Betreff
Grünsatzung als örtliche Bauvorschrift für das Gebiet der Stadt Leverkusen
- Aufstellungsbeschluss
- Beschluss zur Öffentlichkeitsbeteiligung
Vorlage
2022/1406
Aktenzeichen
Art
Beschlussvorlage

 

Beschlussentwurf:

 

1.    Die Verwaltung wird beauftragt, eine Grünsatzung als örtliche Bauvorschrift gemäß § 89 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) zu entwerfen und der Politik vorzustellen.

 

2.    Aufbauend auf der abgestimmten Grünsatzung führt die Verwaltung eine Beteiligung der Öffentlichkeit durch. Nach einer erneuten Überarbeitung wird die Grünsatzung dem Rat der Stadt Leverkusen zur Entscheidung vorgelegt.

 

 

gezeichnet:

In Vertretung                                    In Vertretung                               In Vertretung

Adomat                                             Lünenbach                                  Deppe

(zugleich in Vertretung

des Oberbürgermeisters)

Begründung:

 

Mit einer Grünsatzung als örtliche Bauvorschrift wird das Ziel verfolgt, bauliche Anlagen und Grundstücksflächen dauerhaft und im Sinne der Klimaanpassung im gesamten Stadtgebiet zu begrünen. Darin ist, aufgrund der zunehmenden Extremwetterereignisse wie Starkregen und Hitzeperioden, ein wichtiger Beitrag zur Klimaresilienz und zur qualitätsvollen Stadtentwicklung in der Stadt Leverkusen zu sehen.

 

Die Grünsatzung beinhaltet einen einheitlichen und verbindlichen Gestaltungskanon mit Vorgaben über die Begrünung von Gebäuden, Grundstücksfreiflächen sowie von Lager- und Stellplatzflächen. Diese Vorgaben erstrecken sich anders als bisherige Satzungen auf sämtliche Bauvorhaben im Sinne des § 29 Baugesetzbuch (BauGB). Da sich der Geltungsbereich der Satzung gemäß § 34 BauGB auf den gesamten Innenbereich erstreckt, kann ein hoher und stadtweiter Wirkungsgrad erreicht werden. Hiermit soll auch einem Fortschreiten der sogenannten „Schottergärten“ entgegengewirkt werden.

 

Anlass:

Die Stadt Leverkusen ist in vielfacher Hinsicht von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen, was durch Extremwettereignisse wie den Überflutungen im Juli 2021 offenbart wurde. Aber auch andere Umweltveränderungen, wie zunehmende Hitzetage und dadurch bedingte gesundheitliche Risiken, sind Herausforderungen, denen sich die Kommunalplanung stellen muss. Ein Ansatz zur Verbesserung des Mikroklimas und zur Stärkung der „grünen und blauen Infrastruktur“ besteht in der Erarbeitung einer Grünsatzung, wie sie in einer Vielzahl an Kommunen in jüngerer Vergangenheit erlassen wurde.

(vgl. u. a. Grün- und Gestaltungssatzung der Stadt Aachen:

www.aachen.de - Grün- und Gestaltungssatzung der Stadt Aachen,

Begrünungssatzung der Stadt Schweinfurt: https://www.schweinfurt.de/media/www.schweinfurt.de/org/med_733/40063_begruenungssatzung.pdf.)

 

Die Betroffenheit der Stadt Leverkusen vom Klimawandel wird im Klimaanpassungskonzept (vgl. Vorlage Nr. 2020/3550) wissenschaftlich ausgeführt. Zu betonen sind auszugsweise der deutliche Anstieg der mittleren Lufttemperatur sowie die prognostizierte Zunahme von starken Unwettern. Der Anstieg der Lufttemperatur äußert sich in einer zunehmenden Anzahl „heißer Tage“ (Tage mit über 30 Grad Außentemperatur). So wächst die Betroffenheit der Bevölkerung durch Hitze und Hitzewellen vor allem in Gebieten, die durch eine hohe Versiegelung gekennzeichnet sind.

 

Parameter, wie die Bebauungsdichte, der Versiegelungsgrad, die Oberflächenstruktur oder die Vegetation, beeinflussen in diesem Zusammenhang wesentlich das Mikroklima. Insgesamt konstatiert das Klimaanpassungskonzept, dass ein erheblicher Anteil der Leverkusener Bevölkerung in Umgebungen lebt, die als thermisch ungünstig oder sehr ungünstig zu beschreiben sind. Zunehmen wird außerdem die Betroffenheit durch Starkregen und starke Unwetter. Für die nahe Zukunft wird ein Anstieg der Jahresniederschlagssumme um 10,1 % vorhergesagt, wobei jahreszeitliche Schwankungen die Vulnerabilität und die Wahrscheinlichkeit von urbanen Sturzfluten vergrößern.

 

Angesichts dieser Entwicklung ist die kontinuierliche Abnahme der Freiraumflächen kritisch zu betrachten, da wichtige Retentionsflächen zur Hochwasservorsorge verloren gehen.

 

Zielstellung:

Mittels der Grünsatzung werden planerische Vorkehrungen getroffen, die in den skizzierten Wirkungsfeldern greifen und eine planerische Grundlage zur Begrünung privater Gebäude sowie von Grundstücks-, Lager- und Stellplatzflächen bieten. Die Grünsatzung ist von großer Bedeutung für die klimagerechte Stadtentwicklung, weil eine isolierte Betrachtung der öffentlichen Grünflächen nicht ausreichend für die erhöhten Ansprüche an die Klimaanpassung ist. Vielmehr ist die Einbeziehung der privaten Flächen notwendig, um folgende Zielstellungen zu erreichen:

 

-          Vorsorge im Bereich des Hochwasserschutzes durch Rückhalt der lokalen Niederschläge auf Gebäuden und Freiflächen im Sinne des sogenannten „Schwammstadtprinzips“,

-          Versickerung, Verdunstung oder Sammlung der Niederschläge auf dem Grundstück,

-          wasserdurchlässige Gestaltung der Grundstücksflächen,

-          Sicherstellung der gesunden Lebensverhältnisse,

-          Verbesserung des städtischen Mikroklimas durch verbesserte Kühleffekte mittels Dach- und Fassadenbegrünung,

-          Wahrung des Orts- und Stadtbilds durch angemessene Begrünung und Bepflanzung,

-          umwelt- und klimagerechte Gestaltung des Stadtwachstums,

-          Steigerung der Biodiversität und Artenvielfalt.

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mit einer Grünsatzung eine qualitätsvolle und wie in den vom Rat beschlossenen Konzepten geforderte klimaverträgliche Innenverdichtung ermöglicht wird. Die Wirkungsweise der Grünsatzung in Bezug auf die in den Klimakonzepten formulierten Maßnahmen ist in „Anlage 1: Beschlusslage und Grünsatzung“ skizziert und liefert gleichermaßen essenzielle Beiträge zur örtlichen Klimaanpassung sowie zur Steigerung der Lebens- und Aufenthaltsqualität.

 

Grünsatzung als örtliche Bauvorschrift:

Grundsätzlich sind gemäß § 8 Abs. 1 BauO NRW die nicht mit Gebäuden oder vergleichbaren baulichen Anlagen überbauten Flächen der bebauten Grundstücke wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen (Nr. 1) und zu begrünen oder zu bepflanzen (Nr. 2). Somit ist durch das Bauordnungsrecht zwar eine Vorschrift zur Begrünung von nicht überbauten Flächen der bebauten Grundstücke gegeben, die jedoch keine genaueren Aussagen zu Umfang und Qualität der Bepflanzung beinhaltet. Außerdem fehlen Regelungen zur Begrünung baulicher Anlagen in Gänze.

 

Die bisher vorhandene Regelungslage wird daher den gestiegenen Anforderungen an Begrünung bei zunehmender Nachverdichtung und Belastung durch den Klimawandel nicht gerecht. Zur Erreichung der Klimaziele ist der Erlass einer örtlichen Bauvorschrift gemäß § 89 BauO NRW als Grünsatzung erforderlich. Mögliche Regelungsgegenstände der örtlichen Bauvorschrift belaufen sich gemäß § 89 Abs. 1 BauO NRW auf

 

-          die Steuerung der Zahl, Größe und Beschaffenheit von (Fahrrad-)Stellplätzen (Nr. 4),

-          die Gestaltung der Gemeinschaftsanlagen, der Lagerplätze, der Stellplätze für Kraftfahrzeuge (…) und der unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke (Nr. 5) sowie

-          die Begrünung baulicher Anlagen (Nr. 7).

 

Geltungsbereich und Satzungsentwurf:

Die besondere Wirkungskraft der Grünsatzung ist dadurch gegeben, dass sämtliche Bauvorhaben gemäß § 29 BauGB sowohl im Geltungsbereich von neu aufzustellenden Bebauungsplänen als auch in „im Zusammenhang bebauten Ortsteilen“ gemäß § 34 BauGB die Festsetzungen der Grünsatzung berücksichtigen müssen. Die Regelungsgegenstände der Grünsatzung sollten folgende Punkte beinhalten:

 

1.    Zielformulierung: angemessene Versorgung mit Grünstrukturen und Freiflächen,

2.    räumlicher und sachlicher Anwendungsbereich: Neubauvorhaben in der Gesamtheit der im Zusammenhang bebauten Ortsteile und Bebauungspläne,

3.    Begriffe und Definitionen,

4.    Gestaltung der Grundstücksfreiflächen,

5.    Gestaltung von Stellplätzen, Lagerflächen und Garagen,

6.    Gestaltung von Dächern und Wänden,

7.    Ausnahmen,

8.    Ordnungswidrigkeiten,

9.    Verhältnis zu Bebauungsplänen und anderen Festsetzungen.

 

Demzufolge sind in der Grünsatzung für den gesamten Stadtbereich Gestaltungsvorgaben für Grundstücksfreiflächen, Stellplätze, Lagerflächen und Garagen und von Dächern und Wänden im Sinne einer nachhaltigen und klimagerechten Stadtentwicklung enthalten. Die Satzung beinhaltet ferner Ausnahmeregelungen, die unter anderem aus denkmalpflegerischen oder wirtschaftlichen Gründen erforderlich sind, und den Umgang mit Ordnungswidrigkeiten.

 

Außerdem ist das Verhältnis zu anderen Satzungen geregelt. Zu Festsetzungen aus bestehenden und in Aufstellung befindlichen Bebauungsplänen ist zu sagen, dass diese bei Abweichungen zur Grünsatzung Vorrang haben und weiterhin als Satzungsrecht Gültigkeit besitzen. Damit ist gewährleistet, dass die Grünsatzung die planerische Grundkonzeption, einschließlich der Abwägung, berücksichtigt.

 

Weiteres Vorgehen, flankierende Maßnahmen und Beteiligungsverfahren:

Zunächst erarbeitet die Verwaltung einen Satzungsentwurf. Dazu werden vergleichbare rechtskräftige Satzungen aus anderen Kommunen kritisch geprüft, um eine den lokalen Bedürfnissen der Stadt Leverkusen entsprechende Grünsatzung zu entwerfen. Im Zuge dessen werden die entsprechenden Fachbereiche an der Erarbeitung der Satzung und Aufstellung eines sachgerechten Monitorings beteiligt.

 

Parallel zur Grünsatzung erstellt die Verwaltung im Fachbereich Mobilität und Klimaschutz (FB 31) einen Vorschlag für ein Förderprogramm zur Dach- und Fassadenbegrünung und für Entsiegelungsmaßnahmen. Damit ist gewährleistet, dass die Auflagen, die sich aus der Grünsatzung ergeben, eine finanzielle Anschubwirkung erfahren.

 

Die Rechtsvorschrift zum Erlass örtlicher Bauvorschriften erfordert als selbständige Satzung keine Beteiligung der Öffentlichkeit. Aufgrund des Satzungscharakters und der Verbindlichkeit für Bauvorhaben im Sinne des § 29 BauGB wird eine einstufige Öffentlichkeitsbeteiligung für die Dauer von vier Wochen vorgeschlagen. Während dieser Zeit hat die Öffentlichkeit Gelegenheit, Stellungnahmen abzugeben. Ergänzend ist nach Fassung des Satzungsbeschlusses zur qualitätsvollen Umsetzung der konkreten Vorgaben eine Information der Bürgerinnen und Bürger, z. B. in Form einer Broschüre und durch ein ergänzendes Beratungsangebot durch den Fachbereich Stadtplanung (FB 61), vorgesehen.

 

Nach Inkrafttreten des Satzungsbeschlusses ist seitens der Verwaltung ein Verfahren zur Kontrolle und zum Monitoring zu erarbeiten.

 

I) Finanzielle Auswirkungen im Jahr der Umsetzung und in den Folgejahren

 

 Nein (sofern keine Auswirkung = entfällt die Aufzählung/Punkt beendet)

 

 Ja – ergebniswirksam

Produkt:       Sachkonto:      

Aufwendungen für die Maßnahme:      

Fördermittel beantragt:   Nein   Ja       %

Name Förderprogramm:      

Ratsbeschluss vom       zur Vorlage Nr.      

Beantragte Förderhöhe:      

 

 Ja – investiv

Finanzstelle/n:       Finanzposition/en:      

Auszahlungen für die Maßnahme:      

Fördermittel beantragt:   Nein   Ja       %

Name Förderprogramm:      

Ratsbeschluss vom       zur Vorlage Nr.      

Beantragte Förderhöhe:      

 

Maßnahme ist im Haushalt ausreichend veranschlagt

 Ansätze sind ausreichend

 Deckung erfolgt aus Produkt/Finanzstelle      

 in Höhe von      

 

Jährliche Folgeaufwendungen ab Haushaltsjahr:      

 Personal-/Sachaufwand:      

 Bilanzielle Abschreibungen:      

Hierunter fallen neben den üblichen bilanziellen Abschreibungen auch einmalige bzw. Sonderabschreibungen.

 Aktuell nicht bezifferbar

 

Jährliche Folgeerträge (ergebniswirksam) ab Haushaltsjahr:      

 Erträge (z. B. Gebühren, Beiträge, Auflösung Sonderposten):      

Produkt:       Sachkonto      

 

Einsparungen ab Haushaltsjahr:      

 Personal-/Sachaufwand:      

Produkt:       Sachkonto      

 

 ggf. Hinweis Dez. II/FB 20:            

 

II) Nachhaltigkeit der Maßnahme im Sinne des Klimaschutzes:

Klimaschutz  betroffen

Nachhaltigkeit

 

kurz- bis

mittelfristige Nachhaltigkeit

langfristige Nachhaltigkeit

 

 ja   nein

 ja   nein

 ja   nein

 ja   nein