wohnungsbedarfe).
3.4. Vorschlag über
Instrumente
Neben der Bestimmung von Zielgruppen werden
auch wirksame wohnungspolitische Instrumente für die Umsetzung der Ziele des
Wohnbauprogramms 2030+ eine entscheidende Rolle spielen. Durch den aktuellen
Handlungsdruck und die zunehmenden Nutzungskonkurrenzen von Wohnen, Gewerbe und
Freiraum wurden bereits kurzfristig Handlungsmaßnahmen zur
Wohnungsbaulandmobilisierung durchgeführt. Diese Instrumente (vgl. Punkte 2.1 - 2.4)
sind in einen strategischen Zusammenhang mit weiteren Maßnahmen zu bringen und
in ein langfristiges Wohnbauprogramm 2030+ einzubetten. Mögliche ergänzende
Instrumente, die bereits in der Vorlage Nr. 2204/2013 zum Geschosswohnungsbau
und zum Preiswerten Wohnraum benannt wurden (Maßnahmen der Nachverdichtung in
bestehenden Siedlungsbereichen, die Einführung eines Modells für eine
sozialgerechte Bodennutzung zur Sicherung von preiswertem Wohnraum sowie eine
Erweiterung der Anwendung von bodenpolitischen Instrumenten, wie z. B. den
städtischen Ankauf von Flächen), sind im Rahmen der Strategiebetrachtung zu
verfeinern. Eine weitere wichtige Maßnahme ist die Identifizierung von neuen,
im FNP noch nicht als Bauflächen dargestellten Flächen.
3.5. Einrichtung einer
Arbeitsgruppe
Dieses aktuelle Strategie- und
Handlungsprogramm Wohnen 2030+ sollte nicht nur politisch getragen werden,
sondern benötigt eine sehr hohe Akzeptanz in den Reihen der Wohnungsbauunternehmen
und privater Investoren. Daher soll eine Arbeitsgruppe die Erarbeitung des
Wohnbauprogramms 2030+ begleiten. Sie sollte besetzt sein mit allen
maßgeblichen Akteuren am Wohnungsmarkt, namentlich den Leverkusener Wohnungsunternehmen
und Bauwirtschaft, aber auch übergeordneten Verbänden, wie Mieterverein sowie
Haus- und Grundeigentümerverein. Des Weiteren soll neben der Fachverwaltung die
Politik vertreten sein.
Die Notwendigkeit für eine offene,
zielgerichtete Flächendiskussion wurde in dieser Vorlage verdeutlicht: Neben
der Zunahme der Flächennutzungskonkurrenzen nehmen die zur Verfügung stehenden
freien Siedlungsflächen in Leverkusen deutlich ab. In der vorgeschlagenen
Arbeitsgruppe muss deshalb auch die Verortung der neuen Wohnbaulandflächen (und
Gewerbeflächen) im Stadtgebiet diskutiert werden. Die Diskussionsgrundlage und
die nötigen Hintergrundinformationen für die Verortung der neuen Siedlungsflächen
bietet zum einen das Konzept zum Thema Gewerbeflächen und Büromarkt und zum
anderen das zu erarbeitende Wohnungsbauprogramm 2030+ für den Bereich Wohnen.
4.
Verfahren
zur langfristigen Wohnbauflächensicherung (nicht abschließend)
4.1. Erweiterung AG
Bodenmanagement
Die vorhandene AG
Bodenmanagement kann um neue Handlungsfelder, die gegebenenfalls aus dem
Wohnbauprogramm 2030+ abgeleitet werden, erweitert werden. Dies ist ein
informelles Instrument, um langfristig die Umsetzung der Ziele aus dem Wohnbauprogramm
zu sichern.
4.2. Umsetzung weiterer,
neuer Instrumente aus dem Wohnbauprogramm 2030+
Zudem können weitere
neue Instrumente auf kommunaler Ebene installiert werden, wie z. B. die Einrichtung
einer dauerhaften Arbeitsgruppe zum Thema Wohnen oder Maßnahmen zur Verdichtung
des Innenbereichs. Diese sind ebenfalls informelle Instrumente, die langfristig
die Umsetzung der Ziele aus dem Wohnbauprogramm gewährleisten.
4.3. Darstellung der
Wohnbauflächen im Flächennutzungsplan
Auf kommunaler Ebene
müssen nicht nur bestehende, sondern auch neue Wohnbauflächen im Flächennutzungsplan
dargestellt werden. Dies ist ein wichtiger formeller Verfahrensschritt und
sichert die Flächen langfristig.
4.4. Festlegung der
Leverkusener Wohnbauflächen im neuen Regionalplan Köln
Ein
wichtiger, formeller Verfahrensschritt ist die langfristige Sicherung neuer Flächen
auf regionaler Ebene im Regionalplan. Dazu werden die Wohnbauflächen mit der
Regionalplanungsbehörde abgestimmt und im neuen Regionalplan als Allgemeiner
Siedlungsbereich (ASB) festzulegen sein. Hier spielt insbesondere der Abgleich
von Bedarfszahlen zwischen der Regionalplanungsbehörde mit den eigenen
städtischen Erhebungen eine wichtige Rolle. Der zeitliche Rahmen dafür wurde
von der Regionalplanungsbehörde noch nicht festgelegt. Der Rat wird über z.d.A.: Rat
über das weitere Vorgehen informiert.
Fazit
Das Thema Wohnbauflächensicherung ist
mehrschichtig und äußert komplex. Es wurden zahlreiche Verknüpfungspunkte
dargestellt: Regionalplan, Handlungsprogramm Wohnen 2020, verschiedene Bevölkerungsprognosen,
Flüchtlingsströme, Flächenkonkurrenzen, reelle Flächenknappheit, eine angespannte
Wohnungsmarktsituation und die Notwendigkeit negative Veränderungen der
Umweltbedingungen zu minimieren bzw. auszugleichen.
Die Stadt Leverkusen muss sich sowohl
politisch als auch inhaltlich mit dem Thema Wohnungsbau intensiv auseinandersetzen.
Es muss deutlich werden, wie Leverkusen zukünftig wachsen will und wie die
Wohnbauflächen gesichert werden sollen.
Es bedarf einer strategischen
Gesamtperspektive. Einzelne, bereits begonnene Maßnahmen zur Wohnbaulandbereitstellung
müssen in dieser strategischen Perspektive zusammengeführt und durch weitere
sinnvolle Maßnahmen ergänzt werden.
Diese inhaltlich vielschichtige Diskussion
kann nur im Rahmen einer Überarbeitung des Handlungsprogramms Wohnen zu einem
Wohnungsbauprogramm 2030+ im offenen Diskurs stattfinden. Die Sicherung der
daraus abzuleitenden Flächen erfolgt auf mehreren Planungsebenen, unter anderem
durch ein aktives kommunales Bodenmanagement, durch die Darstellungen im
Flächennutzungsplan, die Festlegungen der Flächen im Regionalplan Köln und
durch weitere Instrumente aus dem noch zu entwickelnden Wohnungsbauprogramm
2030+.
[1] In der Anlage 3 ist unter anderem die Größe der aktuell im Flächennutzungsplan noch verfügbaren Wohnbauflächenreserve dargestellt.
[2] Ergänzende Infos: Aufgeschlüsselt in den Größenklassen sind in Leverkusen vor allem Kleinstflächen zwischen 0,2 und 0,5 ha als Reserve vorhanden: insgesamt 11,9 ha verteilt auf 42 Flächen. Zusätzlich gibt es in der zweiten Größenklasse, zwischen 0,5 ha und 2,0 ha, insgesamt noch 27 ha Wohnbauflächenreserven. Diese 27 ha verteilen sich auf 28 Einzelflächen.
Schnellübersicht über die
finanziellen Auswirkungen der Vorlage Nr. 2016/1187
Beschluss des Finanzausschusses vom
01.02.2010 und Auflage der Kommunalaufsicht vom 26.07.2010
Ansprechpartner / Fachbereich
/ Telefon: Christian Kociok, FB 61, 61 21
Kurzbeschreibung der Maßnahme und Angaben, ob die
Maßnahme durch die Rahmenvorgaben des Leitfadens des Innenministers zum
Nothaushaltsrecht abgedeckt ist.
(Angaben zu § 82 GO NRW, Einordnung investiver
Maßnahmen in Prioritätenliste etc.)
Bauleitpläne
gehören zu den pflichtigen Aufgaben. Sie sind aufzustellen, sobald und soweit
es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist (§ 1 Abs. 3 BauGB).
Für die Gemeinde ergeben sich daraus unmittelbar die Verpflichtung zur Planung
und damit das Verbot, die geordnete städtebauliche Entwicklung ausschließlich
durch fallweise Einzelfallentscheidungen zu verwirklichen.
A) Etatisiert unter Finanzstelle(n) /
Produkt(e)/ Produktgruppe(n):
(Etatisierung
im laufenden Haushalt und mittelfristiger Finanzplanung)
laufender Haushalt
B) Finanzielle Auswirkungen im Jahr der
Umsetzung:
(z.
B. Personalkosten, Abschreibungen, Zinswirkungen, Sachkosten etc.)
siehe oben
C) Finanzielle
Folgeauswirkungen ab dem Folgejahr der Umsetzung:
(überschlägige
Darstellung pro Jahr)
siehe oben
D) Besonderheiten (ggf. unter Hinweis auf die
Begründung zur Vorlage):
(z.
B.: Inanspruchnahme aus Rückstellungen, Refinanzierung über Gebühren, unsichere
Zuschusssituation, Genehmigung der Aufsicht, Überschreitung der
Haushaltsansätze, steuerliche Auswirkungen, Anlagen im Bau, Auswirkungen auf den
Gesamtabschluss)
E) Beabsichtigte Bürgerbeteiligung (vgl.
Vorlage Nr. 2014/0111):
Weitergehende
Bürgerbeteiligung erforderlich |
Stufe
1 Information |
Stufe
2 Konsultation |
Stufe
3 Kooperation |
ja |
nein |
nein |
nein |
Beschreibung und Begründung des Verfahrens: (u.
a. Art, Zeitrahmen, Zielgruppe und Kosten des Bürgerbeteiligungsverfahrens) Die im Baugesetzbuch vorgeschriebenen Beteiligungsverfahren werden im
Rahmen der einzuleitenden Bauleitplanverfahren durchgeführt. |
F) Nachhaltigkeit der Maßnahme im Sinne des
Klimaschutzes:
Klimaschutz
betroffen |
Nachhaltigkeit |
kurz- bis mittelfristige
Nachhaltigkeit |
langfristige
Nachhaltigkeit |
ja |
nein |
nein |
ja |
Begründung der einfachen Dringlichkeit:
Um die Thematik der Ausweisung von Wohnbausiedlungsflächen zügig voran zu bringen, soll die Vorlage noch im laufenden Turnus beraten und entschieden werden.