Betreff
Einbindung des Rates bei der Festsetzung des kalkulatorischen Zinssatzes zur Berechnung kalkulatorischer Zinsen von Schmutz- und Niederschlagswassergebühren
- Bürgerantrag vom 31.01.17 m. Erg. v. 06.02.17
Vorlage
2017/1578
Aktenzeichen
011-12-11-sc
Art
Beschlussvorlage

 

Beschlussentwurf:

 

1.    Der Ausschuss für Anregungen und Beschwerden nimmt zur Kenntnis, dass der Rat der Stadt Leverkusen bei der Festsetzung des kalkulatorischen Zinssatzes zur Berechnung kalkulatorischer Zinsen von Schmutz- und Niederschlagswassergebühren eingebunden wird.

 

2.    Der Ausschuss nimmt zur Kenntnis, dass die von den Technischen Betrieben der Stadt Leverkusen AöR erhobenen Gebührensätze für Schmutz- und Niederschlagswasser im Landesvergleich nicht überhöht sind.

 

3.    Eine Reduzierung der Gebührensätze für Schmutz- und Niederschlagswasser kann der Ausschuss nicht empfehlen.

 

 

gezeichnet:

Richrath

Begründung:

 

Mit Schreiben vom 31.01.2017 (s. Anlage 1) und ergänzendem Schreiben vom 06.02.2017 (s. Anlage 2) beantragt der Petent, den Rat der Stadt Leverkusen bei der Festsetzung des kalkulatorischen Zinssatzes zur Berechnung kalkulatorischer Zinsen von Schmutz- und Niederschlagswassergebühren einzubinden und die Höhe des Gebührensatzes sozialverträglich zu reduzieren.

 

Aus datenschutzrechtlichen Gründen können die personenbezogenen Daten des Originalantrags nicht mit abgedruckt werden. Sie sind zur weiteren Information der Mitglieder des Ausschusses für Anregungen und Beschwerden den Sitzungsunterlagen in der nichtöffentlichen Anlage 6 beigefügt.

 

Festsetzung des kalkulatorischen Zinssatzes

 

Fremd- und Eigenkapitalzinsen werden in der Gebührenberechnung zusammengefasst als kalkulatorische Zinsen bezeichnet, die unabhängig von den tatsächlich gezahlten Fremdkapitalzinsen als Kosten angesetzt werden können. Sie drücken ebenso wie die Abschreibungen einen Werteverzehr aus. Der Ansatz nicht nur der Fremdkapitalverzinsung sondern auch der Eigenkapitalverzinsung ist in § 6 Abs. 2 Satz 4 Kommunalabgabengesetz Nordrhein-Westfalen (KAG) ausdrücklich vorgesehen und vom Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19.09.1983 – 8 B 117.82 –, als rechtlich fehlerfrei bestätigt worden.

 

Der Zinssatz, der der Kalkulation und somit der Ermittlung des Gebührensatzes zugrunde liegt, wird für jedes Jahr berechnet. In jeder Vorlage der Technischen Betriebe der Stadt Leverkusen AöR (TBL) zur Festsetzung der Schmutz- und Niederschlagswassergebühren wird der Zinssatz ausgewiesen (s. Erläuterung der Kosten- und Gebührenentwicklung im Einzelnen unter Ziffer 2.4 der jeweiligen Begründung der Vorlagen).

 

Nach Maßgabe des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf ist die Berechnung des kalkulatorischen Zinssatzes auf Basis des Urteils des Oberverwaltungsgerichtes NRW (Urteil vom 13.04.2005 – 9 A 3120/03 – auf Basis der Zinsen für langfristige Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapiere inländischer öffentlicher Emittenten der letzten 50 Jahre vorzunehmen. Diese Berechnung erfolgt jedes Jahr. Der kalkulatorische Zinssatz beträgt für das Jahr 2015 6,6 %, für das Jahr 2016 6,5 % und für das Jahr 2017 6,4 % (s. Anlage 2 zu dieser Stellungnahme).

 

Der durchschnittliche Zinssatz ist angemessen, da bei den langlebigen Wirtschaftsgütern „Kanäle“ ja nicht nur die derzeitig niedrigen Zinsen angefallen sind, sondern auch Baukosten und Zinszahlungen in den Hochzinsphasen entstanden sind.

 

Aus der in der Anlage 3 dargestellten Zinsberechnung ist ersichtlich, dass der Zinssatz den rechtlichen Anforderungen entspricht.

 

In § 77 der Gemeindeordnung NRW (GO) ist die Reihenfolge der Finanzmittelbeschaffung vorgeschrieben. Danach hat die Gemeinde die erforderlichen Finanzmittel vorrangig aus speziellen Entgelten für erbrachte Leistungen zu beschaffen und nur darüber hinaus erforderliche Einnahmen sind über Steuern zu erheben.

 

Eine freiwillige Einnahmeverkürzung bei den Gebühren führt dazu, dass sich die angespannte Haushaltslage der Stadt Leverkusen weiter verschärft.

 

Eine Gemeinde mit Haushaltssanierungsplan (HSP) bzw. im Nothaushalt ist verpflichtet, alle Einnahmemöglichkeiten, soweit vertretbar, auszuschöpfen.

 

Soziale Aspekte

 

Die Abmilderung von sozialen Härten durch Abwassergebührenfestsetzungen wird durch das Land nach dem Gemeindefinanzierungsgesetz gefördert. Gefördert werden Kommunen, deren Gebührensatz (kumuliert für Schmutz- und Niederschlagswassergebühren) über einem Betrag liegen, der als sozial nicht mehr vertretbar angesehen wird. Dieser Satz liegt für 2015 bei 6,01 € (Gebührensatz Leverkusen = 2,40 € für Schmutzwasser plus 1,14 € für Niederschlagswasser = 3,54 €) und für 2016 bei 6,02 € (Gebührensatz Leverkusen = 2,43 € für Schmutzwasser plus 1,10 € für Niederschlagswasser = 3,53 €).

 

Eine soziale Überforderung lässt sich insoweit nicht nachvollziehen.

Auch ein Vergleich der Gebührensätze der Städte und Gemeinden von Nordrhein-Westfalen lässt keinen anderen Schluss zu.

 

So lag der durchschnittliche Gebührensatz in 2015 für Schmutzwasser bei 2,97 € und für Niederschlagswasser bei 0,82 € und in 2016 für Schmutzwasser bei 3,00 € und für Niederschlagswasser bei 0,83 €.

 

Aus den Anlagen 4 und 5 ist zu entnehmen, dass die Gebührensätze der TBL auch im landesweiten Vergleich nicht überhöht sind.

 

Beteiligung des Rates

 

Jede Vorlage über die Festsetzung der Entwässerungsgebühren wird dem Rat der Stadt Leverkusen zur Zustimmung vorgelegt, da der Rat gem. § 6 Abs. 3 der Satzung der Stadt Leverkusen über die Anstalt des öffentlichen Rechts "Technische Betriebe der Stadt Leverkusen " vom 19. Oktober 2006 ein Weisungsrecht gegenüber dem Verwaltungsrat hat.

 

Der Rat der Stadt Leverkusen hat somit schon heute das Recht und die Möglichkeit, auf die Gebührenhöhe Einfluss zu nehmen.

 

(Hinweis des Fachbereichs Oberbürgermeister, Rat und Bezirke: Die unten aufgeführten Anlagen sind im Ratsinformationssystem Session auch in farbiger und vergrößerter Darstellung einzusehen.)