Betreff
Vorkaufsrecht der WGL - Beanstandung/Aufhebung des Ratsbeschlusses vom 10.02.2020
Vorlage
2020/3675
Aktenzeichen
011-34-03-wb
Art
Beschlussvorlage

 

Beschlussentwurf:

 

  1. Der Rat der Stadt Leverkusen nimmt zur Kenntnis, dass sein Beschluss vom 10.02.2020 zu Punkt 4 des Antrags Nr. 2019/3139, Mehr bezahlbarer Wohnraum, bezüglich eines Vorkaufsrechtes der Wohnungsgesellschaft Leverkusen GmbH (WGL) vom Oberbürgermeister der Stadt Leverkusen gemäß § 54 Absatz 2 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) beanstandet wird, da er das geltende Recht verletzt.

 

  1. Der Rat der Stadt Leverkusen hebt daher seinen Beschluss vom 10.02.2020 zu Punkt 4 des Antrags Nr. 2019/3139, Mehr bezahlbarer Wohnraum, bezüglich eines Vorkaufsrechtes der Wohnungsgesellschaft Leverkusen GmbH (WGL) auf.

 

gezeichnet:

Richrath

 

Begründung:

 

In seiner Sitzung am 10.02.2020 fasste der Rat der Stadt Leverkusen zu Punkt 4 des Antrags Nr. 2019/3139, Mehr bezahlbarer Wohnraum, folgenden Beschluss:

 

Die WGL erhält bei allen neuen zu vergebenden Wohnbauflächen ein Vorkaufsrecht.“

 

Der Antrag Nr. 2019/3139 mit Stellungnahme der Verwaltung vom 16.09.2019 sowie der Beschlusslauf zum Antrag sind dieser Vorlage zur Kenntnis nochmals beigefügt (s. Anlagen 1 und 2).

 

Mit Schreiben vom 13.02.2020 (s. Anlage 3) beantragte die CDU Fraktion, diesen Beschluss zu beanstanden und aufzuheben. Die Verwaltung hat zwischenzeitlich geprüft, ob der Beschluss rechtswidrig ist bzw. ob er gegebenenfalls rechtskonform ausgelegt werden kann.

Nachstehend wird die rechtliche Würdigung des Sachverhalts durch den Fachbereich Recht und Ordnung wiedergegeben.

 

„Rechtliche Würdigung

 

Nach dem System der gesetzlichen Vorkaufsrechte im Städtebaurecht übt die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht beim Eintritt eines Verkaufsfalles im Normalfall zu ihren eigenen Gunsten aus. Für die Ausübung des Vorkaufsrechts bedarf es der Rechtfertigung durch Gründe des Gemeinwohls, § 24 Abs. 3 S. 1 des Baugesetzbuches (BauGB). Es ist zudem der Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben, § 24 Abs. 3 S. 2 BauGB.

Eine Übertragung des Vorkaufsrechts auf einen Dritten ist der Gemeinde durch § 28 Abs. 2 S. 4 BauGB ausdrücklich untersagt: „Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar“. Damit ist eine Übertragung des Vorkaufsrechts von der Stadt auf die WGL rechtlich nicht zulässig. Der Ratsbeschluss vom 10.02.2020 mit dem Wortlaut aus Ziffer 4 des Antrags Nr. 2019/3139 ist insofern rechtswidrig und daher nach § 54 Abs. 2 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) zu beanstanden.

 

Wie vorstehend dargelegt, steht nur der Gemeinde das Vorkaufsrecht zu. Daneben kann die Gemeinde das Vorkaufsrecht gemäß § 27 a Abs. 1 BauGB aber zugunsten eines Dritten ausüben, wenn der Dritte zu der mit der Ausübung des Vorkaufsrechts bezweckten Verwendung des Grundstücks innerhalb einer angemessenen Frist in der Lage ist und sich hierzu auch verpflichtet. Eine weitere Voraussetzung ist, dass der Gemeinde das Vorkaufsrecht im konkreten Fall selbst zusteht, d.h. dass sie es zu ihren eigenen Gunsten ausüben dürfte. Insoweit müssen also alle Ausübungsvoraussetzungen erfüllt sein.

 

Bei dem Dritten muss es sich um eine von der Gemeinde zu unterscheidende eigene Rechtspersönlichkeit handeln. Nach dem Gesetzeswortlaut kann es sich daher auch um eine gemeindeeigene Gesellschaft, wie etwa eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft handeln (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, Kommentar zum Baugesetzbuch, 14. Auflage 2019, § 27a Rn 3 ff.). Damit kann die Stadt grundsätzlich auch zugunsten der WGL ihr Vorkaufsrecht ausüben.

 

Das Vorkaufsrecht zugunsten eines Dritten kann durch eine Gemeinde unter Anderem zum Zweck der sozialen Wohnraumförderung ausgeübt werden. Dass die Stadt künftig sämtliche zum Zweck der Förderung des sozialen Wohnungsbaus ausgeübten Vorkaufsrechte zugunsten der WGL ausübt, stellt nach Auffassung der Verwaltung jedoch eine Schaffung eines unzulässigen Wettbewerbsvorteils dar. Insofern ist der Argumentation der CDU-Fraktion zuzustimmen. Zwar steht die Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten eines Dritten im Ermessen der Gemeinde. Jedoch ist die Stadt damit auch zugleich verpflichtet, dieses Ermessen fehlerfrei und nicht einseitig zugunsten lediglich eines Dritten auszuüben. Eine generelle Ausübung des Vorkaufsrechts bei Wohnbauflächen zugunsten der WGL ist auf der Grundlage des § 27 a Abs. 1 BauGB insofern ebenfalls nicht zulässig.“

 

§ 54 Absatz 2 GO NRW legt fest: „Verletzt ein Beschluss des Rates das geltende Recht, so hat der Bürgermeister den Beschluss zu beanstanden. Die Beanstandung hat aufschiebende Wirkung. Sie ist schriftlich in Form einer begründeten Darlegung dem Rat mitzuteilen. Verbleibt der Rat bei seinem Beschluss, so hat der Bürgermeister unverzüglich die Entscheidung der Aufsichtsbehörde einzuholen. Die aufschiebende Wirkung bleibt bestehen.“

 

Aufgrund der zuvor dargestellten Rechtsauffassung der Verwaltung wird der Beschluss zu Punkt 4 des Antrags Nr. 2019/3139, Mehr bezahlbarer Wohnraum, bezüglich eines Vorkaufsrechtes der Wohnungsgesellschaft Leverkusen GmbH (WGL) durch den Oberbürgermeister der Stadt Leverkusen gemäß § 54 Absatz 2 GO NRW beanstandet, da er das geltende Recht verletzt (vergl, Beschlusspunkt 1 der Vorlage).

 

Dem Rat wird daher mit Beschusspunkt 2 der Vorlage vorgeschlagen, seinen am 10.02.2020 gefassten Beschluss zu Punkt 4 des Antrags Nr. 2019/3139, Mehr bezahlbarer Wohnraum, bezüglich eines Vorkaufsrechtes der Wohnungsgesellschaft Leverkusen GmbH (WGL) aufzuheben.