Beschlussentwurf:
Der Rat der Stadt Leverkusen beschließt, die Wartung
der beschafften Luftreinigungsgeräte aufgrund der angespannten Haushaltslage
zunächst zurückzustellen. Die Geräte werden für eine spätere Verwendung
zwischengelagert.
gezeichnet:
In Vertretung In Vertretung In Vertretung In Vertretung
Adomat Molitor Lünenbach Deppe
(zugleich in
Vertretung des
Oberbürgermeisters)
Begründung:
Zwischen Januar
und August 2022 wurden 644 Luftreinigungsgeräte geliefert und aufgestellt. Im
Januar 2023 wurde zehn Geräte nachbestellt, da weitere Bedarfe gemeldet wurden.
Das Vergabeverfahren erfolgte unter externer fachkundiger Beratung zunächst
ohne Ausschreibung eines Wartungsvertrags. Die VDI-Richtlinien schreiben eine regelmäßige Wartung vor.
Der jährliche Hygiene-Service umfasst die Reinigung von Gerät und Filter
sowie je nach Verschmutzungsgrad einen Filterwechsel. Für die zukünftige
Verwendung der Luftreinigungsgeräte ist eine strategische Entscheidung zu
treffen, wie lange diese noch betrieben werden sollen und wie deren Wartung
erfolgen soll.
Es ergeben sich
folgende Optionen:
1.
Ausschreibung der Wartungsarbeiten,
2.
interne Aufgabenwahrnehmung,
3.
Entfernung der Geräte.
1.
Ausschreibung der Wartungsarbeiten
Der Gerätehersteller
bietet einen Wartungsvertrag über 36 Monate mit Kosten in Höhe von 469.012,32 €
brutto an, der eine Garantieverlängerung auf drei Jahre, die Hygieneinspektion
gemäß VDI 6022 und den einmaligen Wechsel des HEPA-13-Filters umfasst. Der
Auftragswert überschreitet den Schwellenwert nach § 106 Gesetz gegen
Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) i. V. m. Artikel 4 der Richtlinie zur
öffentlichen Auftragsvergabe 2014/24/EU von 215.000 €, weswegen diese
Dienstleistung europaweit auszuschreiben ist.
Zwei vorab zu
Markterkundungszwecken angefragte Vertragspartner des Fachbereichs
Gebäudewirtschaft (FB 65) haben für die hohe Zahl von 654 Geräten kein Angebot
für die Wartungsarbeiten abgegeben. Im Rahmen eines Vergabeverfahrens steht zu
befürchten, dass keine andere Bieterin bzw. kein anderer Bieter die Wartung
fremder Geräte übernehmen wollen wird. Nach
Vertragslage wäre dies jedoch möglich, da die bzw. der Bietende die
Vertragsbedingungen der Stadt Leverkusen im Zuge des Vergabeverfahrens mehrfach
akzeptiert hat, sodass die allgemeinen Gewährleistungsansprüche gelten.
Gleichwohl ist
dies ggf. auf dem Rechtsweg mit der Auftragnehmerin bzw. dem Auftragnehmer zu
klären, da diese bzw. dieser auf die Geltung der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen (AGBs) beharrt und die
Gewährleistung durch Eingriffe,
Instandsetzungs- oder Wartungsarbeiten durch Dritte die Nichteinhaltung der
Betriebsbedingungen oder Schäden infolge natürlicher Abnutzung, fehlerhafter
Behandlung sowie ungewöhnlicher Betriebsbedingungen aufgehoben sieht. So
könnten juristische Auseinandersetzungen folgen, sollte eine andere Bieterin
bzw. ein anderer Bieter mit der Wartung beauftragt werden.
Nach Schätzung der
Abteilung 652 - Technische Gebäudeausstattung (TGA Neubau) und wiederkehrende
Prüfungen - des FB 65 liegt das abgegebene Angebot durchaus im realistischen
Kostenrahmen.
2.
Interne Aufgabenwahrnehmung
Angesichts des
hohen Finanzvolumens wäre eine Aufgabenerfüllung durch städtisches Personal
bzw. im Rahmen eines Inhouse-Geschäfts denkbar. Zu klären ist, an welche
fachlichen Voraussetzungen (laut der Abteilung 652 des FB 65 voraussichtlich
Ausbildung im Lüftungsbereich mit Zusatzqualifikation) die Aufgabenwahrnehmung
geknüpft ist, welche Verantwortung die Führungskraft trägt und wie diese
qualifiziert sein muss. Das Aufgabenvolumen übersteigt entschieden die Kapazitäten
der Gebäudebetreuenden. Zudem sollte gezielt Personal mit entsprechender
Ausbildung ausgewählt werden, das weiter qualifiziert werden kann. Die Job
Service Beschäftigungsförderung Leverkusen gGmbH (JSL) nimmt von diesen
Arbeiten in Ermangelung geeigneten Fachpersonals Abstand.
Ggf. erfordert die
Wartung - vergleichbar stationärer Geräte - eine persönliche Schutzausrüstung
und fachgerechte Entsorgung des Verbrauchsmaterials. Zu betrachten ist, ob und
wie die Geräte zerlegt werden müssen, ob Wartungsfahrzeuge notwendig sind und
wie alle Vorgaben für ortsveränderliche Betriebsmittel eingehalten werden
können. Nach einer ersten Hochrechnung der Abteilung 652 des FB 65 liegen die internen
Kosten höher als 500.000 €. Zudem sind die Vorgaben des Wartungsplans,
Versicherungsfragen und Schadensersatzansprüche bei Folgeerkrankungen des
Personals zu klären. Grundsätzlich sollten diese Punkte eingehend mit der herstellenden
Firma beleuchtet werden; aus eigenem Interesse an einem Wartungsauftrag besteht
aber wenig Kooperationsbereitschaft.
Die Aussagen zur
Gewährleistung gelten auch bei interner Aufgabenwahrnehmung.
3.
Entfernung der Geräte
Abfrage in den
Schulen
Nur zwei Schulen
sehen den zukünftigen Einsatz der Geräte im Falle einer neuen Pandemie als
sinnvoll an. Auf ausdrücklichen Wunsch der Schulen wird ein weiterer Betrieb
der Geräte sichergestellt. Dem Fachbereich Schulen (FB 40) liegen Mitteilungen
von Schulleitungen vor, dass die Luftfilter nicht mehr eingesetzt werden. Wegen
des Raumbedarfs in den Klassenräumen besteht bei 50 % der Schulen der
ausdrückliche Wunsch, die Geräte abzuholen. Diese begründen ausführlich, warum
sich die Geräte für den Schulbetrieb nicht eignen und nicht erwünscht sind. Grundsätzlich
wäre eine Umverteilung denkbar. Weitere Bedarfe aus anderen Einrichtungen sind
jedoch nicht bekannt. Bei erneuter Inbetriebnahme der Geräte nach längerer
Lagerung ist zu beachten, dass unmittelbar eine Wartung durchzuführen und ein
Vertrag für die nächsten Jahre abzuschließen wäre.
Vorgehen
umliegender Kommunen
In der Stadt Langenfeld
wurden alle Grundschulen mit mobilen Lufteinigungsgeräten ausgestattet. Die
Filter werden regelmäßig gereinigt und im Wartungsintervall ausgetauscht. Die
Städte Wuppertal und Krefeld haben Räume der sogenannten Kategorie 2 ausgestattet,
die nicht ausreichend zu lüften sind. Die Städte Düsseldorf und Mönchengladbach
haben keine Geräte beschafft.
Wirkung der
Geräte
Das
Umweltbundesamt erachtet mobile Luftreiniger als nicht notwendig in Räumen,
deren Fenster sich weit öffnen lassen oder in denen ein Luftaustausch durch
fest installierte Raumluftanlagen gewährleistet ist. Als sinnvoll werden sie in
Räumen angesehen, in denen Fenster nur gekippt werden können. Laut der Kommission Innenraumlufthygiene
(IRK) dienen die Geräte allenfalls als Ergänzung.
Aus
Sicht der Unfallkasse NRW, des Bundesministeriums
für Arbeit und Soziales, der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
ist der Einsatz von Luftreinigern nur in
begründeten Einzelfällen sinnvoll: mobile Luftreinigungsgeräte können v.
a. für Räume kleiner bis mittlerer Größe eingesetzt werden, bei denen keine
ausreichende Lüftung über die Fenster erfolgt und keine maschinelle Lüftung
vorhanden ist.
Stellungnahme des
Fachbereichs MDL - Medizinischer Dienst LEV (FB 53)
Der aktuelle
Beschlussentwurf sieht vor, die Wartung der beschafften Luftreinigungsgeräte
aufgrund der angespannten Haushaltslage zunächst zurückzustellen. Die Geräte
sollen für eine spätere Verwendung zwischengelagert werden.
Das
Umweltbundesamt teilt Schulräume nach den Kategorien 1, 2 und 3 ein. Räume der
Kategorie 1 sind Räume mit guter Lüftungsmöglichkeit (weit zu öffnendes Fenster
oder Raumlufttechnische (RLT)-Anlage). In die Kategorie 2 fallen Räume ohne
RLT-Anlage, Fenster nur kippbar, bzw. Lüftungsklappen mit minimalem
Querschnitt. In die Kategorie 3 fallen Räume, die nicht zu belüften sind.
Die Konzentration
von CO2 in der Innenraumluft von Unterrichtsräumen darf im Mittel einer
Unterrichtseinheit eine Konzentration von 1000 ppm nicht überschreiten.
Jenseits dieses Wertes sinkt die Konzentration und Lernfähigkeit. Eine Lüftung
über Fenster allein reicht zum Erreichen einer guten Innenraumluftqualität
nicht aus; die Empfehlung ist hier eine hybride Lüftung (Grundlüftung über eine
mechanische Lüftung und Zusatzlüftungsmöglichkeit über Fenster). Dort, wo keine
RLT-Anlage vorhanden ist, ist auch im normalen Betrieb die Lüftung während
einer Unterrichtseinheit dringend erforderlich. Ein Lüftungskonzept für den
Sommer- und Winterbetrieb sollte getrennt erstellt werden und wird vom Arbeitskreis
(AK) Lüftung des Bundesumweltamtes dringend empfohlen.
Mobile Luftfilteranlagen
filtern kein CO2 und können somit auch nicht zur Reduktion des CO2 in der
Raumluft beitragen. Mit ihnen lassen sich virushaltige Aerosolpartikel in der
Raumluft reduzieren. Der in den von der Stadt Leverkusen angeschafften mobilen
Luftreinigern verwendete HEPA-13 Filter hat einen hohen Abscheidegrad gegenüber
radioaktivem Staub, Rauch sowie Keimen und Aerosolen aller Art. In Räumen der
Kategorie 1 werden keine zusätzlichen Luftreiniger benötigt, wenn der
erforderliche Luftwechsel von mindestens dreimal pro Stunde entweder durch
regelmäßiges Stoß- und Quer-lüften oder durch RLT-Anlage gewährleistet ist. Aus
innenraumhygienischer Sicht reicht die gleichzeitige Anwendung von Lüftung und
Einhaltung der AHA-Regeln (Abstand - Hygiene - Alltagsmaske), wenn diese
konsequent eingehalten werden.
In Räumen der
Kategorie 2 (Erhebungen aus zwei Bundesländern weisen den Anteil auf 15 bis 25
% in Schulen aus) wird in erster Linie der Einbau von Zu- und Abluftanlagen als
technische Maßnahme empfohlen. Sollte dies nicht möglich sein, ist der Einsatz
mobiler Luftfilter sinnvoll, um die Wahrscheinlichkeit indirekter Infektionen
zu minimieren. Räume der Kategorie 3 sind für den Schulunterricht nicht
empfohlen, da sich neben CO2 auch Feuchtigkeit und Schadstoffe in der Luft
anreichern, die nicht über die Außenluft entfernt werden können. Der Einsatz
mobiler Luftfilter ergibt hier keinen Sinn.
Nach der
offiziellen Beendigung der Corona-Pandemie durch die WHO (World Health
Organization - Weltgesundheitsorganisation) treten weiterhin Atemweginfektionen
durch Covid-19 auf. Auch Atemwegsinfektionen durch andere Viren, wie Influenza
und RS, haben im letzten Herbst/Winter für erhöhte Infektionszahlen mit einer
deutlichen Belastung für die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie die
Krankenhäuser, gerade im Kinder- und Jugendärztlichen Bereich, gesorgt. Unter
Berücksichtigung aller Aspekte empfiehlt der FB 53 den Einsatz der mobilen Geräte
in Räumen der Kategorie 2 ohne Einbau von Zu- und Abluftanlagen. Für Räume
der Kategorie 1 wird ein Lüftungskonzept, getrennt für die Winter und
Sommermonate, empfohlen. Zum einen kann so die Konzentrations- und
Lernfähigkeit erhöht werden und zum anderen das Infektionsrisiko für
Atemwegserkrankungen gerade während der Wintermonate reduziert werden.
Zusammenfassend
bleibt festzuhalten:
·
Es besteht eine gesetzliche Vorgabe für die Wartung
der Luftreiniger.
· Folgekosten für weiteren Betrieb i. H. v. ca. 500.000 € sind im Haushalt nicht etatisiert.
· Der FB 53 empfiehlt für Räume der Kategorie 1 (gut belüftbare Räume, die einen Großteil der Klassenräume ausmachen) ein Lüftungskonzept.
I) Finanzielle Auswirkungen im Jahr der
Umsetzung und in den Folgejahren
Nein
(sofern keine Auswirkung = entfällt die Aufzählung/Punkt beendet)
Aufwendungen für die Maßnahme: €
Fördermittel beantragt: Nein Ja %
Ratsbeschluss vom zur
Vorlage Nr.
Ja –
investiv
Finanzstelle/n: Finanzposition/en:
Auszahlungen für die Maßnahme: €
Fördermittel beantragt: Nein Ja %
Name Förderprogramm:
Ratsbeschluss vom zur
Vorlage Nr.
Beantragte Förderhöhe: €
Maßnahme ist im Haushalt
ausreichend veranschlagt
Ansätze sind ausreichend
Deckung erfolgt aus Produkt/Finanzstelle
Jährliche Folgeaufwendungen ab
Haushaltsjahr:
Bilanzielle Abschreibungen: €
Hierunter fallen neben den
üblichen bilanziellen Abschreibungen auch einmalige bzw. Sonderabschreibungen.
Aktuell nicht bezifferbar
Jährliche Folgeerträge
(ergebniswirksam) ab Haushaltsjahr:
Erträge
(z. B. Gebühren, Beiträge, Auflösung Sonderposten): €
Produkt:
Sachkonto
Einsparungen ab Haushaltsjahr:
Personal-/Sachaufwand: €
Produkt:
Sachkonto
II) Nachhaltigkeit der
Maßnahme im Sinne des Klimaschutzes:
Klimaschutz betroffen |
Nachhaltigkeit |
kurz- bis mittelfristige Nachhaltigkeit |
langfristige Nachhaltigkeit |
ja nein |
ja nein |
ja nein |