Betreff
Aufhebung des Bebauungsplanes Nr. 126/II "Sandstraße"
- Bürgerantrag vom 08.11.19
- Bürgerantrag vom 24.11.19 (eingegangen am 09.12.19)
Vorlage
2019/3295
Aktenzeichen
011-12-11-lg
Art
Beschlussvorlage

 

Beschlussentwurf:

 

Die Bezirksvertretung für den Stadtbezirk II lehnt die Bürgeranträge ab.

 

 

gezeichnet:

Richrath

 

 

Begründung:

 

Der Petent hat sich mit Schreiben vom 08.11.2019 an den Ausschuss für Anregungen und Beschwerden gewandt. Der Bürgerantrag wird als Anlage 1 zur Kenntnis gegeben. Mit Schreiben vom 24.11.2019 schließt sich ein weiterer Petent dem bereits am 08.11.2019 eingegangen Bürgerantrag inhaltlich an. Dieses Schreiben wird als Anlage 2 zur Kenntnis gegeben.

 

Inhaltlich sprechen sich die Petenten für eine Aufhebung des Bebauungsplanes Nr. 126/II „Sandstraße“ und den Umlegungsbeschluss aus. Gemäß den Bürgeranträgen besteht derzeit aufgrund der Bevölkerungsentwicklung kein Bedarf an weiteren Wohnungsflächen.

 

Aus datenschutzrechtlichen Gründen können die personenbezogenen Daten der Originalanträge nicht mit abgedruckt werden. Sie sind zur weiteren Information der Mitglieder der Bezirksvertretung für den Stadtbezirk II den Sitzungsunterlagen in der nichtöffentlichen Anlage 3 beigefügt.

 

Die Verwaltung nimmt wie folgt Stellung:

 

Wohnraumbedarf der Stadt Leverkusen/Bevölkerungsentwicklung

Im Jahr 2003 hat die Stadt Leverkusen das Instrument der kommunalen Wohnungsmarktbeobachtung eingeführt, dessen wesentliche Ergebnisse sowohl zur Bevölkerungsentwicklung als auch zu den Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt jährlich untersucht und dokumentiert werden.

 

Nachdem viele Jahrzehnte die Einwohnerzahl in Leverkusen gewachsen ist, trat in den 1970er und 1980er Jahren ein Schrumpfungsprozess ein. Erst Ende der 1980er Jahre stieg durch die rege Zuwanderung aus den Ostblockstaaten die Einwohnerzahl an und pendelte sich Anfang der 1990er Jahre auf einen stabilen Wert von ca. 161.000 Einwohnern ein. Seit 2010 ist ein leichter Anstieg der Bevölkerungszahl zu verzeichnen, der durch die Flüchtlingswelle 2014/2015 verstärkt wurde und bis heute anhält.

 

Leverkusen bezieht ein Wanderungsplus nicht nur aus den Fernwanderungen, sondern auch durch sehr hohe Zuzüge aus Köln.

 

Am 31.12.2018 wurden in Leverkusen 167.150 Einwohner registriert. Ende Oktober 2019 lag die Zahl bei 167.433 Einwohnern. Dieser Wert wurde zuletzt Ende der 1970er Jahre notiert. Somit konnte sich nicht nur der anhaltende Trend zur konstanten Bevölkerungszahl, sondern es ist sogar ein Wachstum zu verzeichnen. Leverkusen steuert inzwischen auf die 170.000 Einwohner-Marke zu. Laut aktueller Bevölkerungsprognose des Landesbetriebs Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) von 2018 wächst die Bevölkerung in Leverkusen bis 2030 auf 170.400 Einwohner an. Legt man die Einwohnerzahl von IT.NRW aus dem Jahr 2018 zu Grunde, ist dies ein Zuwachs von rund 6.900 Einwohnern.

 

Die Stadt hat aktuell den Fortschreibungsentwurf des jetzigen Handlungsprogramms

Wohnen, das Wohnungsbauprogramm 2030+, den politischen Gremien zum Beschluss vorgelegt. Nach Berechnungen des beauftragten Gutachterbüros F+B wächst die Leverkusener Bevölkerung bis 2030 noch stärker als von IT.NRW prognostiziert, nämlich auf circa 175.800 Einwohner in der Status quo-Variante an. Das ist gegenüber 2018 ein Zuwachs von 8.650 Einwohnern.

 

In beiden Prognosen werden anhaltende Zuwanderungsüberschüsse nach Leverkusen, wie auch in den vergangenen Jahren, angenommen. Die außerordentlichen Flüchtlingszuwanderungen in 2015/2016 sind in beiden Prognosen nicht berücksichtigt worden.

 

Der Anteil der ausländischen Bevölkerung wächst deutlich an, im Gegensatz zum Anteil der deutschen Einwohner. Aus diesem Grund darf die Betrachtung sich nicht ausschließlich auf die Entwicklungen der deutschen Bevölkerung beziehen. Die ausländischen Einwohner sind ein Teil unserer Gesellschaft. Sie nutzen die Infrastrukturen und bedienen ebenfalls den Wohnungsmarkt, sowohl auf der Angebotsseite, als auch auf der Nachfrageseite.

 

Der Bedarf an zusätzlichem Wohnraum in Leverkusen hält aufgrund des beschriebenen Bevölkerungswachstums weiter an. Maßgeblich für den Bedarf ist die Entwicklung der Zahl der Haushalte, die stetig zunimmt und nach den Prognosen des IT.NRW bis 2040 um rund 6 % steigen wird. Gründe hierfür sind neben dem Einwohnerzuwachs und dem Wanderungsverhalten, wirtschaftliche Entwicklungen, die sich verändernde Altersstruktur der Einwohner oder das Familienbildungsverhalten.

 

Laut der Berechnungen zum Wohnungsbauprogramm 2030+ müssen bis 2030 jährlich 520 Wohnungen neu gebaut werden, um den Bedarf decken zu können. Insbesondere steigt ununterbrochen der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum und vor allem im preisreduzierten Mietwohnungsbau. Die seit Jahren anhaltende sehr niedrige Quote an leerstehenden Wohnungen, eine niedrige Umzugsrate und die steigenden Miet- und Kaufpreise für Immobilien deuten auf einen hohen Nachfragedruck am Leverkusener Wohnungsmarkt und eine hohe Auslastung des Wohnungsbestandes hin.

 

Auch aus Sicht der Wohnungsmarktexperten, die im Rahmen einer jährlichen Umfrage zu künftigen Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt befragt werden, ist der Wohnungsmarkt angespannt bis sehr angespannt. Neben einer Anspannung im preiswerten Mietsegment erwarten sie auch eine deutliche Anspannung im geförderten Mietwohnungsbau.

 

Die vorhandenen Reserveflächen des Flächennutzungsplanes werden voraussichtlich nicht ausreichen, um die Wohnbevölkerung Leverkusens zukünftig angemessen mit Wohnraum zu versorgen und eine entspannte Wohnungsmarktlage zu erreichen.

Es ist deshalb zwingend erforderlich, die derzeit vorhandenen Bauflächenpotentiale zu aktivieren und attraktiven Wohnraum im Einklang mit weiteren wohnverträglichen Nutzungen zu schaffen. Somit soll an der Umsetzung des betreffenden rechtsverbindlichen Bebauungsplanes festgehalten werden, weil das Planungsziel der Schaffung von Wohnraum in Leverkusen weiterhin Priorität genießt.

 

Umlegungs-/Bebauungsplanverfahren

Entsprechend der damals gebräuchlichen Handhabung hat der Rat der Stadt Leverkusen am 02.11.1993 für den seinerzeit noch in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan 126/II „Sandstraße“ ein zu seiner Realisierung notwendiges Bodenordnungsverfahren angeordnet (§ 46 Baugesetzbuch).

 

Mit der Anordnung beauftragt der Rat den in NRW zwingend zu bildenden Umlegungsausschuss mit der selbständigen und eigenverantwortlichen Durchführung des Verfahrens. Der Bebauungsplan wurde am 04.12.1995 rechtskräftig.

 

Entgegen der bis dahin üblichen Durchführung der Erschließungsarbeiten durch die Stadt Leverkusen nach einer Bodenordnung wurde dies für den Bebauungsplan 126/II jedoch nicht in Aussicht gestellt. Vielmehr sollte ein Erschließungsträger dafür gefunden werden. Unter diesen Voraussetzungen (nicht gesicherte nachfolgende Erschließung) stellte der Umlegungsausschuss die vollumfängliche Einleitung des Umlegungsverfahrens zunächst zurück.

 

In den folgenden Jahren gab es mehrfach interessierte Entwickler, die aber wiederum nicht bereit waren, eine Erschließungsverpflichtung zu übernehmen ohne gesicherte Aussicht auf einen möglichen Erwerb von Bauflächen der privaten Eigentümer.

 

In der Arbeitsgemeinschaft Bodenmanagement entstand schließlich in 2011 die Erkenntnis, die Erschließung nach einer Umlegung doch durch die Stadt Leverkusen selbst vorzunehmen zu lassen (es sei denn, es ließe sich dann ein Erschließungsträger finden).

 

Nach der Lösung der Stadt Leverkusen aus den Befangenheiten des Nothaushaltes, entsprechenden Abstimmungen mit dem Kämmerer und Vorarbeiten wurde 2013 der Einleitungsbeschluss gefasst.

 

Die anschließend begonnenen Verhandlungen mit den Beteiligten führten zur Aufstellung eines ersten Teilumlegungsplanes durch den Umlegungsausschuss am 25.09.2019. Er umfasst circa die südliche Hälfte des Gebietes und ist inzwischen rechtskräftig.

 

Aktualität des Bebauungsplanes 126/II „Sandstraße“

Die Planung, die auf Grund eines Wettbewerbes Anfang der 1990er Jahre entstanden ist und einen starken ökologischen Schwerpunkt auch hinsichtlich des Klimaschutzes hat, ist nach wie vor zeitgemäß. Es werden dort hauptsächlich Reihenhäuser (auf relativ kleinen Grundstücken), große öffentliche (Ausgleichs-)Grünbereiche, die den Ortsrand definieren, sowie eine Kita ermöglicht.

 

Zuständigkeit der Bezirksvertretung für den Stadtbezirk II

Bei einem Umlegungsplan handelt es sich um einen Verwaltungsakt. Gegen diesen kann der Eigentümer des entsprechenden Grundstücks innerhalb eines Monats nach Zustellung den in der Rechtsbehelfsbelehrung angegebenen Rechtsbehelf einlegen.

 

Nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 Hauptsatzung der Stadt Leverkusen sind Anregungen und Beschwerden, sofern sie sich gegen eine Maßnahme oder Unterlassung der Stadt Leverkusen richten, gegen die ein Rechtsbehelf eingelegt werden kann oder hätte eingelegt werden können, an die für deren Erledigung zuständige Stelle zurückzuweisen.

 

Gegen den ersten Teilumlegungsplan bestand bereits innerhalb der Rechtsmittelfrist die Möglichkeit einen Rechtsbehelf einzulegen. Eine Zuständigkeit für diesen ersten Teil-umlegungsplan der Bezirksvertretung für den Stadtbezirk II ist folglich zu verneinen. Zeitnah soll ein zweiter Teilumlegungsplan für das restliche Gebiet beschlossen werden. Gegen diesen zweiten Teilumlegungsplan kann erst nach dessen Erlass ein Rechtsbehelf eingelegt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt kann sich somit die Bezirksvertretung für den Stadtbezirk II mit dem Bürgerantrag befassen.