Betreff
Verstetigung von pädagogisch/therapeutischen Präventionsangeboten für psychisch belastete Familien in Leverkusen
Vorlage
2021/0910
Art
Beschlussvorlage

 

Beschlussentwurf:

 

1.    Die Verwaltung wird beauftragt, dem Sozialdienst kath. Frauen Leverkusen e. V. für die Durchführung des Projektes „Löwenkinder“ im Rahmen des Präventionsangebotes für psychisch belastete Familien in Leverkusen einen jährlichen Zuschuss aus den bei Innenauftrag 510006150103, Sachkonto 533400, bereitstehenden Mitteln für Personalkosten in Höhe von 27.755,37 € zur Verfügung zu stellen.

 

2.    Darüber hinaus wird die Verwaltung beauftragt, dem Sozialdienst kath. Männer Leverkusen e.V. für die Durchführung des Gesamt-Projektes „Jungenarbeit in Leverkusen“ einen jährlichen Zuschuss aus den bei Innenauftrag 510006150103, Sachkonto 533400, bereitstehenden Mitteln in Höhe von 175.106,32 € zu erstatten.

 

3.    Ebenso wird die Verwaltung beauftragt, der Katholischen Beratungsstelle für die Durchführung des Projektes „Chance for Kids“ einen jährlichen Zuschuss aus den bei Innenauftrag 510006150103, Sachkonto 533400, bereitstehenden Mitteln in Höhe von 49.843,82 € zur Verfügung zu stellen.

 

 

gezeichnet:

                                                              In Vertretung                                 In Vertretung

Richrath                                              Molitor                                             Adomat

Begründung:

 

Die Psychotherapeutenkammer gab mit Stand 29.05.2020 bekannt, dass im gesamten Bundesgebiet einer Schätzung nach, ca. drei Millionen Kinder und Jugendliche vorübergehend oder dauerhaft mit psychisch erkrankten Elternteilen zusammenleben.

 

Legt man in NRW eine Einwohnerzahl von ca. 18 Millionen zugrunde, dürfte die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit psychisch erkrankten Eltern in NRW bei ca. 660.000 liegen. Noch weiter heruntergebrochen leben in der Stadt Leverkusen (bei einer Einwohnerzahl von 170.000) mindestens 1.620 Kinder und Jugendliche mit psychisch erkrankten Eltern. Diese Zahlen sind zu Beginn der Pandemie erhoben worden und beinhalten auch keine Zahlen zu suchterkrankten Eltern. Dies bedeutet, dass die aktuelle Dunkelziffer höher sein kann und von einer deutlichen Unterschätzung der Prävalenzen ausgegangen werden muss. Vorsichtig geschätzt kann von ca. 4.000 betroffenen Kindern und Jugendlichen in psychisch belasteten Familiensystemen in Leverkusen ausgegangen werden.

 

Die Kinder und Jugendlichen aus Familien mit einem psychisch erkrankten Elternteil haben ein im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ein- bis zu achtfach erhöhtes Risiko, selbst psychisch zu erkranken. Ca. 50 % der Eltern von Kindern und Jugendlichen, die sich in stationärer kinder- und jugendpsychiatrischer Behandlungen befinden, weisen eine relevante psychische Störung oder Suchterkrankung auf. Psychische Störungen von Müttern und Vätern gelten als besonders starker Risikofaktor für das Auftreten von Vernachlässigung und Misshandlung. Hinsichtlich der Tragweite und des umfassenden Handlungsbedarfs sei auch auf den Abschlussbericht der auf Bundesebene installierten Arbeitsgruppe „Kinder psychisch- und suchterkrankter Eltern“ des Deutschen Bundestages von 2019 hingewiesen. Auch in den Kommentaren zum Kinderstärkung Gesetz (SGB VIII-Reform) wurde die Bedeutung dieser Zielgruppe immer wieder betont.

 

Die aktuelle Versorgungssituation für Mitglieder dieser Familien deckt bei weitem nicht den Bedarf. Bundesweit wird von einer Abdeckung über stationäre Hilfen für Kinder und Jugendliche aus psychisch belasteten Familien von ca. 21 % ausgegangen. Die restlichen Hilfen müssen in Form von ambulanten Hilfen gedeckt werden. Hierbei übernimmt einen Teil die Jugendhilfe in Form von ambulanten Hilfen zur Erziehung. Ein weiterer Teil wird über ambulante Angebote freier Träger der Jugendhilfe und Beratungsstellen abgedeckt.

 

Bisher konnten Projekte wir „Löwenkinder“, „Chance for Kids- Löwenstark-gruppen/Löweneltern“, und die Jungenarbeit des SKM über Spenden und Fördermittel verschiedener Stiftungen gesichert werden. Im Laufe der Jahre wurden diese Angeboten zu einem festen Bestandteil der Angebote für psychisch belastete Familiensysteme für Leverkusen. Ein Wegfall dieser Angebote stellt eine eklatante Lücke im Versorgungssystem dieser Bedarfe dar, die über andere Angebote der Jugendhilfe gedeckt werden müssten und zu einer nicht unerheblichen Kostensteigerung vor allem bei den stationären Hilfen führen würde. Auch hat die kommunale Sozialpolitik den Auftrag Versorgungslücken zu schließen oder geschlossen zu halten und Ungleichversorgungen zu vermeiden. Daher ist eine Verstetigung der hier dargestellten beratenden, pädagogischen und therapeutischen Angebote zur Vermeidung der Entstehung von tradierten psychischen Belastungen durch „geerbte und unbehandelte“ Familiensysteme und damit einhergehender die Problematisierung von Kindern, Jugendlichen und deren Eltern über Generationen sowie der Entstehung von Kinder- und Familienarmut zwingend notwendig.

 

Projekt Löwenkinder

„Löwenkinder“ ist seit 2017 ein Gruppenangebot für Kinder psychisch belasteter Eltern und ihren Familien in Leverkusen. Anfangs wurde als Gemeinschaftsprojekt der Katholischen Erziehungsberatungsstelle und des SKF im Rahmen des Projektes „Chance for Kids“ konzipiert sowie über Eigenmittel und Stiftungsgelder finanziert umgesetzt. Erfolgte 2017 und 2018 jeweils ein Durchlauf pro Jahr. Weil der Bedarf und das Interesse sehr groß waren, hat der SKF zur weiteren Unterstützung einen Antrag bei der Rheinenergiestiftung Familie gestellt und für die Jahre 2019 und 2020 die finanzielle Unterstützung für je zwei Durchläufe pro Jahr erhalten. Ein Folgeantrag wurde im Dezember 2020 von der Rheinenergiestiftung Familie bestätigt, sodass auch in 2021 zwei Durchläufe stattfinden können. Hierbei handelte es sich um eine Anschubfinanzierung eine Weiterfinanzierung ab 2022 durch die Stiftung ist nicht möglich. Im Sommer 2020 ist der Kollege der Erziehungsberatungsstelle aus dem Projekt ausgeschieden, der SKF betreut das Projekt „Löwenkinder“ nun alleinverantwortlich.

 

Die grundlegende Methodik des Projekts „Löwenkinder“ ist die präventive Gruppenarbeit zur Stärkung und Stabilisierung der Kinder und ihrer Familien. Es orientiert sich an dem Programm „Trampolin Plus“ der katholischen Fachhochschule Köln. Es werden klar definierte Ziele verfolgt, die aufgrund der Erkenntnisse der Resilienz Forschung als besonders gut beeinflussbar gelten. Alle in dem Projekt eingesetzten Pädagoginnen und Pädagogen haben diesbezüglich Schulungen absolviert. Grundsätzlich haben alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen sozialpädagogischen Hintergrund. Zwei Projektmitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter können des Weiteren systemische Beratung und familientherapeutische Ausbildungen vorweisen. Eine Mitarbeiterin verfügt zusätzlich über eine Ausbildung als systemische Trauma-Fachberaterin.

 

Jeder „Durchlauf“ des Projektes besteht aus neun Gruppensitzungen (á 1,5 Stunden) für Kinder zwischen 8 und 12 Jahren bei einer Gruppengröße von 8 Kindern. Dazu kommt ein Elternabend sowie zwei Familiennachmittage. Eine aktive Teilnahme der Eltern ist ausdrücklich erwünscht. Sollten Eltern ihr Kind nicht verlässlich eigenverantwortlich bringen können, bietet der Träger einen Fahrdienst an, um eine Teilnahme der Kinder an dem Angebot sicher stellen zu können. Kindergruppe, Elternabende und Familiennachmittage werden gerahmt durch Vor- und Nachgespräche zum Angebot. Jede Gruppenstunde steht unter einem anderen Motto. Sie haben immer einen ähnlichen Ablauf. Dieser hohe Wiedererkennungswert gibt den Kindern Sicherheit. Kinder aus belasteten Familien erleben zu Hause oft einen Mangel an Struktur, Zuverlässigkeit und Planbarkeit. Daher sind wiederkehrende Elemente im Gruppenablauf, die für Verlässlichkeit und Kontinuität stehen, besonders wichtig. Die teilnehmenden Kinder erleben hier einen sicheren „Schutzraum“ für ihre Themen und Gespräche.

 

Neben den Gruppenstunden mit den Kindern findet eine intensive Eltern- und Familienarbeit statt. Ein wichtiges Ziel der begleitenden Arbeit mit den Eltern und der Familie ist es, dass die betroffenen Eltern für die Auswirkungen der Erkrankung auf ihre Kinder und die Familie sensibilisiert werden.

 

Die Vorgespräche dienen der Vorstellung des Projekts, der Klärung von Fragen in Bezug auf familiäre Ressourcen, Interessen, Passgenauigkeit und mögliche Kontraindikationen. Zu den Familiennachmittagen sind auch Geschwisterkinder eingeladen. Bei den Elternabenden haben die Eltern die Möglichkeit, sich in vertrauensvoller und wertschätzender Atmosphäre mit den anderen Betroffenen auszutauschen und für sie relevante Themen zu besprechen. Nach Beendigung der Gruppenstunden werden die Eltern zu Nachgesprächen eingeladen. Es gibt ausreichend Zeit für Rückmeldungen. Es geht darum, positive Veränderungen im Familienalltag der betroffenen Familien zu benennen und zu ihrer Festigung beizutragen. Mögliche Schritte zur weiteren Unterstützung der Familie können u.a. hier besprochen werden.

 

Durch die Teilnahme der Kinder am Gruppenangebot „Löwenkinder“ sollen folgende Ziele bzw. Veränderungen bei den betroffenen Kindern und ihren Familien erreicht werden:

1.     Reduzierung der psychischen Belastung der Kinder durch Aufklärung über die Themen Sucht und psychische Erkrankungen in für Kinder verständlicher Art und Weise und Auflösung der Tabuthemen.

2.    Entwicklung von Strategien zur Stressbewältigung mit den Kindern.

3.    Erlernen eines angemessenen Umgangs mit den eigenen Gefühlen.

4.    Heranführung an mögliche individuelle Problemlösungs- und Verhaltensstrategien (Hilfesuchverhalten).

5.    Erhöhung der Selbstwirksamkeit.

6.    Aufbau eines positiven Selbstkonzepts.

 

Das Angebot ist für alle Eltern und Kinder in Leverkusen kostenlos zugänglich. Es werden alle Zugangsmöglichkeiten, wie Schulen, Ärzte, Beratungsstellen, Sozialräume, Arbeitskreise, Sozialpsychiatrisches Zentrum, Sozialpädiatrisches Zentrum, Tagesklinik der LVR Klinik und das Jugendamt, zur Kooperation genutzt. Um das Projekt zu bewerben und damit den Zugang für die betroffenen Familien möglichst niederschwellig zu halten, werden regelmäßig Flyer und andere Mittel hergestellt und über die Kooperationspartner verteilt.

 

Das Projekt „Löwenkinder“ wurde bisher über die Stiftung finanziert. Da „Löwenkinder“ sich zu einem festen präventiven Angebot im Rahmen der Arbeit mit Kindern und Elternpsychisch belasteter Familien etabliert hat und auf Dauer angelegt sein soll, ist eine Bezuschussung von jährlich 27.755,37 € aus dem o. g. Haushaltsansatz notwendig. Der Betrag setzt sich zusammen aus den Kosten für die Fachleistungsstunden der Pädagoginnen und Pädagogen sowie entstehende Kosten für Öffentlichkeitsarbeit und Materialkosten für die methodische Ausgestaltung von Gruppenangeboten und Familiennachmittagen sowie den Kosten für den Fahrdienst.

 

Chance for Kids

Bei dem Projekt „Chance for Kids“ handelt es sich um eine Maßnahme für psychisch belastete Familiensysteme. Dabei handelt es sich um Angebote und Strukturen, die im Rahmen der Projektförderung „Chance for Kids“ geschaffen und in Regelangebote sowohl in der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche als auch in die Leverkusener Versorgungslandschaft integriert wurden. Bisher wurde das Projekt von der Auridis-Stiftung und dem DiCV gefördert. Die Förderung endet 2021. Eine Finanzierung über diese Geldgeber ist ab 2022 ausgeschlossen, da es sich um eine reine Anschubfinanzierung handelte. Die Wirksamkeit des Projektes „Chance for Kids“ wurde im Rahmen einer zweijährigen Evaluation durch das Institut für Kinder- und Jugendhilfe (IKJ) Mainz bestätigt. Die Anbindung der Angebote an eine Erziehungsberatungsstelle war im Projektdesign ausdrücklich gewünscht. Dabei galten sowohl die vom Land in den Förderrichtlinien geforderte beratend-therapeutische Zusatzausbildung der Mitarbeiter*innen der Erziehungsberatungsstelle als auch die Multidisziplinär Arbeit des Teams als Bedingungen für die Projektförderung und den damit verbundenen Strukturaufbau.

 

Das Leverkusener Projekt ist Bestandteil des Netzwerkes der „Chance for Kids“-Projekte in zehn weiteren Städten. Zudem ist die Projektleitung in verschiedenen einschlägigen Gremien im Leverkusener Stadtgebiet (z. B. Arbeitskreis Gesundheit, AK Kinder psychisch belasteter Familien etc.) engagiert. Es besteht eine Kooperation mit dem Fachbereich Kinder und Jugend sowie der Gesundheitsbehörde.

 

Als Folge der psychischen Erkrankung sind die Beziehungen in der Familie, ob von Eltern zu Kindern oder der Eltern untereinander, stark gefährdet und vermehrt konflikthaft. Es kommt signifikant häufiger zu Trennungen oder Scheidungen. Die bekannten, wissenschaftlich erhobenen Probleme der Kinder aus diesen Familiensettings sind Parentifizierung, Schuld- und Schamgefühle, einhergehend mit der oft verminderten Erziehungskompetenz der Eltern, psychisch und emotional überfordernde und nicht förderliche Beziehungsmuster innerhalb des Familiensystems. Das Bindungserleben und Bindungsverhalten der Kinder kann so von Instabilität und Distanz bestimmt sein. Die mit der psychischen Erkrankung ebenfalls statistisch belegt, vermehrt auftretende Armut der Familien erschwert für die Kinder darüber hinaus die soziale Teilhabe.

 

Das Projekt Chance for Kids bietet Präventionsarbeit auf drei Ebenen. Die ersten beiden Ebenen: edukationale Aspekte, Frühintervention erfolgt im Rahmen der Eltern-Kind-Gruppen (Löwenstark-Gruppen). Eltern und Kindergruppen werden getrennt durchgeführt, jedoch sind dieselben Multiplikatorinnen/Multiplikatoren involviert, sodass Themen über die Gruppengrenzen hinweg besprochen werden können. Die dritte Präventionsstufe beinhaltet im Angebotskontext beratend-therapeutische Arbeit zur Verhinderung von Chronifizierungen destruktiver Kommunikationsformen, die den Bindungsaufbau zwischen Eltern und Kindern verhindern. Dafür wurde im Laufe des Projektes „Chance for Kids“ besonders der Mate-Meo-Ansatz im Rahmen der Einzelfallarbeit erfolgreich angewandt und begleitend zu der Gruppenarbeit in dies systemische Beratung integriert.

 

Im Kalenderjahr können zwei Durchläufe mit dazugehörigen Einzelfallberatungen realisiert werden. Es können jeweils acht Bürgerinnen bzw. Bürger an einem Gruppensetting teilnehmen.

 

Zielgruppen dieses Projektes sind:

  • Mütter und Väter, die unter besonderen Belastungen leben, bzw. von einer psychischen Erkrankung betroffen oder bedroht sind,
  • Kinder und Jugendliche, die einen besonderen Schutz vor den Belastungen der Kindseltern benötigen,
  • Familien, die trotz familiärer Belastungen ihren Alltag gemeinsam genießen möchten,
  • Familien, die aufgrund der psychischen Belastung von Armut bedroht sind oder Familien, die Aufgrund von Armut besonders psychisch belastet sind.

 

Ziele des Angebotes sind:

  • Die Förderung von Resilienz-Prozessen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.
  • Eine Entstigmatisierung von psychischen Krisen und davon Betroffenen.
  • Unterstützungsangebote im Spannungsfeld „psychische Belastung und Elternschaft“.
  • Unterstützungsangebote im Spannungsfeld „Sorge um ein Elternteil und eigene kindliche Entwicklung“.
  • Die bedürfnis- und altersangemessene Versorgung von Kindern durch ihre Eltern, auch in Krisen und Notsituationen.
  • Der Schutz des Kindeswohls vor dem Hintergrund starker Beanspruchung kindlicher Ressourcen durch die elterlichen Belastungen.

 

Das Projekt „Chance for Kids“ wurde bisher über Spenden finanziert. Da „Chance for Kids“ sich zu einem festen Angebot im Rahmen der Präventiven Angebote in der Stadt Leverkusen etabliert hat und auf Dauer angelegt sein soll, ist eine Bezuschussung von insgesamt jährlich 49.843,82 € aus dem o.g. Haushaltsansatz notwendig. Der Betrag setzt sich zusammen aus den Personalkosten 36. 494,12 €, den Kosten für Fortbildung und Supervision 1.286,78 € sowie Sach- und Gemeinkosten in Höhe von insgesamt 12.062,91 €.

 

Jungenarbeit in Leverkusen

Das Angebot der Jungenarbeit vom SKM setzt sich dadurch von den vorher beschriebenen Projekten ab, dass die Arbeit ausschließlich mit Jungen die psychisch belastet sind, einen Bestandteil eines Gesamtkonzeptes darstellt. Der öffentlichen und wissenschaftlichen Berichterstattung folgend, gelten Jungen als Sorgenkinder unserer Gesellschaft. Viel diskutiert wird das Thema Bildungsverlierer und die Gewaltbereitschaft mancher männlichen Jugendlichen. Die Lebenswelt der Jungen ist jedoch viel komplexer und beinhaltet tatsächlich alle Aspekte des Heranwachsens vom Kindergartenalter bis hin zur Adoleszenz. Das SGB VIII fordert in §9 Abs. 3, dass bei der Ausgestaltung der Leistungen die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jugend zu fördern sind. Der SKM bietet mit dem Projekt Jungenarbeit pädagogische Angebote für alle Themengebiete exklusiv für Jungen in Leverkusen.

 

Bereits zur Gründungsgeschichte des SKM im Jahr 1952 sprach man in einer Satzungszeile von „gefährdeten und verwahrlosten Jünglingen und Knaben“ und legte einen besonderen Fokus auf diese Zielgruppe. Zu dieser Zeit war das Thema, Halt in der Gesellschaft finden für Jungen ein zentrales Thema.

 

Dieses Thema ist für Jungen noch immer aktuelles Thema. Seit 2005 konnten verschiedene Angebote an diversen Standorten und zu verschiedenen Themen über Stiftungen und Spenden entwickelt und durchgeführt werden. Die Jungenarbeit des SKM entwickelt sich stetig weiter. Sowohl aus der Basis heraus (Sicht der Jungen) als auch aus der Metaebene (Jugendhilfe, Schulen etc.) heraus entstehe neue passgenaue Projekte und Angebote.

 

Die Jungenpädagogen in diesem Angebot sind alle ausgebildete Sozialpädagogen, Sozialwissenschaftler und Heilerziehungspfleger mit Zusatzausbildungen, z. B. im Bereich Gewaltprävention, systemischer Arbeit und Beratung, Naturpädagogik und Interventionen, bei psychisch belasteten Familien. Die professionellen Jungenarbeiter dieses Projektes verstehen sich als Berater, begleitend bei bereits bestehenden Anliegen und als Lotsen, um Anschlusshilfen oder Maßnahmen zu initiieren. Die Angebote verfolgen den präventiven Ansatz. Über den Präventionsgedanken hinaus wird die Jungenarbeit als gezielte Intervention mit einzelnen Jungen oder als Soziale Gruppenarbeit fortgeführt. Das Angebot richtet sich an alle Jungen im Stadtgebiet Leverkusen, unerheblich welcher Herkunft, Alter, Schulbildung etc.

 

Ziele der Arbeit sind:

 

  • Entlastung von rigiden Männlichkeitsbildern, Rollenvorbilder werden bearbeitet, die eigene männliche Identität soll anfänglich bearbeitet werden.
  • Eigene Haltung in der Identitätsfindung entwickeln.
  • Sensibilisieren für eigene Gefühle und Bedürfnisse.
  • Empathie-Fähigkeit und Verantwortlichkeit fördern.
  • Regeln (gesellschaftlicher, persönlicher, gesetzlicher Art, Ethik und Moral) verstehen und akzeptieren lernen.
  • Eigene Ressourcen entdecken, Selbstwertgefühl fördern, Resilienzarbeit.
  • Wahrnehmen und respektieren eigener und fremder Grenzen.
  • Verbale und nonverbale Kommunikation stärken.
  • Kooperationsfähigkeit und Konfliktfähigkeit fördern.
  • Positives Körpererleben ermöglichen und gesunde Verhaltensweisen fördern.
  • Umgang mit schädigenden Substanzen/Verhaltensweisen lernen.
  • Vertrauen zu sich selbst und zu anderen aufbauen.
  • Gelungener und sicherer Umgang mit Liebe, Partnerschaft und Sexualität.
  • Selbstschutz und Selbstverantwortung für die eigene Gesundheit übernehmen lernen.

 

Der SKM Leverkusen stellt für die Arbeit, sowohl eigene Beratungsräume als auch Gruppenräume in der Geschäftsstelle zur Verfügung. Bis kurz vor der Flut konnten die Jungenarbeiter die aufsuchende Arbeit mit einem eigenen Fahrzeug tätigen. Dieses wurde leider zerstört und muss ersetzt werden. Die Jungenarbeiter sind mit Laptop und Handy mobil ausgestattet und somit auch digital mit den Jungen im Austausch. Die Jungenarbeit hat ein eigenes Profil bei Instagram und ist unter Bros_Leverkusen interaktiv für die Kinder und Jugendlichen präsent.

 

Die Arbeit im Projekt Jungenarbeit Leverkusen setzt sich aus verschiedenen Beratungsangeboten und pädagogischen Angeboten zusammen:

 

  • Elternsprechstunde für Eltern mit Themen, die ihre Söhne betreffen (anonym, niederschwellig, kostenlos).
  • Teilnahme an der Gremienarbeit (z. B. in Arbeitskreisen).
  • Netzwerkarbeit und Kooperationen (z. B. mit Schulen, dem Jugendamt etc.).
  • Individuelle Beratung im Rahmen von Einzelgesprächen für Jungen (anonym, niederschwellig, kostenlos).
  • Gruppenangebote (z. B. in OGS, Schulen, Vereinen, Bros_Leverkusen).
  • Projekte:

Echte Kerle (Identität).

Fitte Kerle (Gesundheit).

Geile Kerle (Sexualprävention).

Fair kann mehr (Gewaltprävention).

Hercooles (Selbstbehauptung).

Minimänner (für Kindergartenkinder).

Vielfalt hoch 2 (Integration und Akzeptanz).

Bros_Leverkusen (spontan und offen für Jugendthemen).

power@bros (Hilfe bei psychischen Problemen in der Familie).

 

Das Projekt power@bros richtet sich an Jungen im Alter zwischen 8-14 Jahren, deren Eltern psychisch krank bzw. psychisch belastet sind. Viele Angebote für die betroffenen Kinder und Jugendlichen gehen von einer „Komm Struktur“ aus und bieten gemischt geschlechtliche Gruppen. Belegt ist, dass Jungen anders kommunizieren als Mädchen und sich mit schwierigen Themen anders auseinandersetzen. Vor diesem Hintergrund bietet der SKM ein aufsuchendes, geschlechtsspezifisches Angebot für Jungen.

 

Das Angebot von power@bros kann mit allen anderen Angeboten der Jungenarbeit gekoppelt werden und stellt somit auch einen hürdenlosen Übergang in präventive Angebote für die Jungen dar. Die Zielgruppe von psychisch belasteten Jungen ist schwer zu erreichen, die Vertrauensarbeit nimmt viel Zeit in Anspruch. Die Gruppen mit den Altersstufen 8-10,10-12 und 12-14 Jahren sollen wöchentlich stattfinden. Die Gruppensettings sollen von ehrenamtlichen Mentoren in der Altersgruppe von 16-21 Jahren begleitet werden, die aus eigener Erfahrung berichten können. Die Teilnahme an den Gruppensettings ist zeitlich nicht befristet, auch der Zugang zu einer Gruppe ist jederzeit möglich.

 

Die Gruppenangebote werden flankiert von Freizeitmaßnahmen, Ferienangeboten, Einzelangeboten, Hausbesuchen, Aufklärungsarbeit und Einbringung der jungenspezifischen Themen in die Gremien und Sozialräume vor Ort. Speziell für dieses Projekt sollen folgende Ziele erreicht werden:

.

  • Abgeben von Verantwortung.
  • Entgegenwirken von Parentifizierung.
  • Stärkung der Resilienz.
  • Selbstwirksamkeit erleben.
  • Eigene Ressource erkennen und einsetzen lernen.
  • Abbau von Ängsten und Schamgefühlen.
  • Umgang mit Wut und Frustration.
  • Wissen über die Erkrankung der psychisch belasteten Elternteile.
  • Bewältigungsstrategien und Entspannungstechniken kennenlernen.
  • Soziale Kompetenzen ausbauen.

 

Für die Stadt Leverkusen ist die Implementierung dieses dauerhaften Angebotes für Jungen notwendig, um lückenlose Angebote für bedürftige Jungen mit verschiedenen Hilfe- oder Informationsbedarfen sicher zu stellen. Dieses Projekt ist die Schnittstelle zwischen der offenen Kinder- und Jugendhilfe des Jugendamtes sowie der Schulen im Stadtgebiet Leverkusen. Für die Umsetzung des umfangreichen Angebotes bedarf es insgesamt an zwei Vollzeitstellen. Dieses Personal wurde bisher über die Fördermittel eingesetzt, die im Februar 2022 auslaufen. Eine weitere Förderung über diesen Zeitpunkt hinaus über Stiftungen ist nicht mehr möglich. Der notwendige Zuschuss zur Weiterführung dieser Angebote beläuft sich auf insgesamt 175.106, 32 € pro Jahr. Hierin sind 1 Vollzeitstelle Dipl. Sozialwissenschaftler/Dipl. Sozialarbeiter/Dipl. Sozialpädagoge (oder BA/MA) mit der Gehaltsstufe S12 TVÖD SuE, 0,75 Stelle Sozialarbeiter/Sozialpädagoge (Dipl.BA/MA) S11b TVÖD SuE sowie 0,25 Stelle Heilerziehungspfleger S8a TVÖD SuE, (insgesamt 139.900,68 €), zudem Verwaltungskosten in Höhe von 15 % (20.985,10 €) und Sachkosten in Höhe von 14.220,54 € jährlich enthalten.

Finanzplan

 

Für die Verstetigung der Präventionsprojekte „Löwenkinder“, „Chance for Kids“ und „Jungenarbeit Leverkusen“ fallen jährlich ab 01/2022 bzw. 02/2022 (Jungenarbeit Leverkusen) insgesamt folgende Kosten an:

 

Löwenkinder Gesamt:                               27.755,37 €

Chance for Kids Gesamt:                          49.843,82 €

Jungenarbeit Leverkusen Gesamt:         175.106,32 €

Gesamtfördersumme:                                252.705,51 €

 

Die Fördersumme soll zunächst für einen Zeitraum von 5 Jahren gewährt werden.

 

I) Finanzielle Auswirkungen im Jahr der Umsetzung und in den Folgejahren

 

 Nein (sofern keine Auswirkung = entfällt die Aufzählung/Punkt beendet)

 

 Ja – ergebniswirksam

Produkt:       Sachkonto: 533400

Aufwendungen für die Maßnahme: 252.705,51 €

Fördermittel beantragt:   Nein   Ja       %

Name Förderprogramm: Löwenkinder, Chance for Kids; Jungenarbeit Leverkusen

Ratsbeschluss vom       zur Vorlage Nr.      

Beantragte Förderhöhe: 252.705,51 €

 

 Ja – investiv

Finanzstelle/n:       Finanzposition/en:      

Auszahlungen für die Maßnahme:      

Fördermittel beantragt:   Nein   Ja       %

Name Förderprogramm:      

Ratsbeschluss vom       zur Vorlage Nr.      

Beantragte Förderhöhe:      

 

Maßnahme ist im Haushalt ausreichend veranschlagt

 Ansätze sind ausreichend

 Deckung erfolgt aus Produkt/Finanzstelle      

 in Höhe von      

 

Jährliche Folgeaufwendungen ab Haushaltsjahr: 2022

 Personal-/Sachaufwand: 252.705,51 €

 Bilanzielle Abschreibungen:      

Hierunter fallen neben den üblichen bilanziellen Abschreibungen auch einmalige bzw. Sonderabschreibungen.

 Aktuell nicht bezifferbar

 

Jährliche Folgeerträge (ergebniswirksam) ab Haushaltsjahr:      

 Erträge (z. B. Gebühren, Beiträge, Auflösung Sonderposten):      

Produkt:       Sachkonto      

 

Einsparungen ab Haushaltsjahr:      

 Personal-/Sachaufwand:      

Produkt:       Sachkonto      

 

 ggf. Hinweis Dez. II/FB 20:            

 

II) Nachhaltigkeit der Maßnahme im Sinne des Klimaschutzes:

Klimaschutz  betroffen

Nachhaltigkeit

 

kurz- bis

mittelfristige Nachhaltigkeit

langfristige Nachhaltigkeit

 

 ja   nein

 ja   nein

 ja   nein

 ja   nein

 

 

Begründung der einfachen Dringlichkeit:

 

Die Förderungen der präventiven Angebote enden entweder im Dezember 2021 (Löwenkinder, Chance for Kids) oder im Februar 2022 (Jungenarbeit in Leverkusen). Um eine lückenlose Fortsetzung der Angebote sicher zu stellen, ist eine Weiterfinanzierung ab 01/2022 erforderlich.