Beschlussentwurf:
Die Satzung zur 8. Änderung der Satzung über die Festsetzung der Steuerhebesätze für die Grundsteuer wird in der als Anlage 1 beigefügten Fassung beschlossen.
gezeichnet:
In Vertretung
Richrath Molitor
Begründung:
1.
Hintergrund/Notwendigkeit der
Grundsteuerreform
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 10.04.2018 (Az. 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12) die Regelungen des Bewertungsgesetzes zur Einheitsbewertung von Grundvermögen in den „alten“ Bundesländern, jedenfalls seit dem Beginn des Jahres 2002, für unvereinbar mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes (GG) und somit für verfassungswidrig erklärt. Hintergrund für das obenstehende Urteil waren die steuerlichen Ungleichbehandlungen von Grundvermögen aufgrund der über einen sehr langen Zeitraum nicht durchgeführten Aktualisierungen der Besteuerungsgrundlagen durch die Kommunen (im Westen Deutschlands zuletzt 1964 und im Osten Deutschlands zuletzt 1935).
Da die bisherigen Regelungen unter Berücksichtigung des obenstehenden Urteils verfassungswidrig sind, hat das Bundesverfassungsgericht bestimmt, dass der Bundesgesetzgeber das Grundsteuergesetz bis zum 31.12.2019 reformieren und neu regeln muss, um das Steueraufkommen dieser wichtigen Steuerart für die Gemeinden zu sichern. Der Bundesgesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts (Grundsteuer-Reformgesetz - GrStRefG) vom 26.11.2019 (BGBl. I S.1794) dieser Vorgabe entsprochen und mit Artikel 3 dieses Gesetzes eine Änderung des Grundsteuergesetzes (GrStG) vom 07.08.1973 (BGBl. I S. 965) beschlossen. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass der gesamte Grundbesitz in Deutschland auf den Stichtag 1. Januar 2022 neu bewertet wird, d. h., mit den am 1. Januar 2022 bestehenden Verhältnissen. Hierfür mussten die Eigentümer*innen eine Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts elektronisch an das Finanzamt übermitteln.
Darüber hinaus hat der Bundesgesetzgeber mit Art.1 des Änderungsgesetzes zum GG vom 15.11.2019 (BGBl. I S. 1546) beschlossen, dass gemäß Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG die Länder erstmalig ab dem 01.01.2025 über die Erhebung der Grundsteuer zu der Bundesgesetzgebung abweichende Regelungen treffen können (sog. Länderöffnungsklausel). Von dieser Möglichkeit haben fünf Länder Gebrauch gemacht (Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen). Das Saarland und Sachsen wenden grundsätzlich das Bundesmodell an, haben allerdings vom Bundesgesetz abweichende Steuermesszahlen eingeführt. Berlin hat eine vergleichbare landesgesetzliche Regelung angekündigt. Das Land Nordrhein-Westfalen hat von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht, sodass das Bundesgesetz ab dem 01.01.2025 auch für die Veranlagungen zur Grundsteuer in der Stadt Leverkusen Anwendung findet.
2.
Risiken der Einführung eines differenzierten
Hebesatzes
Am 04.07.2024 hat der Landtag NRW das Grundsteuerhebesatzgesetz (NWGrStHsG) verabschiedet, welches die Option der Einführung von differenzierten Hebesätzen in der Grundsteuer B eröffnet. Dies bedeutet, dass Kommunen eine Differenzierung zwischen Wohngrundstücken und Nichtwohngrundstücken vornehmen können. Zu beachten ist dabei, dass der Hebesatz für Wohngrundstücke nicht höher, als der Hebesatz der Nichtwohngrundstücke sein darf.
Es ist bekannt, dass bereits das Vorhaben der Einführung dieses Gesetzes erhebliche Bedenken und Kritik bei den Kommunen ausgelöst hat. Auch die kommunalen Spitzenverbände haben ihre Bedenken an einer rechtssicheren und verfassungs-konformen Umsetzung frühzeitig kundgetan. Nicht zuletzt hat der von der Stadt Leverkusen beauftrage Dienstleister bereits in seiner Stellungnahme von März 2024 darauf hingewiesen, dass eine technische Umsetzung der Einführung von differenzierten Hebesätzen bis zum Jahr 2025 nicht garantiert werden kann. Zwar besteht nun grundsätzlich eine technische Lösung, eine Umsetzbarkeit ist jedoch bis zum 01.01.2025 nicht mehr möglich. Vor dem Hintergrund der genannten Bedenken haben das Finanzministerium NRW sowie der Städtetag NRW unabhängig voneinander ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, um Zweifel an der rechtsicheren Umsetzung der differenzierten Hebesätze aus dem Weg zu räumen.
Das Rechtsgutachten des Finanzministeriums NRW (erstellt von den Universitätsprofessoren Dr. Drüen und Dr. Krumm) kommt im Wesentlichen zu dem Ergebnis, dass jedenfalls bei einer Hebesatzprivilegierung der Wohngrundstücke von bis zu etwa 50 Prozent keine bedeutsamen verfassungsrechtlichen Risiken oder Begründungsaufwände für die Kommunen bestehen. Die Professoren führen weiter aus, dass im Falle einer (hypothetischen) Gleichheitswidrigkeit einer differenzierenden Satzung das Steuerausfallrisiko der Kommunen zumindest auf das Niveau einer Anwendung des niedrigeren Hebesatzes für alle Grundstücksarten begrenzt wäre.
Die vom Städtetag NRW beauftragten Rechtsgutachter Dr. Hummel und Dr. Lampert kommen in ihrem Rechtsgutachten hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Risiken zu einer gegensätzlichen Einschätzung. Sie sind der Auffassung, dass eine rechtssichere Einführung von differenzierten Hebesätzen unter der Anwendung der Regelungen des NWGrStHsG nicht gegeben ist und bestätigen hierdurch die Kritik und Bedenken der Kommunen. Dr. Hummel und Dr. Lampert kommen in ihrem Rechtsgutachten jedoch ebenfalls zu dem Schluss, dass im Falle einer festgestellten Gleichheitswidrigkeit einer differenzierenden Hebesatzsatzung das Steuerausfallrisiko der Kommunen regelmäßig nur auf das Niveau einer allgemeinen Anwendung des ermäßigten Hebesatzes für alle Grundstücksarten zu begrenzen wäre.
Da bis zur endgültigen Klärung der Rechtssicherheit zur Einführung von differenzierten Hebesätzen der Grundsteuer B durch die höchstrichterliche Rechtsprechung mehrere Jahre vergehen können, liegt ein massives fiskalisches Risiko für die Kommunen vor. Die Verwaltung schlägt daher vor, die Verwendung von einheitlichen Hebesätzen für das Jahr 2025 beizubehalten und nimmt Abstand von der Option der Einführung differenzierter Hebesätze.
3.
Verwaltungsvorschlag zur Hebesatzanpassung
Bei der Grundsteuerreform zum 01.01.2025 handelt es sich faktisch um eine ‚Generalinventur‘ aller Grundstücke, was zu einer entsprechend hohen Anzahl an zu überprüfenden Daten führt. Das Finanzministerium NRW hat aufkommensneutrale Hebesätze für jede Stadt (in NRW) ermittelt und veröffentlicht. Diese basieren auf fundierten Berechnungsgrundlagen und sollen den Städten und Räten als Anhaltpunkt dienen, die Grundsteuer insgesamt auf einem stabilen Niveau zu halten. Trotz der schwierigen Haushaltslage möchte die Verwaltung an der Umsetzung einer aufkommensneutralen Grundsteuerreform festhalten und schlägt daher vor, die vom Finanzministerium NRW ermittelten und veröffentlichten aufkommensneutralen Hebesätze für das Jahr 2025, die diese Vorgabe erfüllen, unverändert und somit wie folgt zu übernehmen:
Hebesatz alt Hebesatz neu
Grundsteuer A 375 v.H. 671 v.H.
Grundsteuer B 750 v.H. 921 v.H.
(einheitlich)
Etwaige Veränderungen, die sich durch die zahlreichen Schätzungsbescheide sowie teilweise noch fehlenden Datensätze ergeben können, werden selbstverständlich durch die Fachverwaltung beobachtet, geprüft und entsprechend im Folgejahr berücksichtigt.
I) Finanzielle Auswirkungen im Jahr der
Umsetzung und in den Folgejahren
Nein
(sofern keine Auswirkung = entfällt die Aufzählung/Punkt beendet)
Produktgruppe: 1605 Steuern
Produkt: 160501 Grundsteuer A Sachkonto: 401100
ca. 93.000 € Einnahmen
Produkt: 160501 Grundsteuer B Sachkonto:
401200 ca. 50.320.000 € Einnahmen
Aufwendungen für die Maßnahme: €
Fördermittel beantragt: Nein Ja %
Ratsbeschluss vom zur
Vorlage Nr.
Ja –
investiv
Finanzstelle/n: Finanzposition/en:
Auszahlungen für die Maßnahme: €
Fördermittel beantragt: Nein Ja %
Name Förderprogramm:
Ratsbeschluss vom zur
Vorlage Nr.
Beantragte Förderhöhe: €
Maßnahme ist im Haushalt
ausreichend veranschlagt
Ansätze sind ausreichend
Deckung erfolgt aus Produkt/Finanzstelle
Jährliche Folgeaufwendungen ab
Haushaltsjahr:
Bilanzielle Abschreibungen: €
Hierunter fallen neben den
üblichen bilanziellen Abschreibungen auch einmalige bzw. Sonderabschreibungen.
Aktuell nicht bezifferbar
Jährliche Folgeerträge
(ergebniswirksam) ab Haushaltsjahr: 2025
Erträge
(z. B. Gebühren, Beiträge, Auflösung Sonderposten): €
Produkt:
Sachkonto
Einsparungen ab Haushaltsjahr:
Personal-/Sachaufwand: €
Produkt:
Sachkonto
II) Nachhaltigkeit der
Maßnahme im Sinne des Klimaschutzes:
Klimaschutz betroffen |
Nachhaltigkeit |
kurz- bis mittelfristige Nachhaltigkeit |
langfristige Nachhaltigkeit |
ja nein |
ja nein |
ja nein |
Begründung der einfachen Dringlichkeit:
Um die größtmögliche Datengrundlage zur Ermittlung der Hebesätze heranziehen zu können, war eine Erstellung der Vorlage zu einem früheren Zeitpunkt nicht möglich. Um ein Inkrafttreten zum 01.01.2025 zu ermöglichen, ist die Beschlussfassung noch im laufenden Turnus erforderlich.